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Auf dem Sprung: Im Halbfinal-Hinspiel hatten Rokas Giedraitis (rechts) und Alba Berlin kaum Probleme mit Rickey Paulding (links) und den Oldenburgern.

© BBL-Foto/Imago

Oldenburg fehlt die Frische: Alba Berlin hat die Kraft für den Titel

Beim Finalturnier der Basketball-Bundesliga steht Alba kurz vor dem Einzug ins Endspiel – und die Berliner haben noch Energie für mehr.

Wenn man „Prim“ rückwärts liest, dann kommt dabei „Mirp“ heraus. Und deswegen heißen Primzahlen, die auch rückwärts gelesen Primzahlen bleiben, „Mirpzahlen“. So sagt es zumindest Wikipedia. 37 ist zum Beispiel eine dieser äußerst seltenen Mirpzahlen: Nur durch eins und sich selbst teilbar, genau wie umgekehrt die 73.

Ist wahrscheinlich alles nur ein großer Zufall, dass 37 zugleich auch das Alter des betagtesten Profis und 73 das Alter des betagtesten Chefcoachs beim Finalturnier der Basketball-Bundesliga (BBL) in München ist. Aber nun ist es eben so, dass sich Oldenburgs Spielerlegende Rickey Paulding und Alba Berlins Trainergrande Aito Garcia Reneses derzeit wieder einmal mehr oder weniger direkt mit ihren Teams gegenüberstehen, im Halbfinale der besagten Saisonendrunde nämlich.

Da geht es natürlich um die Chance auf einen Titel, um Siege, um Punkte und um die Ehre, und von Mirpzahlen hat vermutlich sowieso noch nie jemand etwas gehört. Beim mehr als deutlichen 92:63-Hinspielsieg der Berliner am Montagabend in der Münchner Rudi-Sedlmayer-Halle wurde das Alter dann aber doch zum Thema. Das ließ sich nach den fast schon dramatisch einseitigen 40 Minuten auf dem Parkett auch schwerlich verhindern.

„Sie hatten heute ein bisschen mehr Dampf im Kessel als wir“, sagte Oldenburgs Spielmacher Braydon Hobbs nach der Begegnung. Und „ein bisschen“ muss im Hobbs’schen Jargon wohl so etwas wie „unfassbar viel“ bedeuten, zumindest wenn man auch seinem Ausblick auf das anstehende Rückspiel am Mittwoch (20.30 Uhr/Magentasport) etwas abgewinnen möchte: „Hoffentlich können wir das am Mittwoch ein bisschen verändern, das Spiel ein bisschen verlangsamen und uns nicht zu sehr Gedanken darüber machen, wie alt wir sind und wie alt sie sind.“

Von den beinahe biblischen 37 Jahren seines Teamcaptains Paulding ist Hobbs zwar selbst noch ein gutes Stück entfernt, doch die Dreißiger-Grenze hat er als einer von vier Profis im Oldenburger Turnierkader ebenfalls bereits überschritten. Und alle weiteren Rotationsspieler des Teams von Trainer Mladen Drijencic befinden sich ebenfalls schon am Ende ihre Zwanziger.

Bei den Berlinern sieht das anders aus. Leader Luke Sikma ist mit 30 Jahren bereits der älteste Spieler im Kader, gefolgt von Taktgeber Peyton Siva und Kapitän Niels Giffey mit jeweils 29 Jahren. Die weiteren Leistungsträger des Teams sind alle Mitte Zwanzig, dazu kommt mit Jonas Mattisseck sogar ein erst 20-Jähriger, der viel Vertrauen von Trainer Reneses erhält.

Die frischen Beine der jüngeren Profis – das hat sich im Laufe des Turniers bereits früh gezeigt – verschaffen ihren Teams in München nun einen echten Vorteil. Weniger nötige Vorbereitungszeit vor dem Turnier, um den Körper wieder auf Betriebstemperatur zu bringen, weniger Regenerationszeit während des Turniers, um den Körper bei dem immensen Programm an Spielen in Schuss zu halten – das hilft. Im ersten Duell zwischen den älteren Oldenburgern und den jüngeren Berlinern wurde das besonders deutlich.

