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Rauf und runter. Amelie Ebert mit ihrem Synchronpartner Niklas Stoepel.

© Jens Büttner/dpa

Serie "Mein Sport und ich" (13): Die mit dem Wasser tanzt

Kraft, Gleichgewichtssinn und Technik – alles unter Sauerstoffmangel: Synchronschwimmen ist anstrengend. Unsere Autorin erklärt die Faszination.

Sport bedeutet Leidenschaft, harte Arbeit – und Verzicht. In unserer Serie erzählen Athleten ganz persönlich, wie viel Kraft das kostet und was sie für ihre Sportart auf sich nehmen. Im dreizehnten Teil erzählt Amélie Ebert vom Synchronschwimmen. Ebert ist 24 Jahre alt und fing mit neun Jahren mit dem Sport an. Mit Niklas Stoepel kam sie im Mixed Duett bei den Weltmeisterschaften 2017 unter die besten Zehn. Inzwischen ist sie Athletensprecherin im Verein Athleten Deutschland.

Synchronschwimmen fordert alles von einem ab: Unter Sauerstoffmangel muss man technisch makellos arbeiten, um schöne Bewegungen über das Wasser zaubern zu können. Nur mit Muskelkraft, ohne dabei den Boden zu berühren, muss man seinen Körper möglichst hoch über die Wasseroberfläche bringen.

Man ist mit dem Kopf lange unter Wasser, muss dabei das Gleichgewicht halten, gegen den Wasserwiderstand sehr schnelle exakte Bewegungen ausführen und gleichzeitig synchron zur Musik und zum Partner sein. Die einstudierte Choreografie sollte nach außen leicht und unbeschwert aussehen.

Klingt anstrengend? Es ist monsteranstrengend! Trotzdem habe ich mich für diesen Sport entschieden. Schon als kleines Kind durfte ich mich aufgrund meiner sportbegeisterten Familie in unterschiedlichen Sportarten austoben. So spielte ich Hockey und Basketball, probierte mich im Kunstturnen und im Skifahren aus, tanzte Ballett und bin geschwommen. Erst durch eine Nachbarin kam ich zum Synchronschwimmen.

Einer der Auslöser für meine Neugier war letztendlich die Nasenklammer, die sie immer mit zu ihrem Training nahm. Unbedingt wollte ich wissen, was es damit auf sich hat und was sich denn wirklich hinter dem Synchronschwimmen verbirgt. Und so kam es, dass ich schnell Feuer und Flamme für diese Sportart war. Noch heute, wenn wir uns treffen, macht sie Witze: „Ach ja Synchronschwimmen machst du? Also dieser Sport mit der Nasenklammer?“ Richtig.

In Deutschland zählt Synchronschwimmen zu den Randsportarten

Mit neun Jahren fing dann alles an. Ein Alter, das eigentlich zu spät ist für den Leistungssport Synchronschwimmen. Zunächst hatte ich beim SV Würzburg 05 einfach meinen Spaß und konnte meiner Kreativität freien Lauf lassen. Diesmal war es anders als bei allen vorherigen Sportarten: Aus meiner Leidenschaft entwickelte sich Ehrgeiz.

Von nun an hieß es jeden Tag sehr früh aufstehen, trainieren, danach in die Schule gehen, wieder trainieren und spät abends Hausaufgaben erledigen oder sich auf bevorstehende Tests vorbereiten. In jungen Jahren lernte ich das Training und die Schule gut miteinander zu vereinbaren, Synchronschwimmen war meine liebste Freizeitbeschäftigung und dort traf ich meine Freundinnen. Mit 14 Jahren bin ich für die Nationalmannschaft geschwommen und trainierte für den Olympiakader 2016.

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Ob ich jemals die Gelegenheit bekommen würde, Weltmeisterin im Synchronschwimmen zu werden? Diesen Traum habe ich ziemlich schnell als irreal abgeschrieben. Synchronschwimmen zählt zu den Randsportarten in Deutschland und macht eine duale Karriere nötig.

Daher war es für mich von Anfang an klar, dass die dominierenden Russinnen, die täglich mindestens zehn bis zwölf Stunden trainieren, nicht zu schlagen sind. In Russland werden die Kinder ganz früh nach körperlichen Voraussetzungen selektiert. Es wird genau darauf geschaut, wie ihr Körperbau ist, wie beweglich sie sind und wie gut sie sich über Wasser halten können. So gehen die Kinder dort kaum zur Schule und können später mit dem Synchronschwimmen gutes Geld verdienen. Auch von außen erhalten sie die große Anerkennung und Aufmerksamkeit für die knochenharte Arbeit, die sie in diesem Sport leisten.

Pro Woche trainierte ich etwa 35 Stunden

Natürlich wollte auch ich als Leistungssportlerin Medaillen gewinnen, die Plätze bei Wettkämpfen waren mir keineswegs egal. Doch meine Herangehensweise war eine andere: Ich versuchte, die bestmögliche Leistung abzurufen unter den Bedingungen, die mir zur Verfügung standen. Am Ende des Tages war ich es selbst, die mit sich und ihrem sportlichen Erfolg zufrieden sein musste.

