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Colin Kaepernick flog vor drei Jahren aus der NFL.

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NFL-Chef Goodell bewegt sich auf Quarterback zu: Endlich wird Colin Kaepernick mit anderen Augen gesehen

Plötzlich erhält Colin Kaepernick von der NFL Zuspruch. Es ist eine späte Einsicht, denn er hat schon lange eine faire Chance verdient. Ein Kommentar

Ein Kommentar von Johannes Nedo

Es geschehen derzeit wirklich außergewöhnliche Dinge in der NFL. Nicht auf dem Platz, regulär würde die neue Saison im American Football erst im September beginnen. Sondern in der Chefetage der besten Football-Liga der Welt.

So hatte der NFL-Chef Roger Goodell kürzlich in einem Video als Reaktion auf die Anti-Rassismus-Proteste gesagt, die NFL gebe zu, „dass es falsch war, nicht schon früher auf die NFL-Spieler gehört zu haben“. Außerdem ermutigte der 61-Jährige alle, „sich zu äußern und friedlich zu protestieren“.

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Schon diese Aussage war bemerkenswert. Denn eigentlich gibt die NFL nie Fehler zu. Doch nun ist Goodell sogar noch einen Schritt weiter gegangen: Er hat sich für eine Rückkehr des ausgestoßenen Colin Kaepernick ausgesprochen.

Der Quarterback war 2016 der erste Spieler in der NFL, der bei der Nationalhymne kniete um gegen Polizeigewalt gegen Schwarze und Rassismus zu demonstrieren. Daraufhin ließen die Mächtigen der Liga, also Goodell und die Klubchefs, Kaepernick fallen. Vor allem wegen des Drucks von US-Präsident Donald Trump und aus Angst davor, dass sich viele weiße konservative Fans von der Liga abwenden könnten. Goodell hatte damals explizit gesagt, er unterstütze Kaepernicks Handeln nicht. Als 2017 dann Kaepernicks Vertrag in San Francisco auslief, bekam er keinen neuen – und fand auch keinen anderen Klub in der NFL.

Nun sagte Goodell: „Wenn er seine Karriere in der NFL fortsetzen möchte, braucht es ein Team, das diese Entscheidung trifft. Aber ich begrüße das und unterstütze einen Klub, der diese Entscheidung trifft.“

Roger Goodell, Chef der amerikanischen Football-Liga NFL, macht die nächste Kehrtwende.
Roger Goodell, Chef der amerikanischen Football-Liga NFL, macht die nächste Kehrtwende.

© dpa

Es ist eine späte Einsicht. Für den mittlerweile 32 Jahre alten Kaepernick bleibt nur zu hoffen, dass sie nicht zu spät kommt. Aber die Liga-Vertreter um Goodell haben angesichts der Demonstrationen nach dem Tod des Afroamerikaners George Floyd offenbar endlich erkannt, dass Kaepernick vor vier Jahren einfach seiner Zeit voraus war. Zumal er damals ja friedlich für seine Überzeugungen eingetreten ist.

Was Kaepernick 2016 angeprangert hat, prangern plötzlich fast alle Football-Funktionäre in den USA an. Für sein Knien und seine Gesellschaftskritik wäre er dieser Tage bestimmt nicht aus der NFL geflogen.

Kaepernick ist ein Mann klarer Prinzipien. Er hat immer betont, dass er gerne weiter Football in der NFL spielen würde. Aber nur, wenn er eine echte Chance bekommt – und wenn er weiter seine Stimme erheben kann. Colin Kaepernick hat eine faire Chance verdient. Und Roger Goodell kann es sich nun sowieso nicht mehr leisten, diesen Worten keine Taten folgen zu lassen. Sonst werden sich wirklich viele Fans von der NFL abwenden.

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