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Mann für vieles. Florinel Chiru (Mitte) steht seit 1990 in Neuköllner Diensten.

© imago/Eibner

Serie: Berliner Klubs der zweiten Reihe: Zuverlässig hinter Spandau

Die SG Neukölln ist die zweite Berliner Kraft im Wasserball – und beim Nachwuchs sogar mehr.

In Berlin und Umgebung gibt es in jeder Teamsportart mindestens einen großen Klub. Diese Vereine prägen die Sportszene der Hauptstadt und stehen im Fokus. Dabei gibt es in ihrem Schatten zahlreiche Vereine, von denen auch die Branchenführer profitieren. Diese Vereine stehen in der zweiten Reihe und müssen oft um Aufmerksamkeit kämpfen. Wir stellen in unserer Serie die Klubs hinter den großen Klubs vor. Nach den Volleyballern vom VC Olympia, den Basketballerinnen des TuS Lichterfelde und den Fußballerinnen von Blau-Weiss Hohen Neuendorf nun die Wasserballer der SG Neukölln:

Florinel Chiru ist ein bisschen spät dran. Die Pumpe im Baby-Schwimmbecken ist kaputtgegangen, „hat mich ein paar Stunden gekostet“, und das beim großen Sportfest der SG Neukölln. Gleich muss sein Sohn auf den Startblock, „da muss ich doch am Becken stehen“. Gut, dass die Deutsche Wasserball-Liga ihre Saison vor ein paar Wochen beendet hat, sonst müsste er abends auch noch das Training leiten und noch später über den Matchplan für das kommende Wochenende sinnieren.

Jetzt erstmal einen Kaffee auf der Terrasse trinken und die in diesem Sommer rare Sonne genießen. Chiru erzählt von der vergangenen Saison, Neukölln hat sie als Siebter beendet, was in Berlin kaum jemand mitbekommen hat. Das bisschen Aufmerksamkeit, das die Öffentlichkeit dem Wasserball widmet, wird komplett vom deutschen Serienmeister Spandau 04 absorbiert. Neukölln schwimmt und wirft unter dem Radar.

Neukölln teilt sich mit Spandau die Schwimmhalle in Schöneberg

„Das ist schon schade, denn wir arbeiten auch hart und trainieren fünfmal in der Woche“, sagt Chiru. Als Trainer der ersten Mannschaft, Jugendkoordinator und Betriebsleiter im vereinseigenen Sportbad Britz steht er so ziemlich jeden Tag am Beckenrand. Florinel Chiru ist vor 50 Jahren in Bukarest geboren, aber mehr als die Hälfte seines Lebens hat er in Neukölln verbracht.

Mit Dinamo Bukarest hat er 1989 noch im Europapokal gegen Spandau gespielt, „gegen die große Mannschaft mit Peter Röhle im Tor und Hagen Stamm als Center“. Ein halbes Jahr später hat er sich auf den Weg nach Berlin gemacht. Es gab ein Probetraining bei Spandau, wo sie Chirus gefährlichen linken Wurfarm lobten, doch die Konkurrenz auf seiner Position war einfach zu groß. Also ist Chiru ein Haus weiter gezogen und bis heute geblieben. Im Sportbad Britz hat er seine Frau kennen gelernt und die beiden Söhne großgezogen. Der l7-jährige Tarek wird in der kommenden Saison zum Neuköllner Bundesligaaufgebot zählen.

Wie lebt es sich im Schatten der erfolgreichsten deutschen Ballsport-Mannschaft der vergangenen 40 Jahre? „Das Verhältnis zu Spandau ist okay“, sagt Chiru. Beide Klubs teilen sich bei Punktspielen die Sport- und Lehrschwimmhalle Schöneberg. Die Deutsche Wasserball-Liga wird von Herbst bis Frühling ausgespielt, da ist es im Britzer Freibad für gewöhnlich recht frisch. Als junger Trainer hat Chiru beim Spandauer Kollegen Röhle hospitiert und wurde auch bei Champions-League-Spielen jederzeit in alle Abläufe einbezogen. Aber natürlich gebe es da sportliche Konkurrenz, auch wenn diese im Wasser für gewöhnlich sehr einseitig ausfällt. „Spandau verfolgt ein anderes Konzept“, sagt Chiru.

In Neukölln konzentrieren sie sich auf den Nachwuchs

Die SG Neukölln fühlt sich als der größte Schwimmklub Berlins und zweitgrößter Deutschlands hinter Bayer Uerdingen vor allem dem Breitensport verpflichtet. Den 4700 Mitgliedern kann der Trainer, Koordinator und Betriebsleiter Florinel Chiru schlecht erklären, dass alles Geld in die Bundesligamannschaft investiert werden muss. Im besten Fall erhalten die Spieler eine Aufwandsentschädigung. Andere wie zum Beispiel der georgische Nationalspieler Aleksandar Kazakhishvili können sich als Bademeister im Britzer Sportbad schmales Geld für das Studium dazuverdienen.

In Neukölln konzentrieren sie sich auf den Nachwuchs – und sind dabei dem großen Nachbarn sogar überlegen. „In der Jugend arbeiten wir mit Spandau gut zusammen“, erzählt Chiru. „Wenn demnächst die U-18-Bundesliga eingeführt ist, wollen wir gemeinsam zwei Mannschaften melden. Eine spielt als Neukölln in der A-Gruppe, eine als Spandau in der B-Gruppe." Zugunsten der Nachwuchsarbeit wird sich Florinel Chiru demnächst ein bisschen zurücknehmen. Den Job als Trainer der Bundesligamannschaft hat er an Thomas Schertwitis abgegeben, einen ehemaligen Nationalspieler mit Spandauer Vergangenheit. Florinel Chiru wird ihm mit Rat und Tat zur Seite stehen, „aber nur noch als Co-Trainer, Thomas ist eindeutig der Chef“. Aus Spandau kommt der US-amerikanische Center Spencer Hamby nach Britz, „und dann haben wir noch ein paar Spieler an der Hand – kann schon sein, dass es noch die eine oder andere Überraschung gibt“.

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