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Attraktion am Vormittag. Davie Selke trainiert seit Dienstag bei Hertha BSC.

© imago/Nordphoto

Rekordtransfer von Hertha BSC: Davie Selke: Es kribbelt noch

Mit 8,5 Millionen Euro Ablöse ist Davie Selke die teuerste Verpflichtung in der Vereinsgeschichte von Hertha BSC. Am Dienstag ist er in Berlin ins Training eingestiegen.

Es dauerte nicht lange, bis sich am Dienstagvormittag herumgesprochen hatte, dass die eigentliche Attraktion am versteckten Ende des Trainingsplatzes zu finden sein würde. Neben dem Sprinthügel waren Hütchen, Hürden und Hocker aufgebaut worden. Fünf Fotografen und zwei Fernsehteams fanden sich hinter der Absperrung ein, dazu ein paar Fans von Hertha BSC, die ihre Fotohandys in Position brachten. Ihr Interesse galt dem teuersten Spieler, den der Berliner Fußball-Bundesligist in seiner nun 125-jährigen Geschichte je verpflichtet hat. 8,5 Millionen Euro hat Hertha für Davie Selke ausgegeben, der am Dienstag zum ersten Mal auf Berliner Rasen trainierte. Auf den Fußballplatz durfte er noch nicht.

Selke trug ein orangenes Gummiband um die Oberschenkel, machte gegen den Widerstand Ausfallschritte zur Seite, als sollte er zum Eisschnellläufer umgeschult werden. Dann stellte er sich mit einem Fuß auf ein Gummikissen und spielte den Ball mit dem anderen Fuß aus der Luft zu Athletiktrainer Hendrik Vieth zurück. Nebenan absolvierte der Rest des Kaders derweil das normale Trainingsprogramm: Vier gegen zwei, Passübungen, am Ende ein Spiel auf zwei Tore. „Das war schon hart“, sagte Selke über seine Rolle als Beobachter, „vor allem weil ich neu bin.“ Wann er seine neuen Kollegen auch aus der Nähe kennenlernen darf, entscheidet sich kurzfristig. Selke hat bei der U-21-EM im vergangenen Monat eine Sehnenentzündung im linken Sprunggelenk davongetragen und deshalb das Finale verpasst. Inzwischen sei er „eigentlich beschwerdefrei“, erzählt der 22-Jährige, nur ein „kleines Kribbeln“ spüre er noch.

Seit Montag sind die letzten Spieler aus dem Urlaub zurück

Am Montag sind bei Hertha auch die letzten Spieler aus dem Urlaub zurückgekehrt. Mitchell Weiser und Marvin Plattenhardt trainierten am Dienstag schon mit der Mannschaft. Und während Niklas Stark wegen eines Rippenbruchs erst einmal ausfällt, arbeitete Davie Selke individuell mit Athletiktrainer Vieth. „Ich bin gerade in guten Händen“, sagte er. Den lädierten Fuß hatte Selke schon tags zuvor leicht belastet. Die Reaktion: keine. „Es fühlt sich sehr gut an.“

Dramatisch war die Verletzung wohl nicht, dramatisch war für Selke höchstens, dass er dadurch das Finale der U-21-EM gegen Spanien (1:0) verpasst hat. Trotzdem sprintete er nach dem Schlusspfiff auf den Platz, um mit seinen Kollegen zu jubeln – bis ihm auffiel, dass er „ein bisschen unrund“ lief. Ach ja, „eigentlich bist du ja noch verletzt“. Auf weitere Belastungstests verzichtete er in jener Nacht, auch als die Mannschaft in einem Krakauer Club ihren Titel feierte. „Meine Kollegen haben leider nicht gesehen, wie ich abdance“, erzählt Selke. „Vielleicht war es auch besser so.“

Herthas Neuer hinterließ am Dienstag einen sehr aufgeräumten Eindruck. Vor der kleinen Medienrunde in einer Ecke des Trainingsplatzes gab er jedem Journalisten die Hand und stellte sich erst einmal brav vor: „Freut mich sehr.“ Dass Selke ein umgänglicher Typ ist, hebt auch Mitchell Weiser hervor, der mit ihm gerade in Polen den EM-Titel gewonnen hat. Am ersten Tag sei er zwar noch ein bisschen schüchtern gewesen, „aber das kommt noch“, erzählt Weiser. „Er ist auch für die Kabine sehr gut für uns.“

Als Entertainer für die Halbzeitpause hat Hertha den Mittelstürmer trotzdem nicht verpflichtet. Der Klub erwartet sich auch außerhalb der Kabine einiges von Selke, der schon länger als eines der größten deutschen Stürmertalente gehandelt wird, in der vergangenen Saison bei Rasenballsport Leipzig aber nur sporadisch spielen durfte. Nur zweimal stand er bei den Leipzigern in der Startelf, in insgesamt 21 Einsätzen erzielte er vier Tore – zwei davon gegen Hertha.

Bei der U-21-EM traf Selke zweimal in vier Spielen

Dass Selke sich die unbefriedigende Saison zu Herzen genommen hat, war auch bei der U-21-EM noch zu sehen. „Er ist sehr selbstkritisch“, erzählt Mitchell Weiser, „ich kenne keinen Spieler, der sich, wenn er mal einen Fehler macht, so lange mit sich selbst beschäftigt.“ Doch nachdem Selke im zweiten Gruppenspiel gegen Dänemark zum 1:0 getroffen hatte, lief es bei ihm deutlich besser. Bis zum Finale stand er jedes Mal in der Startelf, in vier Spielen erzielte er zwei Tore für das Team. Der Titel mit der U 21 mache ihn „sehr, sehr stolz“, sagt Selke. „Natürlich beflügelt so was.“

So wie mit der U 21 in Polen darf es in Berlin ruhig für ihn weitergehen, obwohl Selke mit Herthas Kapitän Vedad Ibisevic einen teaminternen Konkurrenten hat, der ähnliche Vorlieben und ähnliche Stärken hat. Weiser sagt über Selke: „Er ist sehr ehrgeizig, läuferisch sehr stark, sehr torgefährlich.“ Und sehr lustig noch dazu. Den Wechsel seines Kumpels zu Hertha kann Weiser jedenfalls nur begrüßen. Weil es wegen der Altersbeschränkung keine weiteren gemeinsamen Einsätze in der U 21 geben wird, „ist es ganz gut, dass wir jetzt hier zusammen sind“.

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