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Hommage aus dem Block. Die Anhänger des FC Bayern verziehen Franck Ribéry zahlreiche Fehltritte – und brauchten einige Zeit, um mit Arjen Robben warmzuwerden.

© dpa

Noch einmal Robbery?: Finale fürs gemischte Doppel

Franck Ribéry und Arjen Robben haben beim FC Bayern eine Ära geprägt. Das Pokalfinale ist ihr letztes Spiel. Dürfen sie noch einmal zusammen auflaufen?

Es gab in den vergangenen Wochen viele Momente, die Arjen Robben und Franck Ribéry ihren nahenden Abschied vor Augen geführt haben. Interviews, Pressekonferenzen, natürlich der emotionale letzte Bundesliga-Spieltag, bei dem – wie vom Regisseur einer Hollywood-Schmonzette kitschig inszeniert – beide auch noch einmal ein Tor erzielten. Aber am Donnerstag war er dann tatsächlich da, der finale Arbeitstag in München – wenn man den Empfang am Sonntag auf dem Marienplatz nicht als solchen bezeichnet. Wie im vergangenen Jahr Jupp Heynckes wurden dieses Mal Robben und Ribéry verabschiedet. Beim Abschlusstraining standen die Angestellten Spalier vor dem Trainingsplatz, feierten die beiden mit Applaus und Luftballons.

Diese Geste zeigte, dass die Flügelzange nicht irgendeine Dekade beim Rekordmeister prägte, sondern die wohl erfolgreichste in der Vereinsgeschichte. Ribéry hat vorige Woche den neunten deutschen Meistertitel gewonnen, Robben den achten. Wenn die Münchner am Samstag in Berlin RB Leipzig schlagen, beendet der Franzose mit sechs Pokalsiegen seine Bayern-Karriere, der Niederländer mit fünf. Dazu kommen der Champions-League-Triumph sowie europäischer Supercup und Klub-WM im Jahr 2013.

Die gemeinsame Ära begann am 29. August 2009. Robben war ein paar Tage zuvor erst von Real Madrid zum FC Bayern gekommen, „der beste Schritt in meiner Karriere“, wie er heute sagt. Eingewechselt in der zweiten Hälfte der Partie gegen Wolfsburg, traf er bei seiner Premiere zweimal – jeweils auf Vorlage von Ribéry. „Es hat vom ersten Tag an Klick gemacht“, sagt der Niederländer, „auf dem Platz und außerhalb.“ Robben und Ribéry gehen als Freunde auseinander. „Was wir erlebt haben, ist etwas Besonderes“, sagt Robben, der in 308 Pflichtspielen für Bayern 144 Tore erzielte. Ribéry bringt es auf 124 Treffer in 424 Partien.

Der Franzose war zwei Jahre früher von Olympique Marseille nach München gewechselt – und er dribbelte sich auf Anhieb in die Herzen der Bayern und ihrer Fans. Dem Hitzkopf aus einem sozialen Brennpunkt der nordfranzösischen Hafenstadt Boulogne-sur-Mer verziehen die Anhänger fast alles: Aussetzer auf dem Platz, private Fehltritte wie die Affäre mit einer minderjährigen Prostituierten oder Handgreiflichkeiten, die letzte, die publik wurde, war jene gegenüber einem Fernseh-Experten aus Frankreich in dieser Saison. Der Verein unterstützte ihn in schwierigen Situationen, zu Uli Hoeneß entwickelte sich bald ein ganz besonderes Verhältnis.

Am vergangenen Samstag kamen dem Präsidenten oben auf der Tribüne die Tränen, als Ribéry gegen Hannover getroffen hatte. „Er ist eine spezielle Person für mich, er ist wie ein zweiter Vater. Ich kann nicht vergessen, was er und seine Frau für mich gemacht haben“, sagte der 36-Jährige, für den die Anerkennung seines Umfelds ebenso wichtig ist wie die Ansprache des Trainers. Ribéry sei ein „Wohlfühlspieler“, sagte Jupp Heynckes einmal, der es wie kein anderer Coach verstand, das Vertrauen des Franzosen zu gewinnen.

Robben zog aus der Niederlage gegen Chelsea die richtigen Schlüsse

Robben ist von dieser Harmonie, diesem Geliebtwerden nicht ganz so abhängig. Vielleicht wäre er ohne diese rationalere Sicht nicht derart gestärkt aus seiner größten sportlichen Krise herausgekommen, sondern daran zerbrochen. 2012, das Champions-League-Finale in München gegen Chelsea: Robben verschießt in der Verlängerung einen Strafstoß, die Bayern verlieren später im Elfmeterschießen 3:4. Ein paar Wochen zuvor war er vom Punkt bereits gegen Borussia Dortmund gescheitert – die Vorentscheidung im Kampf um die Meisterschaft.

Kurz nach dem verlorenen Champions-League-Finale trat Robben mit der niederländischen Nationalmannschaft in München an. Er wurde ausgepfiffen. Der „Spiegel“ bezeichnete ihn kurz danach als „Zumutung“ für die Kollegen. Jener Sommer 2012, gibt der Niederländer im „Kicker“ zu, war „eine brutale Phase“. Getrieben von seinem Ehrgeiz schien er alles um sich herum vergessen zu haben – und oft auch den besser postierten Kollegen, was ihm schließlich den Spitznamen „Aleinikov“ einbrachte.

Robben hat die richtigen Schlüsse aus dieser schweren Niederlage gezogen, sich gewandelt zum Teamspieler, der auch mal verteidigt. Ein Jahr später war er der Held, der Held von Wembley. Robben traf kurz vor Schluss im Champions-League-Finale gegen Dortmund zum 2:1-Sieg. Auf Vorlage von – natürlich: Ribéry. Die Fans texteten eine alte Schnulze von Matthias Reim („Ich hab geträumt von dir“) um. Seitdem schallte es im Stadion fast immer, wenn Robben am Ball ist: „Der Arjen hat’s gemacht.“

Ribéry und Robben, damals 30 und 29, waren an jenem Mai-Abend in London ganz oben angelangt. Es war die Krönung. „Als ich nach München kam, war das Buch offen“, sagte Ribéry am vergangenen Wochenende. „Jetzt ist es zu.“ Jedenfalls fast. Das Schlusskapitel, das letzte Finale, steht am Samstag noch aus.

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