Obwohl das Synchronschwimmen nicht zu meinem Beruf werden konnte und die Chance auf internationalen Erfolg gering war, ließ meine Motivation für diesen Sport nie nach. Noch immer liebe ich diesen Sport.

Ich trainierte etwa 35 Stunden pro Woche. Zu den unzähligen Stunden, die ich im Wasser absolvierte, kamen noch Trainingseinheiten an Land hinzu. Nach dem Aufwärmen ging ich die Kür, die ich im Wasser schwamm, theoretisch mit den Armen durch und das Augenmerk richtete ich ständig auf das exakte Timing.

Ähnlich wie in der Rhythmischen Sportgymnastik standen Krafttraining, Beweglichkeitstraining und Ausdauertraining fast täglich auf meinem Programm. Damit ich die Dehnübungen aktiv im Wasser halten konnte, musste ich mir spezielle Kraft in den Muskeln aufbauen. Ich musste mich lange quälen, damit ich meine Zehenspitzen maximal überstrecken konnte. Das Synchronschwimmen verlangte meinem Körper alles ab.

Aber zu diesem Leistungssport gehörte noch viel mehr: Circa jede vierte Woche war ich im Trainingslager, musste nach Heidelberg zum Olympiastützpunkt reisen. Eine Woche lang mit täglich bis zu zwölf Stunden hartem Training, in der Mittagspause und spät abends statt Schlaf Schulstoff nachlernen.

Vom Sport kann man nicht leben

In Deutschland geben viele das Synchronschwimmen spätestens nach dem Abitur auf, da sie den Fokus auf ihren beruflichen Werdegang legen müssen. Auch wenn man diesen Sport professionell betreibt, kann man später nicht davon leben. Schlechte Leistungen kann man im Studium nicht gebrauchen und eine Doppelbelastung ist für viele Sportlerinnen oft nicht organisierbar. Zum Glück traf das vorerst nicht auf mich zu. Bis zum Abitur fuhr ich zusätzlich jedes Wochenende mit der Bahn nach München oder Bochum, um mit meiner Duett-Partnerin zusammen trainieren zu können.

Mein Herz schlug so sehr für das Synchronschwimmen, dass ich den Sport auf keinen Fall hinschmeißen wollte, obwohl ich mit dem Medizinstudium begann. Zum Glück hatte ich die Möglichkeit, meine Stunden nachts oder am Wochenende in der Klinik nachzuholen. Das ist heutzutage keineswegs selbstverständlich. Mein eiserner Wille war es, der mich antrieb, meinen Studienkollegen auf gar keinen Fall hinterherzuhängen. Meine Noten sollten unter dem Synchronschwimmen nicht leiden.

Bitte lächeln. Stoepel und Ebert bei der WM 2017.
Bitte lächeln. Stoepel und Ebert bei der WM 2017.

© dpa

2017 wartete auf mich eine neue Herausforderung. Gemeinsam mit Niklas Stoepel – ja, ein männlicher Synchronschwimmer – ergab sich für mich die Möglichkeit, in einer neuen Disziplin im Synchronschwimmen bei einer Weltmeisterschaft für Deutschland an den Start zu gehen: das Mixed Duett.

Anfangs war es eine totale Umstellung für mich, denn Männer bewegen sich im Wasser anders als Frauen. Gerade weil diese Disziplin neu war, fand ich große Begeisterung daran, eben auch neue künstlerische Elemente zu entwerfen. Diese Chance war für mich einmalig. Belohnt wurden wir mit dem zweiten Platz bei den World Series und mit einem achten und neunten Platz bei der Weltmeisterschaft 2017. Es war der Höhepunkt in meiner sportlichen Karriere.

Mittlerweile habe ich meine sportliche Karriere beendet

Bis zum achten Semester meines Medizinstudiums lief alles nach Plan. Meiner Mutter danke ich besonders hierfür. Sie unterstützte und finanzierte mich in jeglicher Hinsicht, machte alles überhaupt möglich – trotz der Tatsache, dass ich von der Sporthilfe gefördert wurde. Die Förderung endete in meinem letzten Jahr – bevor ich die Entscheidung fällte, meine sportliche Karriere zu beenden.

Zwar habe ich mittlerweile die internationale Bühne im Synchronschwimmen verlassen, bin dennoch viel beschäftigt. Neben der Medizin habe ich ein Osteopathie-Studium in Angriff genommen und bin als Athletenvertreterin unterwegs.

Aufgezeichnet von Kristina Smirnov.

Bisher erschienen: Laufen von Jan Fitschen, Bogenschießen von Lisa Unruh, Turnen von Philipp Herder, Wasserball von Melanie Friese, Boxen von Robert Maess, Rhythmische Sportgymnastik von Anni Qu, Kugelstoßen von Niko Kappel, Kickboxen von Marie Lang, Rudern von Maximilian Planer, Surfen von Valeska Schneider, American Football von Zachary Cavanaugh, Baseball von Tim Wägner.

Amélie Ebert

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