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Alles schaut auf den Bundestrainer. Marco Sturm hat 30 Spieler für den vorläufigen Olympia-Kader nominiert, fünf davon wird er bis zum 23. Januar noch streichen.

© Uwe Anspach/dpa

Serie: Berlin trainiert für Olympia (1): Drei Eisbären für Pyeongchang

Die Berliner Eishockeyprofis Frank Hördler, Jonas Müller und Marcel Noebels dürfen sich auf Olympia freuen. Eine letzte Hürde gilt es allerdings noch zu überwinden.

Am 9. Februar beginnen in Pyeongchang die Olympischen Winterspiele. Einige Berliner Athleten sind im Kampf um Medaillen in Südkorea am Start. Wir stellen sie in den kommenden Wochen vor.

Nach den beiden herben Niederlagen zuletzt in der Deutschen Eishockey-Liga (DEL) war die Stimmung bei den Eisbären zu Wochenbeginn ein wenig gedrückt. Trotzdem betraten drei Spieler am Dienstagfrüh mit einem breiten Grinsen die Kabine. Frank Hördler, Jonas Müller und Marcel Noebels wurden von Bundestrainer Marco Sturm in den vorläufigen Olympia-Kader berufen. „Wie viele Menschen bekommen so eine Chance? Davon träumt jeder Sportler“, freut sich Stürmer Noebels. Allerdings muss der 25-Jährige noch eine weitere Woche zittern, fünf Spieler wird Sturm noch bis zum 23. Januar streichen. Und in dieser Hinsicht ist Noebels ein gebranntes Kind. Vor der Heim-WM im vergangenen Jahr wurde er noch aus dem Aufgebot gestrichen. „Natürlich wäre die Enttäuschung groß, aber ich kann jetzt nur abwarten“, sagt er.

So schlecht stehen die Chancen für ihn jedoch nicht, davon ist er selbst überzeugt. „Der Bundestrainer fand meine Leistungen zuletzt gut und ist der Meinung, dass ich in dieses Team gehöre“, berichtet Noebels vom Telefonat mit Sturm am Montagvormittag. Die letzte Hürde auf dem Weg nach Pyeongchang zu nehmen, das scheint für ihn allemal machbar.

Acht Jahre ist es her, dass letztmals eine deutsche Männermannschaft im Eishockey an Olympischen Spielen teilnahm. Auch in Vancouver 2010 waren drei Eisbären-Spieler mit dabei: Sven Felski, Travis James Mulock und André Rankel, der aktuelle Kapitän der Berliner. Rankel kann seinen Kollegen davon berichten, wie es ist, im Olympischen Dorf mit verschiedenen Sportlern zusammenzuwohnen, an der Eröffnungsfeier teilzunehmen oder bei Entscheidungen um Gold, Silber und Bronze in anderen Sportarten die deutschen Athleten als Zuschauer mitanzufeuern. „Darauf freue ich mich ganz besonders, so etwas habe ich bisher ja noch nicht erlebt“, sagt Noebels.

Und auch wenn dem Eishockeyturnier wegen der Absage der Stars aus der National Hockey-League (NHL) diesmal der große Glanz abgeht, so schmälert das die Vorfreude bei Noebels nicht. „Olympia ist immer etwas Besonderes. Ich sehe das nicht anders, nur weil die NHL nicht dabei ist“, sagt der mit bisher elf Toren treffsicherste Deutsche bei den Eisbären in dieser Saison.

Anders als Noebels sind seine Kollegen Jonas Müller und Frank Hördler eher für das Toreverhindern zuständig. Dass die beiden Verteidiger von Sturm nominiert werden würden, war allgemein erwartet worden. Müller ist mit seinen 22 Jahren der Jüngste im deutschen Kader. In der DEL ist er in dieser Saison statistisch gesehen der beste Abwehrspieler. Der gebürtige Berliner weist eine Plus-Minus-Bilanz von plus 25 auf, das heißt, er stand deutlich häufiger bei einem Tor seiner Mannschaft auf dem Eis als bei einem Gegentreffer. Kein anderer Spieler in der Liga hat einen besseren Wert. „Meine Saison verlief gut und ich freue mich natürlich dabei zu sein", sagt Müller.

Hördler ist eine Autorität im Team

Schon bei Tests im vergangenen Sommer ist Müller dem Bundestrainer positiv aufgefallen. „Beim Deutschland-Cup hat er dann auch starke Leistungen gezeigt und zudem spielt er eine gute Rolle in Berlin“, sagte Sturm dem Fernsehsender „Sport 1“. Dass er Müller erst öffentlich lobt, um ihn dann doch noch auszusortieren, ist unwahrscheinlich.

Dabei dürfte Sturm vor allem auf die Zuverlässigkeit von Müller bauen. Offensiv hat er stärkere Spieler im Kader, aber Müller macht in der Regel genau das, was von ihm verlangt wird und scheut sich auch nicht, sich mutig in Zweikämpfe zu werfen. Dabei kommt ihm seine körperliche Entwicklung der letzten Jahre zugute. Der Müller aus der Saison 2017/18 hat schon rein optisch nichts mehr mit dem Milchgesicht aus seiner Debütspielzeit 2013/14 gemeinsam. „Olympische Spiele sind das Größte, was man erleben kann“, sagte Müller vor ein paar Wochen und wirkte dabei noch etwas schüchtern. Inzwischen ist Gewissheit, was sich nach dem Deutschland-Cup schon andeutete.

Zu dieser Zeit sah es für Frank Hördler hingegen nicht gut aus. Fast den gesamten November und Dezember verpasste der fast 32-Jährige wegen einer hartnäckigen Leistenverletzung. Erst im letzten Spiel 2017 gab Hördler sein Comeback bei den Eisbären, inzwischen ist er wieder im Rhythmus. Der Bundestrainer setzt vor allem auf die Routine des Bad Muskauers, der an neun Weltmeisterschaften teilnahm und zuletzt 2017 in Köln der einzige Eisbären-Spieler in Sturms WM-Kader war. Hördler verfügt über die Erfahrung von 116 Länderspielen, Olympia aber ist sogar für ihn Neuland. „Jetzt noch diese Chance zu kriegen, das kann man nicht beschreiben. Ich habe viele Jahre darauf gewartet“, sagt er.

Dazu ist Hördler eine Autorität in der deutschen Nationalmannschaft. 2014 führte er die Auswahl bei der Weltmeisterschaft als Kapitän an, sein Wort hat Gewicht. Andere Spieler mögen besser in Form sein als der Eisbären-Verteidiger, aber Sturm erklärt seine eher konservative Herangehensweise bei der Kaderzusammenstellung wie folgt: „Wichtig ist, dass der Großteil schon zusammengespielt hat und unser System kennt. Wir haben im Gegensatz zu einer WM diesmal nur drei Gruppenspiele, da müssen die Automatismen direkt im ersten Spiel greifen.“ Frank Hördler ist deshalb eine sichere Bank, wenn es in der Vorrunde gegen Finnland (15. Februar), Schweden (16. Februar) und Norwegen (18. Februar) geht.

Danach ist definitiv noch nicht Schluss für die deutsche Mannschaft, selbst Platz vier in der Gruppe würde zumindest noch dazu berechtigen, ein Ausscheidungsspiel um die Viertelfinal-Teilnahme bestreiten zu dürfen. Bei Olympia geht es aber mehr als nur ums Gewinnen, der viel strapazierte Spruch „Dabeisein ist alles“ gilt hier immer noch. In diesem Jahr vermutlich auch für drei Spieler der Eisbären Berlin.

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