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Für die einen Hölle, für die anderen Himmel: Schulsport.

© imago/viennaslide

Scham und Angst im Turnunterricht: Warum der Schulsport nicht mit Mathe zu vergleichen ist

Der Sportunterricht bereitet vielen SchülerInnen Angst und Schrecken. Das hat einen einfachen Grund. Den gilt es schnell zu beheben. Ein Kommentar.

Ein Kommentar von Inga Hofmann

Das Thema Sportunterricht bewegt derzeit in den sozialen Medien die Gemüter. Dort teilen User*innen ihre zumeist negativen Erfahrungen mit Turnbock, Gummimatten und Parallelbarren. Das weckt bei vielen düstere Erinnerungen an die eigene zurückliegende Schulzeit. Erinnerungen daran, wie man krampfhaft versuchte, sich am Barren hochzustemmen; daran, wie man mit hochrotem Kopf als Letzte ins Team gewählt wurde; und daran, wie man schon am Vorabend Bauchschmerzen hatte, weil am Tag darauf Bockspringen auf dem Stundenplan stand.

Beim Thema Sportunterricht scheiden sich die Geister: Da gibt es die Verfechter*innen, die meist selbst im Verein spielen und für die Sport das einzige Fach ist, auf das sie sich im Schulalltag freuen können. Und dann gibt es diejenigen, die schon bei dem Gedanken an die nächste Stunde Übelkeit und Angstgefühle verspüren.

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Für jene, die im Sportunterricht aufblühen, ist nur schwer nachvollziehbar, weshalb es anderen nicht genauso ergeht wie ihnen. Das Argument, das oft fällt, ist: „Ja aber in Mathe gibt es doch auch welche, die das nicht so gut können.“ Stimmt. Trotzdem ist das nicht vergleichbar, denn anders als die restlichen Schulfächer ist Sport speziell an Körpernormen geknüpft und deshalb oft mit Scham verbunden. Das fängt in der Umkleide, wo man sich – anders als im Matheunterricht – vor allen Mitschüler*innen umziehen und damit entblößen muss und endet bei den Leistungsanforderungen, wo alle Personen in zweigeschlechtliche Kategorien eingeteilt werden.

Dabei wird oft unterschätzt, welche langzeitigen Folgen das für Kinder haben kann. Viele verspüren noch Jahre nach Schulabschluss eine tiefe Abneigung gegen sportliche Aktivitäten und verbinden damit automatisch Leistungsdruck und Scham. Dabei wäre das gar nicht nötig: Schulsport könnte auch ganz anderes gestaltet werden. Schulsport müsste nicht aus Wettbewerb bestehen. Aktivitäten im Schulsport müssten auch nicht benotet werden. Stattdessen könnte die gemeinsame Bewegung im Vordergrund stehen, denn gerade die erscheint im Schulalltag, der größtenteils aus ungesunden Körperhaltungen besteht, essentiell. Übungen, um den Rücken zu entlasten oder Yoga, um sich zwischen den Unterrichtsstunden zu entspannen, wären beispielsweise denkbar.  Aufgabe des Schulsportes muss nicht sein, Kinder zum lebenslangen Sporttreiben zu motivieren. Wichtiger wäre es, ihr Körpergefühl und ihr Selbstbewusstsein nicht noch weiter zu schmälern.

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