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Heiko Vogel trainiert die U 23 von Borussia Mönchengladbach und wurde vom Sportgericht für "unsportliches Verhalten" dem Schiedsrichter sowie seinen Assistentinnen gegenüber verurteilt.

© Thomas Bielefeld/Imago

Sanktionen für "unsportliches Verhalten": Fußballerinnen zu trainieren, ist keine Strafe

Heiko Vogel von Gladbachs U 23 soll als "Strafe" ein Mädchen- oder Frauenteam trainieren. Dieses Verständnis von Sanktionen ist frauenfeindlich. Ein Kommentar.

Ein Kommentar von Inga Hofmann

Trainer, die zur Strafe Frauenteams trainieren müssen: Was nach 50er-Jahren klingt, findet aktuell in Mönchengladbach statt. So wurde Heiko Vogel, der seit vergangenem Sommer das Reserveteam von Borussia Mönchengladbach trainiert, eine ungewöhnliche „Strafe“ aufgebrummt: Er muss bis zum Saisonende sechs Trainingseinheiten eines Frauen- oder Mädchenteams leiten.

Einem Bericht von „Reviersport“ zufolge sanktionierte der Westdeutsche Fußballverband (WDFV) Vogel für einen Vorfall vom 30. Januar. So heißt es in der Urteilsbegründung des Verbandes, dass Vogel sich beim Spiel gegen Bergisch Gladbach „unsportlich“ gegenüber dem Schiedsrichter und dessen Assistentinnen verhalten habe. Außerdem erhielt er eine Geldstrafe in Höhe von 1500 Euro und wurde in der Regionalliga für zwei Partien gesperrt.

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Dieses Verständnis von Sanktionen ist frauenfeindlich und reproduziert sexistische Bilder, die weder in der Gesellschaft noch im Sport etwas zu suchen haben sollten. Nicht genug, dass Frauenfußball auf vielen Ebenen gegenüber dem Männerfußball Benachteiligung erfährt. In diesem Fall müssen Spielerinnen auch noch dafür herhalten, Männer für ihr Fehlverhalten zu „bestrafen“.

Dabei stellt sich die Frage, wer hier tatsächlich bestraft wird? Vogel, der sechs Trainingseinheiten leiten muss, also de facto seinem Job nachgeht. Oder die Spielerinnen der Frauen- und Mädchenteams, die sich jetzt beim Training nicht sicher vor „unsportlichem Verhalten“ fühlen können.

Was bedeutet es für Frauen, wenn ihr Training als "Strafe" dargestellt wird

Es ist nicht das erste Mal, dass so etwas geschieht. So sollte der Leverkusener Profi Kerem Demirbay vor ein paar Jahren nach einer frauenfeindlichen Äußerung gegenüber Bibiana Steinhaus ein Mädchen-Fußballspiel pfeifen. Auch in diesem Fall wurde es vom Verein als „Strafe“ verstanden. Ein Jahr später sollten zwei tschechische Fußballprofis einige Zeit mit einem Frauenteam trainieren, nachdem sie eine Schiedsrichterin frauenfeindlich beleidigt hatten („Frauen gehören an den Herd“). Beim Training sollten die beiden sich davon überzeugen, dass Frauen „nicht nur am Herd geschickt sein können“.

Aber das ist der falsche Weg: Wem nicht bewusst ist, dass Fußballerinnen ebenso wie Fußballer aufs Spielfeld gehören, der verschließt beharrlich die Augen vor dem gesellschaftlichen Wandel und auch den jahrzehntelangen Erfolgen deutscher Profiteams bei den Frauen und der wird seine Meinung erst recht nicht nach einer Trainingsstunde ändern.

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Warum interessiert es bei derlei Urteilsverkündungen nicht, was es für Frauen und Mädchen bedeutet, wenn ihr Training als „Strafe“ dargestellt wird? Es sollte nicht ihre Aufgabe sein, Männern ihr diskriminierendes Verhalten abzutrainieren.

Es liegt in der Verantwortung der Vereine, ihre Spieler zu sensibilisieren und zu schulen. Borussia Mönchengladbach sollte die Entscheidung des WDFV ablehnen und tatsächliche Sanktionsmaßnahmen initiieren. Das wäre ein fortschrittliches Statement in die richtige Richtung.

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