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Der niederländische Dartprofi Raymond van Barneveld bei der Premier League in der ausverkauften Arena am Ostbahnhof.

© dpa

Premier League in Berlin: Darts, Darts, Darts

Raymond van Barneveld kommt in Berlin zu seinem ersten Sieg im laufenden Turnier. Sein deutscher Herausforderer Max Hopp zeigt sich enttäuscht.

Wenn sie die Dramaturgie vorher hätten festlegen können, sie hätten sie wahrscheinlich genau so bestimmt. Die deutsche Darts-Hoffnung Max Hopp, 22, traf am späten Donnerstagabend in der Berlins Großarena am Ostbahnhof im letzten Spiel des Tages auf sein Idol, den Niederländer Raymond van Barneveld, 51. Für Hopp war das Duell der Generationen der erste Auftritt bei einem Spieltag der Premier League Darts, in der nur die besten Profis der Welt mitspielen dürfen. Und für van Barneveld war es die letzte Chance, das vorzeitige Aus bei dem Turnier, das er noch vor fünf Jahren gewann, zu verhindern.

Hopp gehört noch nicht zum festen Kreis der Spieler, den van Barneveld Anfang 2020 verlassen wird. Er ist als eines von neun Talenten nachgerückt und durfte sich nur an diesem einen Spieltag in Berlin präsentieren. Da der etatmäßige Premier-League-Spieler Gary Anderson im Januar vor dem Saisonstart verletzt absagen musste, vervollständigen neun Herausforderer, sogenannte „Contender“, das Feld. An den ersten sechs Spieltagen konnte keiner dieser Herausforderer sein Duell gegen einen arrivierten Gegner gewinnen.

Und das änderte sich auch in Berlin nicht, wo die Premier League erst zum zweiten Mal Halt machte. Hopp verlor vor rund 10 000 Zuschauern deutlich mit 3:7 gegen van Barneveld. „Ich habe mich selbst zu sehr unter Druck gesetzt“, sagt Hopp nach dem Spiel selbstkritisch und fügte ernüchtert hinzu: „Es ist vorerst eine einmalige Gelegenheit.“ Van Barneveld hatte ihn vor dem Spiel lange umarmt. Der Niederländer, dessen Darts es waren, die sich der junge Deutsche zu Beginn seiner Karriere kaufte. Im Spiel war ihm die Nervosität anzumerken. Ausschlaggebend war für Hopp dann van Barnevelds 170er-Finish – die höchste Zahl, die man mit drei Darts auf Null spielen kann. „Damit hat er mich gepackt“, sagte Hopp.

Van Barneveld geht nicht aus freien Stücken

Nun könnte dies Hopps letztes Duell gegen sein Idol auf deutschem Boden gewesen sein. Zwar spielt van Barneveld auf der europäischen Tour der Professional Darts Corporation (PDC) weiter mit, unter anderem an diesem Wochenende in Leverkusen. Dass er sich aber weiter Male qualifiziert, ist längst nicht mehr selbstverständlich.

Aus freien Stücken verlässt van Barneveld die große Dartsbühne nicht. Aber nach einem weiteren ernüchternden Jahr, in dem er bei den großen Turnieren nie weiter als bis ins Achtelfinale vorstieß, reicht es dem Niederländer. Das liegt vor allem auch an seiner Zuckerkrankheit, die er nicht in den Griff bekommt. „Mein Körper resigniert“, sagt er.

Raymond van Barneveld ist seit 28 Jahren Dartsprofi, gab 2006 sein Debüt auf der Tour der PDC, dem Zusammenschluss der besten Spieler der Welt. Gleich in seinem zweiten Jahr wurde er Weltmeister, gewann 2014 auch einmal die Premier League. Er steht derzeit bei 41 Titeln. Es sieht nicht danach aus, dass noch ein weiterer hinzukommt. Van Barnevelds letzter Einzel-Turniersieg datiert vom Mai 2014 – es war der Sieg im Finale der Premier League gegen Dominator Michael van Gerwen.

Und auch in dieser Premier-League-Saison läuft es nicht rund. Am siebten Spieltag hat van Barneveld jetzt erst sein erstes Match gewonnen und steht noch immer auf dem neunten und letzten Platz der Tabelle. „Der Glaube ist noch da, das war ein Befreiungsschlag“, zeigte sich van Barneveld nach dem Spiel zufrieden. Dank des Sieges gegen Hopp muss van Barneveld zwar möglicherweise nur eines der ausstehenden Duelle in der nächsten Woche in Rotterdam gewinnen, um den letzten Platz noch zu verlassen. Denn weiter geht es nur für die ersten acht der Premier League. Doch gelingt ihm kein zweiter Sieg, könnte er ausgerechnet im heimischen Rotterdam dann seine letzten Premier-League-Darts werfen.

Max Hopp feierte in Berlin sein Premier-League-Debüt.
Max Hopp feierte in Berlin sein Premier-League-Debüt.

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„Wenn niemand mehr über Raymond van Barneveld spricht, warum sollte ich dann noch immer weitermachen?“, sagte kürzlich der Niederländer, der längst angekündigt hat, dass nach der Weltmeisterschaft im kommenden Januar Schluss ist. „35 Jahre lang war alles Darts, Darts, Darts, jede einzelne Woche. Ich will noch etwas anderes versuchen, Urlaub machen und Zeit mit meiner Familie und meinen Enkeln verbringen.“

Rob Cross rauscht unaufhaltsam Richtung Halbfinale

2008 war „Barney“ sogar für ein halbes Jahr vor Taylor die Nummer eins der Weltrangliste. Auf der wird er heute auf dem 28. Rang geführt. Einen Platz vor Max Hopp. Der hat mittlerweile zwei Turniersiege in seiner Vita stehen. Auf seinen ersten Sieg in der Premier League, in der er demnächst dann auch regulär dabei sein will, muss er noch warten.

Dass trauen ihm die etablierten Spieler aber zu. Während van Barneveld ganz diplomatisch sagt, dass die „jungen Spieler immer besser werden“, geht Rob Cross, Weltmeister von 2018, noch einen Schritt weiter. „Deutschland liebt Max Hopp, jeder liebt Max. Sogar ich liebe ihn“, sagte Cross am Donnerstag mit einem Augenzwinkern. Der Engländer geht fest davon aus, dass sich Berlin im Premier-League-Kalender etablieren wird – mit oder ohne Hopp. Er war so begeistert von der Stimmung, dass er sich sogar zu einer gewagten These hinreißen ließ: „Deutschland ist das neue England.“

Vor dieser These hatte der Weltranglisten-Zweite Cross bereits gewonnen und rauscht nach dem 7:4 gegen Gerwyn Price unaufhaltsam Richtung Halbfinale. Der amtierende Weltmeister Michael van Gerwen hingegen musste eine herbe Enttäuschung hinnehmen. Der Niederländer verlor gegen Daryl Gurney mit 5:7. Die besten Chancen aufs Halbfinale haben neben van Cross und van Gerwen zudem weiterhin James Wade und Peter Wright, die sich die Punkte beim 6:6 teilten. Allerdings zog der Österreicher Mensur Suljovic durch sein 7:2 gegen Vize-Weltmeister Michael Smith nun nach Punkten gleich.

In der Endrunde am 23. Mai in London wird dann der Nachfolger von van Gerwen ausgespielt, der die Premier League dreimal in Serie gewinnen konnte. Und eins scheint jetzt schon sicher: Raymond van Barneveld wird es schwer haben, dann noch dabei sein.

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