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Sport: PROFIBOX- KAMPFABEND IN DER SCHMELING-HALLE: "Papa, du gewinnst ja immer"

Zuspruch erhält der Ahlener Norbert Nieroba vor seinem großen Kampf von seiner TochterVON MICHAEL ROSENTRITT BERLIN.Von "Erlösung" spricht bekanntlich nur jemand, der leidet.

Zuspruch erhält der Ahlener Norbert Nieroba vor seinem großen Kampf von seiner TochterVON MICHAEL ROSENTRITT BERLIN.Von "Erlösung" spricht bekanntlich nur jemand, der leidet.Dementsprechend will es auch der Boxer Norbert Nieroba verstanden wissen.Dabei steht der Mann aus Ahlen doch vor der größten Herausforderung seines sportlichen Daseins."Wie durch ein Wunder", sagt er später, aber vor allem wegen der verletzungsbedingten Absage Graciano Rocchigianis, kämpft er am Sonnabend in der Berliner Max-Schmeling-Halle gegen Frank Tate (USA), den Olympiasieger von 1984 und früheren IBF-Weltmeister, im Halbschwergewicht über den Titel der WBU."Daß ich jemals um eine WM boxen würde, daran habe ich beinahe nicht mehr geglaubt.Jetzt freue ich mich um die Chance ganz besonders", erzählt Nieroba. Also doch.Der langjährige Amateur, der erst spät, 1995, zu den Profis wechselte, weiß um die Gunst der Stunde."Der Sonnabend wird mein großer Tag werden." Bis dahin aber, so der mehrmalige Deutsche Meister in Diensten des BSK Ahlen, habe er noch ein wenig zu leiden."Sehen Sie, ich bin nunmal kein Sparrings-Typ.Im Wettkampf aber kann ich mich um 40 bis 50 Prozent steigern.Dieses gewisse Etwas kriege ich nur, wenn ich im Ring stehe.Da kann ich mich auf meinen Köper schon verlassen.Für mich ist der erste Gong oben im Ring eine Art Erlösung." Sein Trainer Günther Radowski spricht gern von der großen Chance, die "praktisch über Nacht kam".Beide, Nieroba und Radowski, wagten nach langer, durchaus erfolgreicher Zeit im Amateurlager erst vor zwei Jahren den Schritt ins Profilager.Für den heute 33 Jahre alten Nieroba fast ein wenig zu spät.Doch die vielen Gespräche mit seiner Frau seien ihm damals wichtiger gewesen als das schnelle Geld, das es seit Maske in deutschen Boxringen zu verdienen gibt.Zumal Nieroba bis heute seinen zivilen Beruf ausübt.Seit acht Jahren nun schon arbeitet er als Monteur bei den Stadtwerken Ahlen."So einen sicheren Job gebe ich doch nicht leichtfertig auf.Außerdem erhalte ich von meinem Arbeitgeber einiges an Unterstüzung", sagt Nieroba.Von seinen elf Profikämpfen hat er noch keinen verloren.Doch blieb sein Name, wenn überhaupt, lediglich den Insidern ein Begriff. Als Nieroba von seiner großen Chance erfuhr, war er gerade 24 Stunden aus dem Ostsee-Urlaub zurückgekehrt."Ja, letzten Montag vor sechs Wochen erhielt ich den Anruf.Ich wurde gefragt, ob ich nicht für Graciano einspringen wollte." Und wieder sprach ermit seiner Frau."Nutze die Chance", habe sie ihm geraten.Eine seiner beiden Töchter habe ihm dann noch gesagt: "Papa, du gewinnst ja immer." Und so kam es.Sechs Wochen Vorbereitungszeit, sechs Wochen Sonderurlaub von den Stadtwerken.Das mußte reichen. Auch sein Trainer benötigte eine Freistellung.Wie Nieroba ist auch Radowski eine Art Halbprofi, der nebenbei einer "ordentlichen Arbeit" nachgeht.Das hat sich der gelernte Uhrmacher, der im Fernstudium das Sportlehrer-Diplom ablegte und der als EM-Dritte von 1971 und spätere Trainer beim früheren ASK Vorwärts Frankfurt/Oder überaus erfolgreich war, auch anders vorgestellt.Nachdem er Boxer wie Henry Maske, Axel Schulz, Andreas Otto oder Jan Quast zu deren Amateurzeiten sekundiert hatte, ging Radowski mit seiner Familie nach dem Mauerfall nach Ahlen."Die Bedingungen für unseren Sport sind doch im Westen ganz anders, schlechter.Egal, auch für mich ergibt sich jetzt eine Chance." Die hätte Radowski aber auch gern mit einem anderen Boxer vergangener Tage gehabt."Norbert ist unter den jetzigen Bedingungen groß geworden.Ich kann und will ihn gar nicht mehr umkrempeln, von der Athletik her zum Beispiel.Vom boxerischen Potential her hat er das drauf.Was seine Nerven machen werden, weiß ich nicht." Nieroba wird die Zeit bis zu seiner "Erlösung" mit vielen Dingen verbringen.Nur nicht mit dem Gedanken an eine Niederlage.

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