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Sotschi.

© Twitter/@TspSport

Sotschi: Disneyland mit Meerblick: Die Nationalmannschaft sucht Licht und Wärme

Nach der Niederlage gegen Mexiko ist die Nationalmannschaft ins trubelige Sotschi umgezogen. Karges Quartier gleich schwache Leistung – und üppige Umgebung? Mal seh’n.

Wenn man das Fisht-Stadion im Rücken hat, kann man beim Training der deutschen Nationalmannschaft jetzt schöne Bilder mit Symbolcharakter machen. Man kann die Spieler mit einer Achterbahn im Hintergrund fotografieren. Oder mit dem kleinen Museum, das „Haus der Riesen“ heißt. Ausgerechnet hier, in Sotschi am Schwarzen Meer, könnte der Weltmeister vier Jahre nach dem Triumph von Rio am Samstag endgültig zum Zwerg schrumpfen. „Ich hoffe natürlich, dass uns der Blick aufs Meer zu Höchstleistungen treiben wird“, sagt Thomas Müller. Was nicht ganz ernst gemeint ist.

Zwei Tage nach der Niederlage gegen Mexiko ist die Nationalmannschaft mit Sack und Pack aus der Einsamkeit Watutinkis ins trubelige Sotschi umgezogen. Karges Quartier gleich schwache Leistung, üppige Umgebung gleich … Diese Rechnung ist eigentlich ein bisschen zu einfach, aber richtig traurig dürfte bei der Nationalmannschaft kaum jemand über den Ortswechsel gewesen sein. Vier Tage wird das Team jetzt in genau dem Hotel logieren, in dem es vor einem Jahr beim Confed-Cup untergebracht war, mit Blick aufs Wasser und nur durch die schmale Strandpromenade vom Schwarzen Meer getrennt.

Hotel mit Animationsprogramm

„Es ist nicht das Verkehrteste der Welt, wenn man beim Essen aufs Meer guckt“, hat Leon Goretzka vor einem Jahr gesagt. Der künftige Bayern-Spieler ist einer von 13 Confed-Cup-Siegern im deutschen WM-Kader. Gerade für sie ist der Umzug nach Sotschi auch eine Art Heimkehr, zumal die Confed-Cup-Sieger im Hotel sogar die gleichen Zimmer bekommen haben wie im vergangenen Jahr. „Ich glaube, es war ein guter Schritt, damit wir hier mehr Leichtigkeit finden“, sagt Oliver Bierhoff. Der Manager der Nationalmannschaft hat sich vor allem aus logistischen Gründen für Watutinki nahe Moskau als Basisquartier entschieden – und damit gegen Sotschi. Die Wahl würde er immer wieder so treffen, auch wenn Bierhoff zugibt: „Licht und Wärme spielen eine gewisse Rolle.“

Licht und Wärme gibt es in Sotschi im Überfluss. Beim ersten Training am Mittwochvormittag brennt die Sonne vom Himmel, im Schatten sind es 27 Grad. Auch deshalb ist Sotschi ein beliebtes Reiseziel der Russen, zumindest für die, die weit über Durchschnitt verdienen. Der Ort riecht und schmeckt nach Urlaub, Souvenirläden wechseln sich mit Grillbuden ab, Palmen mit Pinien. Und da die Russen es gerne kitschig mögen, erinnert Sotschi manchmal an Disneyland mit Meerblick. Selbst das Stadion blinkt abends so penetrant in allen Farben, dass man den Eindruck hat, es stamme aus einem China-Shop auf der Kantstraße.

Für die Nationalspieler ist der Ort damit der größtmögliche Gegenentwurf zu Watutinki, wo sie niemandem begegnen außer dem stets streng blickenden Wachpersonal. Sotschi bedeutet das Ende der Isolation. In ihrem Hotel läuft ihrer Anwesenheit zum Trotz der normale Urlaubsbetrieb mit Animationsprogramm und Musikbeschallung weiter. „Es ist ein öffentliches Haus“, sagt Bierhoff. „Es sind auch andere Gäste da.“ Unter anderem Journalisten von „Bild“, „Sportbild“ und „Sky“.

Lesen Sie mehr vom Leben eines WM-Reporters in unserer Rubrik „Auf einen Wodka mit Stefan Hermanns“: www.tagesspiegel.de/wm2018

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