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Schwarz schlägt Blau. Erfolgreich und ungezwungen bewegte sich Michael Ballack im Kreis seiner ehemaligen Klubkollegen vom FC Chelsea. Foto: dpa

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Sport: Späte, neue Leidenschaften

Ballack und Dutt genießen Bayers 2:1 über Chelsea und den Einzug ins Achtelfinale der Champions League.

Robin Dutt breitete die Arme aus und herzte jeden seiner Spieler, der in seine Reichweite gelangte. Er strahlte und hüpfte – so gelöst hatte man den ansonsten reservierten Trainer noch nie gesehen in den bald fünf Monaten, die er jetzt bei Bayer Leverkusen arbeitet. Der Anlass war aber auch ein besonders schöner: In der Nachspielzeit hatte Verteidiger Manuel Friedrich am Mittwochabend in der BayArena den Leverkusener Siegtreffer zum 2:1 (0:0) gegen die Star-Auswahl des FC Chelsea in der Champions League erzielt. „Die Jungs haben verdient gewonnen und leidenschaftlich gespielt“, sagte der 46-Jährige.

Es glitzert wieder ein bisschen bei den Leverkusenern – und vor allem haben sie etwas erreicht, was ihnen noch vor kurzem kaum jemand zugetraut hätte: Bayer 04 steht als zweiter deutscher Klub nach dem FC Bayern vorzeitig im Achtelfinale der Champions League. Dort wird so gerechnet: Sollten Chelsea und Valencia am letzten Gruppen-Spieltag am 6. Dezember remis spielen und Bayer 04 in Genk verlieren, so hätten alle drei Klubs neun Punkte. Bei Punktgleichheit mehrerer Mannschaften zählt die höhere Punktzahl aus den Gruppenspielen dieser Teams untereinander – in der Dreier-Tabelle läge Bayer 04 dann mit sechs Punkten vorne, obwohl die Duelle mit Valencia (2:1, 1:3) und Chelsea (0:2, 2:1) negativ ausfallen. Chelsea und Valencia hätten jeweils nur fünf Punkte.

Dutt hatte in der Partie gegen das Millionenteam aus der Premier League Mut gezeigt: 20 Minuten vor Schluss brachte er beim Stand von 0:1 (Drogba hatte in der 49. Minute getroffen) Eren Derdiyok als zweiten Stürmer neben Stefan Kießling, Defensivmann Michal Kadlec ging dafür raus, Sidney Sam musste die linke Seite allein bearbeiten. Der Plan ging umgehend auf: Nur etwa eine Minute später wurde der Schweizer von Sam im Strafraum angespielt und glich per Kopfball aus. Ebenfalls mit dem Kopf gelang Friedrich in der Nachspielzeit das 2:1.

Damit hatte niemand mehr gerechnet, wohl auch nicht Dutt, der zur Absicherung des Unentschieden die Defensivkraft Bastian Oczipka für Stürmer Stefan Kießling gebracht hatte. Mit einem Unentschieden hätte Bayer auch noch gute Chancen auf das Weiterkommen gehabt. Die finale Erlösung war umso beglückender, als Dutt und seinen Profis in dieser Saison bisher nichts zugeflogen ist. Sie mussten sich nach einem holprigen Start den Erfolg hart erarbeiten – und aufgrund personeller Sorgen improvisieren. Eine zentrale Rolle nimmt in diesem Gefüge Michael Ballack ein, der aus dem defensiven Mittelfeld weit nach vorn gerückt ist. Da der Brasilianer Renato Augusto wegen einer Knieverletzung in der Vorrunde nicht mehr wird spielen können, setzt Dutt den ehemaligen Nationalmannschaftskapitän als eine hängende Spitze ein. Der 35-Jährige füllt diese Aufgabe mit vor Wochen noch undenkbarer Leidenschaft aus.

Ballack war gegen seinen früheren Klub Chelsea bester und aktivster Leverkusener Offensivspieler. „Wenn man 0:1 zurückliegt, ist es normalerweise sehr, sehr schwer, noch gegen Chelsea zu gewinnen, aber wir haben es geschafft“, sagte Ballack. Es hätte sogar noch besser für ihn laufen können. In der zweiten Halbzeit boten sich ihm zwei sehr gute Torchancen, die Petr Cech im Tor der Londoner aber mit Paraden entschärfte.

Auf der anderen Seite spielte der 19 Jahre junge Bernd Leno im Leverkusener Tor wieder einmal so sicher, als hätte er schon viele Jahre im Europapokal hinter sich. Dabei war es erst sein fünftes Spiel in der Champions League. Bayer Leverkusen hat den Torhüter nur bis zur Winterpause vom VfB Stuttgart ausgeliehen, für den verletzten René Adler, von dem inzwischen kaum jemand mehr spricht. Die Leverkusener würden Leno gern fest verpflichten, angeblich sollen sie sechs Millionen Euro geboten haben. Der VfB aber fordert angeblich zehn Millionen.

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