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Auf Kante. Bei der WM in Park City/Utah (USA) war Selina Jörg am ersten Februarwochenende im Parallel-Slalom nicht zu schlagen.

© Alex Goodlett/dpa

Snowboard-Weltmeisterin Selina Jörg: "Wir haben nun wirklich geliefert"

Snowboarderin Selina Jörg über ihren WM-Titel in Utah, neue Trends und die schwierige Finanzierung ihres Sports. Ein Interview.

Frau Jörg, wo erwischen wir Sie denn gerade?

Ich bin jetzt zuletzt ein paar Tage in Südkorea gewesen. Man kommt ja gut rum in so einer Saison.

Erzählen Sie mal.

Vor einem Monat war ich noch in Moskau. Dann in den USA und in Korea. Jetzt geht es weiter nach China.

Klingt anstrengend.

Es macht vor allem Spaß. Aber ja, es ist auch anstrengend. Vor allem natürlich die ganze Fliegerei mit dem vielen Gepäck, eine große Tasche plus zwei Sportbags. Und dann die unterschiedlichen Zeitzonen.

Der Stress hat sich gelohnt: Sie sind in der vergangenen Woche Weltmeisterin im Parallel-Riesenslalom geworden. Herzlichen Glückwunsch.

Vielen Dank. Ich bin sehr glücklich darüber. Es bedeutet mir noch mehr als die Silbermedaille bei den Olympischen Spielen letztes Jahr in Pyeongchang. Wenn man ganz vorne ist, ist das einfach nochmal was anderes.

Im Viertelfinale mussten Sie Ihre Teamkollegin Carolin Langenhorst bezwingen.

Ja, und es ist immer besonders doof, wenn man so früh mit einer Freundin aufeinandertrifft. Aber so ist das eben in dem Sport. Jedenfalls haben wir uns gleich im Ziel umarmt.

Mit 31 Jahren war das bisher Ihr größter Erfolg. Warum hat es so lange gedauert?

Das Material und die Physis sind wichtige Faktoren. Aber ich denke inzwischen, dass der Kopf entscheidend ist. Und durch meine Erfahrung lasse ich mich nicht mehr so schnell aus der Ruhe bringen.

Goldfrau. Selina Jörg (M.) jubelt über ihren WM-Sieg. Natalia Sobolewa (l.) aus Russland und die Schweizerin Ladina Jenny freuen sich über Silber und Bronze.
Goldfrau. Selina Jörg (M.) jubelt über ihren WM-Sieg. Natalia Sobolewa (l.) aus Russland und die Schweizerin Ladina Jenny freuen sich über Silber und Bronze.

© Alex Goodlett/dpa

Sie sind im Allgäu aufgewachsen. Wie sind Sie zum Snowboard gekommen?

Im Allgäu kommt man ja quasi mit den Skiern auf die Welt. So war das auch bei mir. Mit drei Jahren habe ich schon auf Skiern gestanden, mit neun Jahren bin ich auf Snowboard umgestiegen. Da hat mich meine große Schwester inspiriert. Und das war ja auch der Trend damals.

Das ist heute anders. Im Wintersport dominieren wieder eindeutig die Skifahrer.

Das stimmt. Seit die Carving-Skier aufgekommen sind, hat sich der Trend wieder umgedreht. Und das merken wir natürlich.

Inwiefern?

Vor allem das öffentliche Interesse hat wieder abgenommen. Wir bekommen ja kaum noch Fernsehzeiten, obwohl die Quoten immer gut sind, wenn wir mal übertragen werden. Aber das Sponsoring steht und fällt einfach mit der Länge der Fernsehübertragung. Das spüren wir sehr stark.

Sie sind bei der Bundeswehr angestellt. Wäre Ihre sportliche Karriere ohne die Förderung möglich?

Nein, ohne die Förderung wäre das nicht finanzierbar, das ist ganz klar. Für das, was wir an Preis- und Sponsorengeldern in einer Saison bekommen, schnüren sich die Profifußballer nicht einmal die Schuhe. Dabei haben wir nun wirklich geliefert und viele Erfolge gefeiert. Zudem haben wir tolle Persönlichkeiten, die viel zu erzählen haben. Von daher weiß ich nicht, was zumindest wir noch alles machen müssen, um Snowboard nach vorne zu bringen.

Wie lange wollen Sie noch fahren?

Also die nächsten Olympischen Spiele werde ich nicht mehr mitmachen. Ich werde nun die Saison sacken lassen und dann mal überlegen, wie es weitergeht.

- Selina Jörg, 31, gewann bei den Olympischen Spielen 2018 die Silbermedaille und zuletzt den WM-Titel. Neben den Weltcuprennen machte sie einen Master in Wirtschaftspsychologie.

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