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Am Dienstag sehen sie sich wieder. Berlins Zach Boychuk (vorn in blau) und Iserlohns Bobby Raymond (r.).

© Andreas Gora/dpa

Play-off-Start in der Deutschen Eishockey-Liga: Für ein paar Penny und ein paar Spiele weniger

Die DEL hat die Hauptrunde unter schweren Bedingungen hinter sich gebracht. Jetzt starten die verkürzten Play-offs, die Eisbären sehen sich gut gerüstet.

Serge Aubin wirkt am Montagmorgen nicht entspannt. Der Trainer der Eisbären fummelt mit beiden Händen an seinem Mikrofonständer herum. Dabei steht das Ding doch felsenfest. Ansonsten lautet das Mantra des Kanadiers ja: Überzeugende Megakontrolle demonstrieren beim öffentlichen Auftritt. Offensichtlich hat Aubin aber nun wenig Spaß an seinen Ausführungen, noch weniger Spaß an den Fragen zu dem, was auf seine Mannschaft ab Dienstag zukommt.

Die Deutsche Eishockey-Liga (DEL) geht in die Play-offs und auch wieder nicht: Statt die K.-o.-Runde wie üblich im Modus „Best of seven“ auszuspielen, reichen in der Pandemie nur zwei Siege zum Weiterkommen. Der Modus „Best of three“ heißt auch, dass für die Eisbären bereits am Donnerstag, nach dem zweiten Spiel gegen die Iserlohn Roosters, alles vorbei sein kann – oder dass sie dann schon im Halbfinale stehen.
Diese enge Situation muss Serge Aubin natürlich bedrücken. Er sagt dann auch: „Bei Best-of-seven kannst du im Laufe der Serie noch Veränderungen vornehmen, wenn es nicht so läuft. Diesmal geht das nicht.“ Klar, die Aufgabe Iserlohn sei schwer. Die Sauerländer hatten zuletzt einen Lauf, haben vier von fünf Spielen in Folge gewonnen.

Die Eisbären hingegen hatten so kurz vor den Play-offs mit Verletzungen zu kämpfen und sind mit nur drei Punkten aus drei Spielen durch den Rest der Hauptrunde gestolpert. Aber wen interessiert das ab Dienstag, 19.30 Uhr, noch, wenn Iserlohn zum ersten Spiel nach Berlin kommt? „Niemanden“, sagt Aubin. Und Iserlohn interessiere ihn auch weniger als seine Mannschaft, denn: „Wir werden kontrollieren, was wir kontrollieren können.“

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Das Wort Kontrolle klingt dann doch nach Stärke in dieser unkontrollierbaren Zeit, in der die Deutsche Eishockey-Liga ihre Hauptrunde nach spätem Start im Dezember von größeren Katastrophen unberührt hinter sich bringen konnte. Lediglich ein Termin der Hauptrunde fiel der Pandemie zum Opfer, die Iserlohner konnten nach ihrer Teamquarantäne ein Spiel gegen Straubing nicht nachholen. Düsseldorfs Trainer Harold Kreis sagte am Sonntagabend, trotz des Ausscheidens seiner Spieler vor den Play-offs: Er sei froh, dass er mit seiner Mannschaft die Saison so habe spielen können. Kreis wirkte dabei sehr erleichtert, so nach dem Motto: Macht ihr ruhig mal weiter, wir sind froh, dass wir erst mal raus sind.

Auch Serge Aubin findet, dass es eine starke Leistung war, die Saison bis hierhin so durchzuziehen. „Und es war gut für das deutsche Eishockey.“ Das war es sicherlich in mancher Hinsicht. Es haben sich ungewohnt viele einheimische Talente nach vorne spielen können. Auch wenn offensichtlich – wie im Vorjahr – ein Spieler wie Tim Stützle nicht dabei war, wurde bei vielen Klubs in die Zukunft investiert.

Die Gegenwart war für viele Profis allerdings bitter. Von bis zu 75 Prozent Gehaltseinbußen ist bei den Profis die Rede. Mancher prominente Zugang aus dem Ausland kam in der Liga wohl nur zustande, weil die Spieler andernorts in der Krisensituation nicht mehr unterkamen. Auch die Eisbären betrifft das: Ein Zach Boychuk wird sicher nicht noch einmal einen für ihn ungewohnt ungünstig dotierten Vertrag annehmen.

Leere Kulisse bedeutete nicht unbedingt leere Kasse

Finanziert wurde das Geistereishockey zu einem Teil vom übertragenden Onlineportal „Magentasport“, der kräftig an Abonnentinnen und Abonnenten zulegte – und vom neuen Ligasponsor, einer Billigsupermarktkette. Was viel Beteiligte dazu animierte, ständig von der „Penny DEL“ zu sprechen. Weniger lukrativ lief das für die Kleinsponsoren der Klubs ab.

Da viele Fans auf die Rückerstattung ihrer erworbenen Dauerkarten verzichteten, gab es da schon noch eine Einnahmequelle für die Teilnehmer der Liga. Anders formuliert: Vor leerer Kulisse wurde in Wirklichkeit nicht gespielt. Ein interessanter Faktor, der auch eine Gefahr in sich birgt. Noch einmal wird das nicht so laufen können, wenn auch ab September zur neuen Saison keine Fans in die Hallen dürfen.

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Aber bis dahin könnte der Impffortschritt im Lande vielleicht ja so weit sein, dass mehr möglich ist als Geisterspiele. Erst einmal geht es jetzt größtenteils ungeimpft in die Pandemie-Play-offs. Adler Mannheim und RB München sind die großen Favoriten, und auch die Eisbären spielen mit um den 100. Meistertitel im deutschen Eishockey, der angesichts der Umstände wohl ein Titel mit Sternchen bleiben wird.

Und das komprimierte Format bietet den Außenseitern natürlich Chancen, die sie sonst nicht hätten – eine Aussicht, die auch Aubins Kollegen der anderen starken Teams an die Nieren geht. Trainer Pavel Gross etwa, 2019 bis jetzt jüngster Meister mit Mannheim, findet das mit dem „Best-of-three“-Modus „lächerlich“. Nach den – sagen wir mal eher niedlichen statt lächerlichen – Viertelfinalserien in dieser Woche geht es die Wochen darauf mit Halbfinale und Finale weiter. Ratzfatz. In nur drei Wochen Play-offs kannst du Meister werden, an sich ein verlockendes Angebot. Insofern ist auch klar, wie sich das Serge Aubin für seine Eisbären denkt. „Wir haben eine Vision und die beinhaltet, dass wir jedes Team schlagen können.“

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