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Uli Hoeneß legte einen zahmen Auftakt als TV-Experte hin.

© dpa

Neuer Länderspiel-Experte: Uli Hoeneß kann immer noch brüllen

Beim 3:0-Sieg der deutschen Nationalelf gegen Island gibt Hoeneß lange einen zahmen Einstand als RTL-Experte. Am Ende kommt er dann in Fahrt. Eine Kritik.

Deutschland gegen Island? Da war doch mal was? Vor knapp 18 Jahren rumpelte sich die deutsche Nationalmannschaft in Island zu einem 0:0 in der EM-Qualifikation. Von einem absoluten Tiefpunkt sprach danach Ko-Kommentator Günter Netzer. Bundestrainer Rudi Völler wiederum konnte den „Scheißdreck“ nicht mehr hören. Das Spiel war, um im Jargon zu bleiben, scheiße. Die Besprechung danach recht unterhaltsam.

Am Donnerstagabend erhoffte sich vielleicht so mancher Fernsehzuschauer ein ähnliches Gegurke der deutschen Kicker im WM-Qualifikationsspiel gegen Island. Der Experte würde bestimmt kein Blatt vor den Mund nehmen: Uli Hoeneß, der Mann im deutschen Fußball, dessen verbale Ausbrüche so gefürchtet und viel diskutiert sind wie von niemandem sonst.

Doch es ist dann anders gekommen. Deutschland ließ das Bällchen hübsch zirkulieren und gewann locker mit 3:0. Kein neuer Tiefpunkt und wenig Anlass daher für Kritik. Im Gegenteil: „Sie haben von der ersten Minute an mit Vollgas gespielt“, sagte Hoeneß richtig.

Vermutlich aber sind von ihm in seiner Expertenfunktion ohnehin keine giftigen Aussagen zur Nationalmannschaft zu erwarten. Zahm war Hoeneß am Donnerstagabend, schon bevor der erste Ball gespielt wurde.

„Lieber Jogi, solange ein Timo Werner auf der Bank sitzt, kann es um den Zustand der Mannschaft nicht so schlecht stehen, oder was meinst du?“, umschmeichelte er das Team. Und seine Einschätzung zur Besetzung des Mittelfeldes, lautete schlicht: „Besser geht’s nicht.“ Die Aussage war womöglich auch damit zu erklären, dass besagtes Mittelfeld von den Bayern-Spielern Leon Goretzka und Joshua Kimmich gebildet wurde. „Sie haben das Spiel geprägt“, lobte er die beiden in der Halbzeit.

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RTL stellte die Experten-Personalie gar über das Spiel. Die Berichterstattung des Senders startete mit den Worten, dass „eine Fußballlegende wieder zurück auf großer Bühne“ sei und meinte damit natürlich Uli Hoeneß. Doch es stellt sich die Frage, ob RTL mit Hoeneß ein derart großer Coup gelungen ist, wie es der Sender kommuniziert.

Hoeneß mischt immer noch mit im deutschen Fußball. Zu Löw hat er einen engen Draht, und beim FC Bayern ist er Ehrenpräsident und Aufsichtsratsmitglied. Die Bindung zur Nationalmannschaft ist also eng. Sind bei dieser Konstellation kernig-krawallige Aussagen zu dem Team, wie sie sich RTL sicher wünscht, zu erwarten?

Wie gut für den Sender, dass es den Deutschen Fußball-Bund gibt, dessen Spitze sich seit Monaten streitet. Ein Trauerspiel sei das Verhältnis zwischen DFB-Präsident Fritz Keller und Generalsekretär Friedrich Curtius, schimpfte Hoeneß nach dem Spiel.

Letzterer sei überfordert. Es müsse personelle Konsequenzen geben, forderte der 69-Jährige und meinte damit wohl den Rücktritt von Curtius. Schon lange gehe es beim DFB nicht mehr um Fußball, sondern nur noch um Machtspiele. Da war er wieder, der brüllende Uli. Die RTL-Senderchefs werden aufgeatmet haben.

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