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Remmidemmi. Vor dem Formel-1-Rennen am Sonntag in Texas drehte der Niederländer Max Verstappen in seinem Red Bull noch ein paar wilde Runden auf dem Hollywood Boulevard. Ab 2021 sollen die Autos dann anders aussehen.

© Richard Vogel/dpa

Pläne für ein neues Reglement: Wie die Formel 1 wieder spannender werden will

Die Formel 1 versucht sich mit Regeländerungen an einem abwechslungsreicheren Wettbewerb. Doch daran gibt es deutliche Kritik.

Zweieinhalb Jahre zogen sich die Verhandlungen hin, zeitweise erinnerten sie schon an das Brexit-Chaos. Doch nun, da sich die Formel 1 vor dem Großen Preis der USA an diesem Sonntag in Texas zumindest einmal auf eine Basis für das neue Reglement ab 2021 geeinigt hat, ist Jean Todt natürlich zufrieden: „Es ist ein Meilenstein in der Geschichte des Sports. Zum ersten Mal haben wir die Regeln für die Technik, den Sport und die Finanzen in ein Paket gefasst“, sagte der Präsident des Automobil-Weltverbands (Fia). „Wir haben es getan, um der Formel 1 eine nachhaltige Basis zu bieten.“

Die wichtigsten Ziele: Ein technisches Reglement, das das Überholen einfacher machen soll und durch Einschränkung gewisser Freiheiten auch Kosten spart. Ein sportliches, das unter anderem die Rennwochenenden etwas verkürzt und dafür bis zu 25 Rennen im Kalender ermöglicht. Und ein finanzielles, das durch eine Kostendeckelung die Unterschiede zwischen den großen und kleinen Teams verringern und dadurch für mehr Ausgeglichenheit und Spannung sorgen soll.

Nicht alle im Fahrerlager sind mit den neuen Regeln zufrieden

Wie weit diese Ziele im einzelnen erreicht wurden, bleibt abzuwarten. Nicht alle im Fahrerlager sind mit den neuen Regeln zufrieden. Was die Technik angeht, fürchten vor allem die Großen – Ferrari, Mercedes und Red Bull – zu viele Einschränkungen. Sie sprechen von einer Quasi-Einheitsformel, bei der sich die Autos kaum noch unterscheiden werden. Dazu gibt es bei einigen Aerodynamikern Zweifel, ob das Überholen wirklich so viel einfacher wird, wie die Fia-Experten vorrechnen.

Sebastian Vettel ist in seiner Einschätzung noch vorsichtig. „Auf dem Papier sind viele Ideen fabelhaft. Ich schätze, in den kommenden Wochen wird ein wenig klarer, was da alles auf uns zukommt“, sagt der Ferrari-Fahrer. „Ungeachtet dessen, wie die Autos aussehen – wenn dadurch der Sport besser wird, dann ist das im Sinne der Fahrer.“

Er hat allerdings auch schon jetzt einige deutliche Kritikpunkte: „Wo wir uns in die falsche Richtung bewegen, das ist beim Gewicht. Diese Autos sind viel zu schwer, und für 2021 werden sie erneut schwerer.“ Ein Teil des Gewichts kommt ja von den schweren Hybrid-Antrieben – und das gefällt Vettel schon seit Langem nicht. Er hätte gern wieder einfachere Motoren.

Zu drastisch? Oder zu lasch?

Die Kostendeckelung wird von beiden Seiten kritisiert, von großen und kleinen Teams. Die 175 Millionen US-Dollar Jahresbudget sind in Wahrheit eher 250 Millionen, weil etwa Fahrergehälter, die Gehälter der drei Top-Angestellten und Marketing-Ausgaben ausgenommen sind. Den Großen wie Mercedes, die bisher an die 400 Millionen Dollar ausgaben, ist das zu drastisch. Den Kleineren, die kaum 150 Millionen Dollar Budget aufbringen können, immer noch zu hoch.

Die vor allem von den neuen Formel-1-Besitzern vorangetriebene Erhöhung der Rennen auf bis zu 25 im Jahr sehen Fahrer, Teams und Fans kritisch. Erstens, weil die Gefahr der Übersättigung droht. Zweitens, weil so ein Programm für die Teams, vor allem die Mechaniker, kaum noch zu bewältigen ist.

Die Verkürzung der einzelnen Rennwochenenden von vier auf drei Tage bringt da herzlich wenig. Vor allem der Reisestress, der alle extrem belastet, bleibt ja trotzdem – und steigt bei 25 Rennen noch. Schon jetzt ist jedes Jahr gegen Saisonende regelmäßig das halbe Fahrerlager krank.

Nachdenklich: Sebastian Vettel ist in seiner Einschätzung der neuen Regeln noch vorsichtig.
Nachdenklich: Sebastian Vettel ist in seiner Einschätzung der neuen Regeln noch vorsichtig.

© Tom Boland/dpa

Und es gibt noch einen weiteren Knackpunkt: Mit dem neuen Reglement wurde auch der Formel-1-Vertrag, der ab 2021 in Kraft treten soll, an die Teams verschickt. Da geht es unter anderem um die Geldverteilung. Und auch da fühlen sich die Großen, die die meisten ihrer Privilegien verlieren sollen, zu stark benachteiligt. Sie haben allerdings kein Einspruchsrecht mehr, es geht nur noch darum, wer unterschreibt und wer nicht. Am 5. November berät sich ein von neun Teams beauftragter Anwalt mit den einzelnen Juristen der Rennställe, Mercedes bringt einen eigenen Anwalt an den Start.

Dann heißt es abwarten, wer sich tatsächlich für 2021 und darüber hinaus einschreibt. Bis jetzt gibt es weder von Mercedes, zumindest für das Werksteam, noch von Renault oder Honda feste Zusagen, über 2020 hinaus in der Formel 1 zu bleiben – und bei allen drei Herstellern Hindernisse. Bei Mercedes vor allem wegen Imagefragen im Zuge der Klimadebatte, bei Renault wegen der Kosten, bei Honda wegen der fehlenden großen Erfolge. Ein Reglement, mit dem man nicht einverstanden ist, könnte da Rückzugsgründe bieten, ohne die echten Gründe nennen zu müssen. Vielleicht sollte Jean Todt also nicht zu früh jubeln.

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