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Sie wollen doch nur spielen. Noch immer ist unklar, wann der Berliner Amateurfußball in die neue Saison starten kann.

© Imago/Sebastian Wells

Noch keine Entscheidung zum Saisonstart: Der Berliner Fußball muss weiter warten

Anfang kommender Woche entscheidet der BFV, wann wieder Fußball gespielt werden kann. Bis dahin prüft der Verband, ob die Vorgaben der Politik praktikabel sind.

Die Reaktionen auf die Hiobsbotschaft für den Berliner Amateurfußball fielen am Tag danach sehr unterschiedlich aus. Die moderate Variante wurde vom FSV Berolina Stralau via Twitter verbreitet: „Das lässt uns alle ratlos zurück.“ Etwas drastischer äußerte sich Blau- Weiß Friedrichshain, ebenfalls bei Twitter: „Wollt ihr uns eigentlich verarschen?“

Eigentlich hätte für die meisten Klubs in Berlin an diesem Samstag die Spielzeit 2020/21 beginnen sollen. Doch gerade mal zwei Tage vor dem geplanten Saisonauftakt wurden die Vereine von der Nachricht überrumpelt, dass alle Spiele unterhalb der Berlin-Liga ausfallen. Der Berliner Fußball-Verband (BFV) hat sich zu dieser drastischen Maßnahme entschieden, weil er eine schnelle Umsetzung des aktuellen Hygienekonzepts der Berliner Behörden für unmöglich erachtet hatte – und erst einmal Zeit gewinnen wollte.

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Wie es weitergeht, ist noch offen. Der BFV hofft, dass am kommenden Wochenende wieder gespielt werden kann. Am Freitag tagte er mit den Leitern der zwölf Bezirkssportämter, der Senatsverwaltung und dem Landessportbund. „Es geht in die richtige Richtung“, sagt Kevin Langner, der Geschäftsführer des BFV.

Die Experten des Verbandes wollen übers Wochenende prüfen, ob das Maßnahmenpaket der Verwaltung praktikabel ist oder nicht. Anfang der Woche wird das BFV-Präsidium dann eine Entscheidung treffen. In seiner Erklärung vom Donnerstag hatte der Verband sogar angedeutet, dass die Saison im schlimmsten Fall komplett ausfallen müsse.

Die Kritiker des Verbands fühlen sich bestätigt

Die Vereine jedenfalls wurden von der Absage kalt erwischt. Viele haben die Nachricht auch gar nicht vom BFV direkt erfahren, sondern zunächst auf dem Portal Fupa.net davon gelesen. Die Internetseite des Verbandes war über mehrere Stunden nicht aufzurufen.

Für die Kritiker der BFV-Führung passt das natürlich perfekt ins Bild. Nach dem Fiasko um den neuen Vizepräsidenten, der kurz nach seiner Wahl schon wieder zurücktreten musste, und der allgemeinen Unzufriedenheit angesichts der Coronavirus-Pandemie sehen sie in den aktuellen Geschehnissen ein weiteres kommunikatives Desaster des Verbandes.

Einer der prominentesten Kritiker von BFV-Präsident Bernd Schultz ist Gerd Thomas, der erste Vorsitzende vom FC Internationale. „Ich wollte mich eigentlich nicht mehr aufregen“, sagt er – und tut es dann natürlich doch. Wobei er nicht nur gegen den Verband wettert, sondern auch über „die völlige Unfähigkeit der Verwaltung“ klagt.

Mehr Spiele in kürzerer Zeit - das ist der Knackpunkt

Unabhängig davon, wer für die Verschiebung des Saisonstartes verantwortlich ist, die Behörden oder der Verband: Die überraschende Entwicklung zeigt, wie kompliziert sich für den Amateursport die Rückkehr in den Spielbetrieb gestaltet, wie wackelig viele Konzepte sind, die theoretisch funktionieren, in der Praxis aber auch schnell in sich zusammenkrachen können.

Nach jetzigem Stand erlauben einige der zwölf Gesundheitsbehörden lediglich zwei Spiele pro Tag und Anlage, weil sie nur so gewährleistet sehen, dass die Mindestabstände eingehalten und die Kabinen nach der Benutzung angemessen gereinigt und desinfiziert werden können. Unter dieser Voraussetzung sei kein geregelter Spielbetrieb zu gewährleisten, sagt der BFV. Dafür gibt es in der Stadt einfach nicht genügend Fußballplätze.

Am kommenden Wochenende, wenn im Idealfall wieder gespielt wird, sind zum Beispiel in der Inter-Arena vom FC Internationale insgesamt sieben Spiele angesetzt. Gerd Thomas, der Vorsitzende des Klubs, wundert sich daher, dass der Spielplan nicht von vornherein entzerrt worden ist – um einen Puffer zu schaffen, auch für den Fall, dass Spiele etwa wegen einer Covid-19-Erkrankung verschoben werden müssen. Thomas nennt die Regionalliga Nord als positives Beispiel. Sie spielt in der neuen Saison mit zwei Staffeln von je elf Mannschaften.

Weil im Frühjahr die Ligen ihren Betrieb einstellen mussten, ist in den meisten Fällen der Abstieg ausgesetzt worden. Dadurch sind die Ligen nicht kleiner, sondern größer geworden. In der Berlin-Liga zum Beispiel sind in dieser Saison 21 Mannschaften am Start. Und wegen des verspäteten Saisonbeginns bleibt ohnehin weniger Zeit – für nun noch mehr Spiele.

Auch in Bayern ist in dieser Woche der Saisonstart kurzfristig vom 5. auf den 19. September verschoben worden. Allerdings ist der Druck dort nicht ganz so groß. Anders als alle anderen Verbände haben die Bayern die Saison 2019/20 im Frühjahr nicht vorzeitig abgebrochen, sondern lediglich unterbrochen. Für die noch ausstehenden Spiele bleibt ihnen nun Zeit bis zum Frühjahr 2021.

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