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Neuzugang Myziane Maolida schaute sich seine neuen Kollegen schon mal in einem Testspiel an.

© imago images/Matthias Koch

Update

Schwieriger Transfersommer für die Berliner: Hertha BSC bleibt bei 22 Prozent hängen

Hertha BSC verpflichtet den französischen Flügelspieler Myziane Maolida von OGC Nizza, die hohen Erwartungen an den Transfersommer erfüllen sich aber nicht.

Jurgen Ekkelenkamp hat gleich mal einen guten Eindruck hinterlassen bei seinem neuen Arbeitgeber. Eigentlich hätte sich der 21-Jährige schon in aller Ruhe auf seinen Besuch bei der holländischen U-21-Nationalmannschaft vorbereiten können, stattdessen stand er am Dienstagnachmittag mit den Profis von Hertha BSC auf dem Schenckendorffplatz und bestritt ein Testspiel gegen den Berliner Fußball-Oberligisten Stern 1900. Damit nicht genug. Ekkelenkamp steuerte in der ersten Halbzeit zwei Tore und eine Vorlage zu Herthas 14:0-Erfolg bei.

„Er ist ein guter Junge“, sagte Herthas Trainer Pal Dardai über den Holländer. „Er geht in die Tiefe, hat eine gute Technik und kann viele Tore vorbereiten.“ Ekkelenkamp ist Ende der vergangenen Woche für rund drei Millionen Euro von Ajax Amsterdam gekommen. Kurz vor Ende der Transferperiode hat Hertha noch einmal ordentlich zugeschlagen – allerdings nicht ganz so ordentlich, wie manche erwartet hatten. Nach Ishak Belfodil und Torhüter Oliver Christensen, die ebenfalls schon vorige Woche nach Berlin gekommen sind und ebenfalls schon gegen Stern 1900 dabei waren, folgte auf den letzten Drücker nur noch Myziane Maolida.

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Dabei hatte Hertha am letzten Tag der Transferperiode, dem mit viel Tamtam begleiteten sogenannten Deadline-Day, schon am Morgen auf den üblichen Social-Media-Kanälen Andeutungen gemacht, die auf einige weitere Transfers schließen ließen. Als erstes wurde am Vormittag die Verpflichtung des Franzosen Maolida verkündet, die sich schon in den Tagen zuvor angebahnt hatte. Der 22-Jährige kommt für eine kolportierte Ablöse von vier Millionen Euro von OGC Nizza und schließt eine der vielen Lücken in Herthas Kader.

Maolida, ein schneller und trickreicher Rechtsfuß, ist in der Offensive variabel einsetzbar, spielt aber am liebsten auf der linken Außenbahn. „Mit seiner Schnelligkeit und seinen Qualitäten am Ball wird er unser Spiel nach vorne definitiv bereichern“, sagte Sportgeschäftsführer Fredi Bobic. Laut Trainer Dardai hat Maolida ein Riesenpotenzial, „ich hoffe, dass wir das Maximum rausholen können“. In Frankreich, wo Maolida in jungen Jahren als außerordentliches Talent galt, ist das nicht so gelungen wie erhofft.

Da die Transfers mit Maolodias Verpflichtung laut Herthas Twitteraccount zu 22 Prozent abgeschlossen waren, hätten bis 18 Uhr eigentlich noch weitere 3,54 Verpflichtungen folgen müssen. Doch bis 18 Uhr passierte nichts mehr. Die Leihe des spanischen Flügelspielers Samu Castillejo, 26, vom AC Mailand soll daran gescheitert sein, dass Hertha zu spät dran war. Zugleich tauchten im Laufe des Tages immer neue Spekulationen über weitere Abgänge auf. Aus zwei Gerüchten wurde am Abend noch Gewissheit: Die beiden Holländern Javairo Dilrosun und Daishawn Redan verlassen den Verein. Dilrosun wechselt auf Leihbasis (mit Kaufoption) zu Girondins Bordeaux, Redan wird für ein Jahr an PEC Zwolle verliehen.

Hertha macht ein fettes Transferplus

Mit all den Transfers und all den Gerüchten obendrauf war es ein wilder Sommer für Hertha BSC. Fredi Bobic hat die aktuelle Transferperiode sogar als die komplizierteste bezeichnet, die er in seiner Karriere erlebt hat – dabei war es schon im Sommer 2020, im ersten Jahr mit Corona, alles andere als einfach. Offenbar war diesmal noch mehr Improvisationstalent gefragt.

Bei Hertha – oder besser: um Hertha herum – hat man sich das alles auf jeden Fall etwas einfacher vorgestellt. Die hohen Erwartungen hingen zum einem natürlich mit der Verpflichtung Bobics zusammen, der sich in seiner Zeit bei Eintracht Frankfurt in Sachen Transfers einen Ruf als Trüffelnase erworben hat; zum anderen mit der vermeintlich luxuriösen Finanzausstattung Hertha, die sich bei genauerem Hinsehen allerdings als gar nicht so luxuriös herausgestellt hat.

Finanziell dürfte Hertha die Transferperiode mit einem ordentlichen Plus abgeschlossen haben. „So kann man eine Menge Geld sparen“, sagte Trainer Dardai über das insgesamt eher defensive Geschäftsgebaren seines Arbeitgebers, „das ist auch wichtig für den Verein.“ Auch Hertha muss in pandemischen Zeiten das Geld beisammenhalten – trotz der großzügigen Unterstützung durch den Investor Lars Windhorst, der in diesem Sommer die letzten 60 seiner insgesamt 374 Millionen Euro überwiesen hat. Für Transfers stand dieses Geld allerdings nicht zur Verfügung.

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So hat Hertha in diesem Sommer im Vergleich zur Vorsaison, die beinahe mit dem Abstieg geendet hätte, einiges an Qualität eingebüßt. Mit Matheus Cunha, Jhon Cordoba und Dodi Lukebakio haben die Berliner die drei besten Scorer der vergangenen Spielzeit abgegeben. Die Neuen wie Ekkelenkamp, Maolida oder auch Marco Richter, sind Spieler, die Hertha eher perspektivisch als sofort verstärken. Trainer Dardai sieht bei den Neuen vor allem viel Fantasie.

Nach dem Klassenerhalt, den er als „ein halbes Wunder“ bezeichnet hatte, hat Dardai im Frühjahr mit Blick auf die neue Saison gesagt: „Du kannst nicht noch einen Umbruch machen. Es geht nicht, dass jetzt wieder acht neue Spieler kommen.“ Tatsächlich ist es nicht so gekommen: Inklusive der beiden zuvor verliehenen Davie Selke und Dennis Jastrzembski sind in diesem Sommer sogar zehn Neue gekommen. Dafür haben dreizehn Spieler den Klub verlassen.

Mit den Folgen muss nun vornehmlich Trainer Dardai fertig werden. Nach drei Spieltagen, nach denen Hertha BSC als einziges Team der Bundesliga noch ohne jeden Punkt dasteht, ist die aktuelle Länderspielpause nun so etwas wie eine zweite Vorbereitung. Dardai bleiben einige wenige Tage, um aus den vielen Neuen eine funktionierende Mannschaft zu formen. „Für mich ist das auch neu“, sagt er.

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