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Das Duo Regine Mispelkamp und Highlander Delight's streten in der Kür stark auf und holen Bronze. Es sind die ersten Paralympics der beiden.

© dpa

Para-Dressursport bei den Paralympics: Debütantin Regine Mispelkamp gewinnt Bronze

Knapp verpasste Medaillen prägten zuvor den Auftritt der Deutschen. Mit Regine Mispelkamp gab es nun doch noch Bronze – eine Premiere auf vielen Ebenen.

Die letzte Medaillenentscheidung im Para-Dressurreiten vollzieht sich am Montag bei den Paralympics in der Kür. Regine Mispelkamp (Grade V) startet mit der Rangnummer sechs von acht. Mit Wallach Highlander Delight’s zieht sie an ihren Vorreiter*innen vorbei und landet mit einer ausgezeichneten Wertung von 76,820 Prozentpunkten und souveränen drei Punkten Vorsprung auf Platz zwei. Zwei Reiter*innen kommen noch, Mispelkamp muss zittern, es könnte schon wieder knapp werden, schon wieder Platz vier. Letztlich kann nur die Belgierin Michele George Mispelkamp überbieten – Bronze für Mispelkamp!

Die ersten Turniertage verliefen nervenaufreibend – in der Einzelaufgabe verpasste Mispelkamp mit minimalen Prozentpunkten Rückstand das Siegertreppchen. Ähnliche Platzierungen belegten ihre Kolleg*innen aus dem deutschen Team – für drei der vier Reiter*innen sind es die ersten Paralympics. Trotz starken Auftritten reichte es in der Mannschaftsprüfung, eine traditionell medaillenbringende Disziplin für die deutsche Equipe, „nur“ für Platz sieben.

Nun liegt die Freude also umso größer: Highlander Delight’s ist Mispelkamps Nachwuchspferd und vollführt die gestaltungsreiche Kür mit Bravour – kein Selbstverständnis, denn der Weg dahin war nicht immer leicht. Highlander Delight’s – oder „Light’s“, wie Mispelkamp den neunjährigen Wallach nennt, glänzte als junges Pferd nicht unbedingt mit seiner Art, sich zu bewegen. Mispelkamp wurde von einem Kauf abgeraten. Trotzdem entschied sich die 50-Jährige für ihn: „Es war einfach ein Bauchgefühl“. Mit intensivem Koordinationstraining und Vertrauen in das gemeinsame Lernen konnte sich das Team für Tokio qualifizieren und nun eine Medaille gewinnen.

"Es ist eine Menge Ballast abgefallen"

Die Paralympics – auch eine Premiere für Mispelkamp. Mit dem Reiten begann sie schon in ihrer frühen Kindheit und machte ihre Leidenschaft zum Beruf. Sie absolvierte die Prüfung zur Pferdewirtschaftsmeisterin und ist Reittrainerin. Im Para-Reiten zählt sie als Newcomerin. Dass Regine Mispelkamp Multiple Sklerose hat, machte sie 2018 öffentlich mit dem Wissen, dass sich damit vieles ändern wird. Ein besonderer Moment in ihrer damit startenden Para-Dressursportkarriere war der Sieg der Einzelmedaille auf einem ihrer ersten Para-Turniere im Rahmen der Weltreiterspiele in Tryon 2018. „Das war für mich sehr emotional, es ist eine Menge Ballast abgefallen. Das war mit viel Freude und Loslassen verbunden“, erinnert sich die Athletin zurück. Mispelkamp reitet in Grade V. In dieser Wettkampfklasse nehmen Dressursportler*innen mit den „schwächsten“ Beeinträchtigungen teil. Für diese Grade sind alle drei Grundgangarten gefordert – darunter auch die heute gewonnene Kür, in der die Reiter*innen über Linienführung, Schrittfolge und Musik selbst entscheiden.

Die Nominierung für Tokio im Juli kam nicht unbedingt überraschend, denn Mispelkamp nahm in ihrer kurzen Zeit im Para-Reiten schon erfolgreich an Welt- und Europameisterschaften teil, ein Grund zur Freude war das Ticket für Tokio jedoch allemal: „Ich bin mega happy und auch ein bisschen erschlagen von all dem, was man jetzt vorbereiten muss“, erzählte sie. Um dem Jetlag vorzubeugen, gewöhnte Mispelkamp Light‘s beispielsweise schon Wochen vorher an unterschiedliche Tagesabläufe ab, reitete ihn auch mal spät abends aus. Aufgrund der hohen Temperaturen fanden alle Pferdeturniere in Tokio erst abends statt. Sieben Zeitzonen gen Osten angekommen, ging es für beide erstmal in die Quarantäne. Nun ist der Wettkampf vollbracht, am Donnerstag geht es für das Duo nach Deutschland – samt Medaille.

Dieser Text ist Teil der diesjährigen Paralympics Zeitung. Alle Texte unserer Digitalen Serie finden Sie hier. Alle aktuellen Entscheidungen und Entwicklungen lesen Sie in unserem Paralympics Blog.

Delia Kornelsen

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