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Im Mittelpunkt. Mathew Leckie durfte sich beim 2:0 gegen den VfB Stuttgart doppelt feiern lassen.

© dpa

Perfekter Einstand bei Hertha BSC: Mathew Leckie: Besser als erhofft

Erstes Spiel, zwei Tore: Der Australier Mathew Leckie vertreibt mit seinem Bundesligadebüt für Hertha BSC erst einmal die latenten Zweifel an seiner Qualität.

Mathew Leckie nahm Tempo auf, er startete gleich hinter der Mittellinie, vor ihm jede Menge freier Raum, und sofort ging ein Raunen durch das Olympiastadion. So schnell kann das gehen. Bis Samstagnachmittag, um Viertel nach vier, umgaben den Australier noch latente Zweifel: Reicht es wirklich für einen ambitionierten Klub wie Hertha BSC? Braucht es nicht ein bisschen mehr als flinke Beine? Eine halbe Stunde und zwei Tore später waren alle Zweifel wie weggeblasen. Und so startete Leckie gleich hinter der Mittellinie mit Rückenwind einen weiteren Konter gegen den VfB Stuttgart. Dummerweise war er schneller als der Ball, der ihm irgendwie zwischen die Beine geriet. Konter gestoppt.

Trotzdem: Mathew Leckie, 26 Jahre alt und vor dieser Saison für drei Millionen Euro Ablöse vom Absteiger FC Ingolstadt verpflichtet, war ohne Frage der Mann des Spiels beim Saisonstart des Berliner Fußball- Bundesligisten gegen den VfB Stuttgart. „Fußball ist verrückt“, sagte Leckie nach dem 2:0-Erfolg. Eine ganze Saison lange hatte er für den FC Ingolstadt kein einziges Mal getroffen. „Egal was ich probiert habe, es hat nicht funktioniert.“ Gegen Stuttgart, in seinem Bundesligadebüt für Hertha, schoss er zweimal aufs Tor, zweimal landete der Ball im Netz. „Die Blockade ist weg“, sagte Herthas Trainer Pal Dardai. „Hoffentlich behält er diese Torgefahr.“

Leckie musste nach dem Spiel gegen den VfB Stuttgart mehr Interviews geben als in der kompletten Vorsaison. Immer wieder sprach er davon, dass dies eine der besten Wochen seines Lebens sei. Neben seinen beiden Toren war das allerdings wohl vor allem der Tatsache geschuldet, dass er vor wenigen Tagen zum ersten Mal Vater geworden ist. Aber auch sein erster Treffer für seinen neuen Klub sei „ein besonderer Moment für mich“ gewesen, „eine irre Erfahrung“.

In seinen ersten drei Jahren Bundesliga traf Leckie drei Mal

Irre war es ja wirklich: Von einem solchen Einstand hätte weder der Australier selbst noch sein Trainer zu träumen gewagt. Dardai hatte bei Leckie zwar vom ersten Tag an das Gefühl, „als wenn er schon Jahre hier wäre“, doch noch zwei Tage vor dem Spiel hatte er bei den Fans öffentlich Geduld für seinen neuen Offensivspieler angemahnt. Im ersten Jahr könnte es bei ihm ähnlich laufen wie in der vergangenen Saison bei Alexander Esswein. Auch der sei von seinem früheren Klub eher Konterfußball gewohnt gewesen und habe sich erst auf Herthas strategischen Ballbesitz umstellen müssen. Wenn Leckie aber den nötigen Raum bekomme, könne er eine richtige Hilfe sein.

So wie bei seinem ersten Tor am Samstag direkt nach Anpfiff der zweiten Halbzeit. Vedad Ibisevic verlängerte einen Einwurf genau in den Lauf von Leckie, der zog seinem Gegenspieler Ailton davon, ließ ihn im Strafraum noch einmal ins Leere grätschen, ehe er mit einem überlegten Linksschuss ins lange Eck zum 1:0 vollendete. „Das war eine wirklich gute Aktion von mir“, sagte Leckie selbst – und in gewisser Weise auch ein typisches Tor für ihn, wenn es denn überhaupt typische Tore gibt für jemanden, der in zuvor drei Spielzeiten für den FC Ingolstadt und Borussia Mönchengladbach in der Bundesliga gerade drei Mal getroffen hatte.

Sein zweiter Treffer eine Viertelstunde später war ein eher schmuckloser Abstauber nach einer Ecke – und damit noch untypischer für Leckie. Das erste Tor aber kam Herthas Vorstellung schon ziemlich nahe. Genau so hatten sie sich das erhofft, als sie den Australier in diesem Sommer verpflichtet haben. „Durch ihn ist eine andere Geschwindigkeit in unserem Spiel. Diesen Bewegungsvorsprung wollen wir nutzen“, sagte Trainer Dardai. „Letztes Jahr haben wir solche Tore nicht gesehen.“

Das erste Tor löste die Blockade in Herthas Spiel

Der Treffer, zu einem strategisch günstigen Zeitpunkt erzielt, löste die Blockaden in einem Spiel, das Herthas Innenverteidiger Sebastian Langkamp bis dahin „ein bisschen träge, ein bisschen zäh“ fand. Mathew Leckie klagte: „Es ist nicht alles so glatt gelaufen, wie wir es uns gewünscht hätten.“ Die Berliner hatten die Angelegenheit zwar weitgehend unter Kontrolle, sie schafften es aber in der ersten Halbzeit kein einziges Mal, den defensiv gut organisierten Aufsteiger aus Stuttgart ernsthaft in Verlegenheit zu bringen, geschweige denn in echte Gefahr. „Von der Mentalität, vom Willen hat es die Mannschaft gut gemacht“, sagte Trainer Dardai. Aber der Sieg täuschte letztlich über einige Mängel im Spiel der Berliner hinweg. Trotz des Zwei-Tore-Vorsprungs geriet Herthas Defensive in der Schlussphase noch einige Mal in Bedrängnis. Am Ende des Spiels hatten die Gäste trotz ihrer eher defensiven Grundhaltung mehr klare Chancen und Abschlüsse gehabt als die Berliner. „Nach dem 1:0 sind wir hektisch geworden“, klagte Dardai, „nach dem 2:0 überhektisch. Das hat mir nicht gefallen.“

Letztlich wurden die lässlichen Schwächen der Berliner vom positiven Endergebnis und dem erfolgreichen Saisonstart übertüncht – so wie man auch bei Mathew Leckie nach zwei Toren über manche Schwäche zuvor locker hinwegsehen konnte. „Ich war sehr zufrieden mit ihm“, sagte Pal Dardai. Trotzdem müsse man den Doppeltorschützen jetzt noch nicht hoch jubeln. Das könne man machen, wenn er zwölf Saisontore erzielt habe.

Vor zwei Tagen hätte man einen solchen Satz noch für einen bösen Scherz gehalten.

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