„Die Berliner waren physischer“, sagte Oldenburgs Trainer Drijencic nach dem siebten Spiel innerhalb von zwei Wochen für beide Teams. „Zwei Tage sind für uns wenig zur Regeneration.“ Mit ihrer aggressiven Verteidigung sprengten die Berliner die körperlichen Grenzen der Oldenburger schon früh, ließen auch danach nicht locker und rollten so im Schnelldurchgang in Richtung Endspiel.

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Trainer Reneses sah es während des Spiels nicht einmal für nötig an, eine einzige Auszeit zu nehmen. Zurück blieb ein demoralisierter Gegner. „Ich glaube, wir haben unser Maximum erreicht“, sagte Oldenburgs Center Rasid Mahalbasic nach der Begegnung bei Magentasport. „Wir konnten die Konzentration und das Körperliche nicht 40 Minuten halten.“

Die Berliner wirken hingegen immer noch äußerst frisch. Das knackige Spielpensum sind die Knochen aus dem Alltag mit BBL und Euroleague ohnehin gewohnt, und der tiefe Kader zahlt sich spätestens jetzt ganz entscheidend aus. „Ich denke, mental sind viele Jungs ausgezehrt, aber körperlich ziehen wir einfach durch“, sagt Spielmacher Siva. Und an dieser Stelle kommt dann auch der alte Mann der Berliner ins Spiel: Chefcoach Aito Garcia Reneses.

Wer liegt denn da? Albas Peyton Siva (links) schaut genau hin.
Wer liegt denn da? Albas Peyton Siva (links) schaut genau hin.

© BBL-Foto/Imago

„Aito und unsere Trainer haben einen tollen Job gemacht, alles auszubalancieren, allen gleiche Spielzeit zu geben und uns die Pausen zu verschaffen, die wir brauchen“, lobt Siva. Tatsächlich musste kein Alba-Profi im Verlauf des Turniers bislang mehr als 30 Minuten bei einem der Spiele auf dem Parkett stehen. „Das ist schon das ganze Jahr seine Philosophie gewesen“, erklärt Siva das Coaching von Trainer Reneses: „Rausgehen, bis ans Maximum gehen, und dann den nächsten Spieler reinkommen lassen, der bis ans Maximum geht.“

Alba Berlins K.o.-Spiele beim BBL-Finalturnier

  • Viertelfinale, Hinspiel: Göttingen – Alba Berlin 68:93
  • Viertelfinale, Rückspiel: Alba Berlin – Göttingen 88:85
  • Halbfinale, Hinspiel: Oldenburg – Alba Berlin 63:92
  • Halbfinale, Rückspiel: Alba Berlin – Oldenburg (Mittwoch, 24. Juni, 20.30 Uhr)

Der Chef selbst sah es gewohnt nüchtern. „Heute haben wir das Level sehr gut über 40 Minuten gehalten“, freute sich Reneses nach dem Sieg. Im Viertelfinale gegen Göttingen war das seinem Team noch nicht wirklich gelungen. Dort waren die teils massiven Vorsprünge der Berliner nach Konzentrationsschwächen immer wieder zusammengeschmolzen. Am Montag jedoch ließ sich Alba nicht beirren und vergrößerte den Abstand Stück für Stück.

„Eine Ansage von Aito war es, jedes Viertel zu gewinnen“, berichtete Siva. Und weil er und seine Teamkollegen diese Vorgabe erfolgreich umsetzten, ist das Halbfinale nun im Prinzip schon vor dem Rückspiel entschieden. 29 Punkte müssten die Oldenburger wettmachen. Nie haben die Berliner unter Trainer Reneses in der BBL in dieser Höhe verloren, die letzte Niederlage in der Liga mit mehr als 30 Punkten Unterschied gab es im Oktober 2016 gegen München.

Das Berliner Ziel für Mittwoch lautet nun also: Im Turnier weiter ungeschlagen bleiben, mit einem guten Gefühl ins Finale gehen – und vielleicht sogar noch ein paar weitere Kräfte sparen. Der Gegner heißt ja schließlich auch Oldenburg und nicht Youngenburg.

Leonard Brandbeck

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