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Die kleinste Freiluftnummer. Beim jüngsten Winter Game der DEL in Sinsheim schauten nur 25 000 Zuschauer zu, weit weniger als in allen anderen Spielen von DEL und zweiter Eishockey-Liga in einem Fußballstadion. 

© imago/Eibner

Play-offs in der DEL: Wo sind die Visionen?

Am Dienstag beginnen die Play-offs in der DEL. Wie ist es um das deutsche Eishockey bestellt? Eine Standortbestimmung.

Es gibt im Eishockey Spiele, die richtig mitreißen können. Das Pre-Play-off-Spiel der Straubing Tigers und Eisbären Berlin fiel in diese Kategorie: Viereinhalb Stunden Eishockey, Verlängerung bis in die 104. Spielminute. Und zum Glück kam das Marathonspiel am Freitag auch im frei empfangbaren Fernsehen – der übertragende Sportsender stieg nicht aus, brachte Zweitliga-Fußball nur als Pausenunterhaltung. Andere Sender sind in der Vergangenheit mit Beginn einer Verlängerung ausgestiegen aus der Übertragung. Das ist ein kleiner Erfolg für die Deutsche Eishockey-Liga (DEL), die in ihrer 23. Saison vor den am Dienstag beginnenden Play-offs in anderer Hinsicht weniger gut dasteht als noch vor einem Jahr.

Der Zuschauerschnitt ist nach der Hauptrunde nach Jahren des Aufwärtstrends wieder gesunken – von 6647 auf 6419 Besucher pro Spiel im Schnitt. Die Erklärungen dafür liegen auf der Hand: Seit dieser Saison werden alle Spiele live im Internet übertragen, dann ist Neuling Fischtown Pinguins Bremerhaven trotz immer voller, aber kleiner Halle natürlich kein Ersatz für die Hamburg Freezers. Deren Ende wirkt für die Liga noch schlimmer als das Aus der Hannover Scorpions im Jahr 2013. Für Hannover kam damals Schwenningen als Ersatz, der Trend aus der größeren in die kleine Stadt hat sich also fortgesetzt. Die Liga hatte binnen vier Jahren zwei ihrer schönsten und größten Arenen mit je fünfstelligem Fassungsvermögen verloren. Das lässt sich wohl erst kompensieren, wenn RB München mit Dank seines Eigners Red Bull in zwei Jahren seine neue Großarena hat.

In anderen Sportarten jubeln sie weniger über den Getränkegiganten aus Österreich, im deutschen Eishockey müssen sie das. Zumindest gibt es in München durch den Investor noch Visionen. Dort soll etwas Großes entstehen, könnte das Eishockey samt Nachwuchs wachsen. Andernorts sieht das anders aus, da wird – wie lange Zeit in Düsseldorf – der Oberring abgehängt, weil nicht genügend Zuschauer kommen. Doch wer den Oberring abhängt, der hat keine Visionen mehr.

Der Fall Düsseldorf wiegt besonders schwer

Der Fall Düsseldorf wiegt in dieser Saison besonders bitter für das deutsche Eishockey, die DEG hat mehr Lokalkolorit in ihrer Mannschaft als alle anderen Teams der Liga. Aber es reichte halt nicht für die Play-offs, in denen nun mit Bremerhaven eine Mannschaft steht, die fast ohne deutsche Profis auskommt. Dabei ist den Fischtown Pinguins nicht einmal ein Vorwurf zu machen, denn die guten deutschen Spieler sind für einen kleinen Klub nicht zu haben, die spielen in München, Mannheim, Nürnberg und Köln. Genau in dieser Reihenfolge haben sich diese vier Klubs in der Hauptrunde an der Spitze einsortiert und gehen somit alle mit dem Heimvorteil in die am heutigen Dienstag beginnende Viertelfinalserie der Play-offs in der DEL.

Wer kein Geld hat für einen Klassestürmer wie den Nürnberger Patrick Reimer – nun zum dritten Mal als bester Angreifer der Liga geehrt – der deutscht eben ein wie Bremerhaven. Das wiederum ist auch eine Konsequenz der schwachen Nachwuchsförderung im deutschen Eishockey. International sind die Ergebnisse im Nachwuchs konstant bescheiden, im U-Bereich zieht eine Nation wie Dänemark an den Deutschen vorbei, die DEL sieht sich aber auch per Selbstverständnis nicht als Förderer des Nationalteams. „Das ist eine Profiliga“, sagt Uwe Krupp. Der Trainer der Eisbären Berlin und ehemalige Bundestrainer sieht große Defizite in der Nachwuchsarbeit. „Jeder Spieler, der in Nordamerika am College gespielt hat, hat eine bessere Ausbildung genossen als die Spieler hier.“ Kein Wunder ist es wohl, dass die meisten der sieben aktuell in der National Hockey League (NHL) spielenden Deutschen schon im Nachwuchs nach Übersee gewechselt sind.

Wer in der DEL spielt, hat es aber immerhin noch bis in die Liga geschafft, die in Europa nach der Schweiz die meisten Zuschauer hat. Und auf der medialen Seite hat Ligen-Geschäftsführer Gernot Tripcke gar einen Aufschwung ausgemacht. Beim Vertragspartner „Servus TV“ hätte ein Spiel rund 120 000 Zuschauer im Schnitt, bei „Sport 1“ seien es jetzt schon 200 000. Noch einmal so viele Menschen würden das Angebot im Internet pro Spieltag nutzen – das alles ist natürlich immer noch wenig im Vergleich zum großen deutschen Fußball, da sahen zum Beispiel bei Sport 1 im Dezember fast zwei Millionen Menschen das Spiel Stuttgart gegen Hannover. Insofern ist es schon ein Wunder, dass sich der Sender am Freitag nicht aus dem Spiel der Straubing Tigers und Eisbären Berlin ausgeklinkt hat.

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