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Robert Lewandowski hat am Samstag auch gegen den 1. FC Union getroffen.

© dpa

Robert Lewandowski überdeckt viele Mängel: Beim FC Bayern München ist der Heldenfußball zurück

Robert Lewandowski hat in dieser Bundesliga-Saison bisher in jedem Spiel getroffen. Das ist einmalig - birgt aber auch Gefahren für den FC Bayern München.

Robert Lewandowski verließ seinen Arbeitsplatz mit einer glänzenden Trophäe in den Händen. Ob das die Auszeichnung für den „Man of the Match“ sei, wurde Lewandowski gefragt. Nein, antwortete er, das sei der Preis für den besten Spieler der vergangenen Saison. Aber so genau wisse er das auch nicht.

Als Robert Lewandowski kann man vor lauter Titel, Trophäen und Rekorden schnell mal den Überblick verlieren: vier Mal Torschützenkönig, bester ausländischer Torschütze der Bundesligageschichte, schnellster Hattrick, schnellster Viererpack, schnellster Fünferpack. „Mich freuen die Rekorde, aber ich fokussiere mich nicht auf solche Sachen, sondern auf meinen Fußball, mein Training und die sportlichen Sachen“, sagte Lewandowski, nachdem am Samstag zwei weitere Bestmarken hinzugekommen waren.

Mit seinem Tor beim 2:1-Sieg des FC Bayern München gegen den Aufsteiger 1. FC Union hat Lewandowski nun an jedem der ersten neun Spieltage dieser Saison getroffen, was in 57 Spielzeiten der Fußball-Bundesliga niemandem sonst gelungen ist. Zudem war er für die Bayern in jetzt 13 Pflichtspielen hintereinander mindestens einmal erfolgreich. Der Mittelstürmer aus Polen überholte damit den legendären Carsten Jancker und dessen Serie aus dem Jahr 2000.

Carsten Jancker hat sich in die Geschichte des deutschen Fußballs eingeschrieben, weil er es als Nulltorestürmer der Saison 2001/02 bis zum Vizeweltmeister geschafft hat. Vizeweltmeister wird Robert Lewandowski vermutlich nie werden, aber sollten ihm in ferner Zukunft einmal null Tore unterlaufen (in einem Spiel, nicht in einer kompletten Saison), dann könnte es Sondersendungen im bayrischen Fernsehen geben und die Münchner Boulevardzeitungen Sonderausgaben auf den Markt schmeißen. „Er ist geboren, um Tore zu schießen“, sagte sein Münchner Kollege Thomas Müller.

Natürlich traf Lewandowski auch gegen den 1. FC Union, dessen Trainer Urs Fischer ihn vor dem Spiel als mutmaßlich besten Stürmer der Welt bezeichnet hatte. „Lewandowski ist sehr schlau und schleicht sich in den Rücken der Abwehrspieler“, sagte Fischer. Als Verteidiger müsse man ihn schon bei der Ballannahme stören, stets antizipieren, was Lewandowski vorhabe, und ihm dem Weg zum Tor verstellen.

Die Form seines Lebens

Unions Abwehrspieler machten das lange sehr gut. In der ersten Halbzeit blieb der Pole unsichtbar, und auch in der 53. Minute hielten sie sich an die Vorgabe ihres Trainers. Als Lewandowski vor Unions Strafraum an den Ball kam, stand ihm Neven Subotic bereits auf den Füßen, so dass der Stürmer der Bayern nur einen unkontrollierten Pass spielen konnte, der parallel zur Strafraumlinie auf den rechten Flügel geflogen wäre. Der Ball aber prallte Unions Felix Kroos an die Brust und flog von dort wieder in den Lauf von Lewandowski, der dadurch nur noch seinen Landsmann Rafal Gikiewicz im Tor der Berliner überwinden musste.

„Manchmal geht der Doppelpass mit Mitspielern, manchmal geht er mit dem Gegner“, sagte Lewandowski über seinen Treffer zum 2:0. Nach dem Anschlusstreffer der Berliner durch Sebastian Polter war es letztlich dieses Tor, das den Bayern letztlich den spärlichen Sieg über den Aufsteiger einbrachte. Lewandowski spiele in der Form seines Lebens, hatte Bayerns Trainer Niko Kovac schon vor dem Spiel gesagt: „Er ist derjenige, der uns im Moment so weit oben hält.“

Von den 24 Toren des FC Bayern in dieser Bundesligasaison entfallen 54 Prozent auf Robert Lewandowski. In der vergangenen Spielzeit lag sein Anteil bei 25 Prozent. Das spricht für Lewandowski, aber eher nicht für die Bayern, deren Wohl und Wehe in eigentlich ungesundem Maße von der Form und Performance ihres Mittelstürmers abhängt.

Am Ende bleibt nur Gerd Müller

Schon das Europapokalspiel unter der Woche bei Olympiakos Piräus hätte ohne Lewandowskis beide Tore in einer mittelschweren Blamage enden können. Und in der Liga kaschieren seine Tore, dass die Defensive des Meisters im Ganzen wenig meisterlich ist und das Offensivspiel zu selten einem durchdachten Plan folgt.

Nach Jahren, in denen die Münchner eine echte Trainermannschaft waren, scheinen sie gerade den Schritt zurück zum Heldenfußball zu vollziehen. Und Robert Lewandowski ist trotz Manuel Neuer, trotz Coutinho und trotz der Vereinslegende Thomas Müller gerade der größte Held von allen. In der ewigen Bestenliste der Bundesligatorschützen belegt er mit 215 Treffern inzwischen Platz vier. Bei seiner derzeitigen Quote dürfte er Jupp Heynckes (220) noch in der Hinrunde überholen, auch Klaus Fischer (268) gerät langsam in Reichweite.

Am Ende bleibt womöglich nur Gerd Müller, der Größte der Allergrößten. Mit 40 Toren in einer Saison hält Müller einen Rekord, der immer wieder mal als Bezugsgröße herangezogen worden ist, wenn ein Stürmer am Anfang einer Saison überdurchschnittlich oft getroffen hat. Letztlich aber hat sich Müllers Rekord immer als einer für die Ewigkeit erwiesen. Bisher zumindest. Rechnet man Lewandowskis 13 Tore aus neun Spielen auf eine komplette Saison hoch, käme er auf 49 Tore.

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