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Kann es auch mit dem Fuß: Sasa Kalajdzic (l.).

© IMAGO/HMB-Media

Sasa Kalajdzic von Hertha-Gegner VfB Stuttgart: Sie nannten ihn Micky Maus

Keine Fußballakademie wollte VfB-Stürmer Sasa Kalajdzic aufnehmen. Vermutlich ist er deswegen so gut geworden.

Nicht jede Karriere fängt groß an. Und nicht jeder Riese ist von Beginn an ein Riese. Der Fußballprofi Sasa Kalajdzic zum Beispiel kann sich noch gut erinnern an seine Teenagerzeiten. Mit 14, 15 Jahren sei er schmächtig gewesen, sein Trainer habe ihn ob seiner Statur „Micky Maus“ genannt. Die Profikarriere war zu jener Zeit wahnsinnig weit weg für ihn, nicht mehr als ein Traum.

Nun, Sasa Kalajdzic ist nicht nur Fußballprofi mit einem Marktwert von über 20 Millionen Euro geworden, er ist inzwischen kräftig und misst ganze zwei Meter. Es gibt nur wenige Klubs, die nicht an dem Stürmer des VfB Stuttgart interessiert sind. An diesem Sonntag könnte er den Berliner Bundesligisten Hertha BSC noch mehr in die Bredouille schießen oder mutmaßlich köpfen.

„Sasa bringt sehr viele Fähigkeiten mit, die ihn zu einem nahezu kompletten Angreifer machen“, teilt VfB-Sportdirektor Sven Mislintat dem Tagesspiegel mit. „Er hat ein gutes Spielverständnis, ist technisch gut und nicht zuletzt dank seiner Körpergröße ein schwer zu verteidigender Kopfballspieler.“

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Der 24-Jährige steht in jedem Fall stellvertretend für jene sehnsuchtsvollen Fußballtalente, die in Teenagerjahren noch eher in Kinder- als in Männerkörpern stecken. Aber nicht nur dafür. Das Beispiel Sasa Kalajdzic zeigt, dass der Weg zum Profi nicht unbedingt vorgezeichnet sein muss. Der Österreicher war nie – auch aufgrund seiner Statur – in einer klassische Fußballakademie. Der Besuch solcher Ausbildungszentren gilt gemeinhin als Voraussetzung, um überhaupt eine kleine Chance auf den Profifußball zu bekommen.

Kalajdzic verbrachte den Großteil seiner jugendlichen Fußballerjahre beim legendären Wiener Amateurverein First Vienna FC. Dort spielte er überall, mal im defensiven Mittelfeld auf der Sechs, mal als Spielmacher als klassische Nummer zehn und mal ganz vorne als Stürmer. Wo man ihn eben brauchte. Es war eine durchweg unkonventionelle Ausbildung, die Kalajdzic durchlief. Vermutlich macht ihn gerade dies zu einem der spannendsten Spieler in der Bundesliga. Sasa Kalajdzic ist das, was sich die Ausbilder der Akademien immer wünschen, aber wegen der strikten Trainings-, ja Lebensentwürfe dort nie hinbekommen: ein Instinktfußballer.

In Österreich bezeichnen sie Spieler wie Kalajdzic als „Scheiß-mir-nix”-Kicker

Kalajdzic ist nicht nur groß und kopfballstark, er hat die Gabe, sich im richtigen Moment in die richtigen Räume zu bewegen und dann mit dem Kopf oder dem Fuß den richtigen Abschluss zu versuchen. Der österreichische Journalist Daniel Mandl bezeichnete Kalajdzic im VfB-Blog „Vertikalpass“ als „Scheiß-mir-nix”-Kicker, was in Österreich bedeutet, dass Spieler wie Kalajdzic häufig auch das Unerwartete, Überraschende tun.

In dieser Spielzeit traf Kalajdzic vier Mal und legte zwei Tore auf. Das klingt nach einer mageren Bilanz, nur: Der österreichische Nationalspieler war die meiste Zeit verletzt, kam bislang nur auf elf Einsätze in der Liga. Der Klub würde wahrscheinlich nicht im Abstiegskampf stecken, wäre sein bester Stürmer verschont geblieben. Vergangene Saison war Kalajdzic noch auf 16 Tore und sechs Torvorlagen in 33 Spielen gekommen.

Der Angreifer profitiert beim VfB Stuttgart von seinem Mitspieler Borna Sosa, der ihn regelmäßig mit den schönsten Flanken versorgt. In der Kombination erinnern die beiden an Ludovic Magnin und Mario Gomez, die 2007 mit dem VfB die Meisterschaft gewannen.

Vermutlich liegt es auch an der fehlenden Ausbildung in der Fußballakademie, dass Kalajdzic nicht nur fußballerisch in der Gunst der Fans ganz oben steht. Der Österreicher trägt das Herz auf der Zunge. Antrainierte und gleichsam auserzählte Phrasen kommen ihm nicht über die Lippen. Er nennt sich schon mal selbst „Trottel“ und bezeichnet das Tor des Gegners nonchalant als „Kacktor“.

Ziemlich sicher aber werden die Stuttgarter Anhänger sich nicht mehr lange an dem erfrischenden Kalajdzic erfreuen können. Der Mann ist schlicht zu gut geworden für den schwäbischen Traditionsklub. Ein Angebot zur Vertragsverlängerung beim VfB schlug Kalajdzic vor wenigen Wochen aus. Finanzkräftige Interessenten aus dem In- und Ausland soll es geben. Von Tottenham Hotspur, AC Mailand, dem FC Chelsea und auch dem FC Bayern war zu lesen. Ganz schön große Namen für die einstige Micky Maus von First Vienna.

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