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Auch in der DEL gibt es Pappaufsteller in den Hallen. Zuschauer sind nicht erlaubt.

© imago images/Eibner

Niveau der Liga höher als gedacht: Die DEL funktioniert – doch die Zukunft ist ungewiss

Unterhaltsame Partien, deutsche Nationalspieler in wichtigen Rollen, wenig Corona-Fälle: Im deutschen Profieishockey läuft es derzeit sehr ordentlich.

Es war ein schöner Anlass. Sebastian Furchner wurde nach einem Spiel seiner Grizzlys Wolfsburg nach seiner im Raum stehenden Vertragsverlängerung befragt. Der Kapitän der Niedersachsen antwortete, dass er wohl noch ein Jahr dranhängen werde an seine lange Karriere. „Denn so will ich nach 19 Jahren nicht aufhören. Denn das ist schon ganz schön traurig alles ohne Fans.“

Eine Nachfrage gab es nicht. Sie hätte womöglich auch nicht so ins schöne und auch geschönte Gesamtbild gepasst, dass die Spiele der Deutschen Eishockey-Liga (DEL) dieser Tage auf dem übertragenden Streamingdienst der Telekom abgeben. Der Laden läuft nämlich gut, auch ohne Zuschauer.

Die Liga ist bisher von großen Ausfallserien von Teams verschont geblieben, die Zahl der positiv auf das Coronavirus getesteten Beteiligten hält sich bisher in engen Grenzen. Auch erscheint das Niveau der Spiele sehr ordentlich, was nach dem späten Saisonstart im Dezember und zum Teil mangelnder Vorbereitung der Klubs kaum zu erwarten war.

Peter John Lee, Geschäftsführer der Eisbären, sieht es noch euphorischer: „Spielerisch ist das alles sehr gut, es macht richtig Spaß zuzuschauen.“ Und zum Zuschauen ist ja auch viel Zeit, zumal jeden Tag und selten parallel gespielt wird – was Magentasport und die Fans freut.

So viel Krefeld Pinguine wie in dieser Saison, bekam die Menschheit noch nie zu sehen: Denn sicherlich hat der Klub, der am Mittwoch in Berlin gastiert (18.30 Uhr, live auf Magentasport), aufgrund vieler wirrer Personalwechsel und abenteuerlichen Niederlagen großen Unterhaltungswert.

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Aber ganz im Ernst: Wer nur richtig gutes Eishockey sehen will, der schaltet lieber ein, wenn die Adler Mannheim spielen. Sie sind in der Liga die mit Abstand beste Mannschaft – angeführt wird ihre interne Scorerstatistik übrigens von den vier Nationalspielern Markus Eisenschmid, Matthias Plachta, Stefan Loibl und David Wolf.

Und es ist auch abseits von Mannheim erstaunlich, dass die deutschen Spieler in vielen Klubs inzwischen gut für Hauptrollen sind, was sich in der Ligastatistik abzeichnet. Ob es nun die Topscorer, die Torhüter mit den besten Werten, oder die stärksten Verteidiger sind: Fast überall sind im Lande ausgebildete Spieler mit vorn, was vor ein paar Jahren noch keine Selbstverständlichkeit war.

Das Bild gerät auch angesichts der vielerorts getätigten Nachverpflichtungen erfahrener ausländischer Profis noch nicht ins Wanken, was Bundestrainer Toni Söderholm erfreuen dürfte. Die Auswahl an Profis, die nach den in Übersee beschäftigten Größen wie Leon Draisaitl oder Tim Stützle, für internationale Aufgaben und Wettbewerbe – so sie dann mal wieder stattfinden sollten – in Frage kommen, ist größer denn je.

Die Champions Leage fehlt als Gradmesser

Es fehlt allerdings die Champions League als Gradmesser für die Spitzenteams der DEL im europäischen Vergleich. Aber der Wettbewerb ist der Vorsicht vor dem Virus zum Opfer gefallen, was das Eishockey vielleicht sogar ein wenig sicherer macht als den europäischen Fußball oder den Basketball – lange Reisen gibt es wenige.

In der Südgruppe der zweigeteilten Liga lassen sich für die sieben Teams alle Auswärtsreisen in kurzen Bus-Trips absolvieren, wobei es in der Nordgruppe da allerdings für einen Standort anders aussieht.

Von Berlin nach Krefeld und dann auch noch bei dem Wetter – das fährt sich nicht so fluffig. „Zur Zeit können unsere Reisen schon mal drei Tage dauern, weil wir dann auch schon zwei Übernachtungen einlegen müssen“, sagt Peter John Lee, Geschäftsführer des Tabellenführers der Nordgruppe.

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Die Eisbären können es sich angesichts ihres wohl gut funktionieren Kaders auch leisten, Verteidiger Stefan Espeland abzugeben. Der Norweger wechselte am Dienstag zu RB Salzburg.

Gefühlt ist die Liga den Fans also durch ihre Dauerpräsenz im Netz sehr präsent. Die Fernsehübertragungen funktionieren auch akustisch, die Geräusche auf dem Eis bilden eine gut verstärkte Soundkulisse. Die Bildeinstellungen gehen selten in die Totale, es wird sich mehr auf das konzentriert was da ist, als auf die Fans, die nicht da sein können.

Kaum noch Hoffnung auf Zuschauer in dieser Saison

Die fehlende Emotion von den Rängen ist trotzdem ein Faktor, der auch dem Eishockey zu schaffen macht. DEL-Geschäftsführer Gernot Tripcke hat schon gesagt, dass er für diese Saison nicht mit mehr mit der Rückkehr der Fans in die Arenen rechnet. Und die Saison ist ja noch lang, bis in den Mai hinein soll gespielt werden – ohne die Geduld der Anhänger würde allerdings kaum gespielt. „Viele Sponsoren und eben auch Dauerkartenbesitzer halten uns die Treue“, sagt Lee.

Das heißt: Nicht alle haben ihr Geld zurückverlangt, das aber birgt auch ein Problem in sich: Niemand weiß, wie es nächste Saison weitergeht. Die Bereitschaft, noch einmal für Tickets zu bezahlen, die keinen Stadionbesuch erlauben, dürften immer weniger Menschen haben.

Das Geld bei den Teams könnte noch knapper werden, trotzdem planen sie weiter: Am Dienstag reichten alle 14 Klubs ihre Lizenzunterlagen für die kommende Saison ein, dazu kamen Anträge der Zweitligisten Frankfurt, Kassel und Bietigheim.

Wird einer von ihnen Meister in der DEL2, könnte er aufsteigen. Dann müsste die Liga mit 15 Klubs an den Start gehen, einen Absteiger gibt es dieses Jahr in der DEL nicht. Aber das wäre sicher ein vergleichsweise geringes Problem gemessen an der aktuellen Situation im Lande.

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