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Ein paar Nummern zu groß. Im Jahn-Sportpark kommt nur selten Stimmung auf – vermutlich wird das auch bei der VSG Altglienicke in der Regionalliga so sein.

© Kay Nietfeld/dpa

Neuer Berliner Regionalligist: Der Aufstieg zwingt die VSG Altglienicke zum Umzug

Die VSG Altglienicke ist erstmals in die Regionalliga aufgestiegen und muss dafür in den Jahn-Sportpark umziehen. Die Rückkehr nach Treptow ist aber schon in Planung.

Daniel Böhm ist der Stolz deutlich anzumerken. Mit seiner blau-weißen Trainingsjacke sitzt der Sportliche Leiter der VSG Altglienicke in einem Nebenraum der Vereinsgaststätte. Was für einen Stellenwert hat der Aufstieg in die Regionalliga für den Verein aus dem Südosten Berlins? Bei der Frage stockt Böhm kurz, denkt nach, wie er die rasante Entwicklung der vergangenen Jahre am besten in Worte fasst. „Dass wir mal in einem Punktspiel gegen einen Klub wie Energie Cottbus spielen dürfen, ist eine Sensation“, sagt Böhm. Vor zehn Jahren lagen noch acht Spielklassen zwischen beiden Vereinen. In der Lausitz empfing Energie den FC Bayern in der Bundesliga, während Altglienicke in der Kreisliga gegen die zweite Mannschaft von Stern 1900 spielte.

Wenn die Regionalliga Ende Juli in die neue Saison startet, treten beide Klubs erstmals in derselben Spielklasse an. Das hat einerseits mit drei Abstiegen der Cottbuser zu tun, andererseits aber auch mit dem Aufschwung der Volkssportgemeinschaft. In den vergangenen zehn Jahren gelangen den Altglienickern sechs Aufstiege, zweimal wurde der Klub Berliner Meister. Am Samstag kam durch ein 2:2 bei Lichtenberg 47 die erste überregionale Meisterschaft hinzu; in der Oberliga sicherte sich die VSG als Aufsteiger Rang eins. Mittlerweile sind die Spieler nicht mehr Handwerker und Büroangestellte, sondern semiprofessionelle Fußballer.

Da passte es ins Bild, dass die ehemaligen Unioner Torsten Mattuschka und Björn Brunnemann, die auch in der Regionalliga zum festen Gerüst der Mannschaft zählen werden, die beiden entscheidenden Tore zum Aufstieg erzielten. Anders stellt sich die Lage bei dem früheren Herthaner Lennart Hartmann sowie Francis Banecki dar, der für Werder Bremen einst zu einem Kurzeinsatz in der Champions League kam. Beide stehen künftig nicht mehr zur Verfügung.

Überhaupt gibt es einen großen Umbruch. Saisonziel könne erstmal nur der Klassenerhalt sein, sagt Böhm. Zehn Spieler verlassen den Verein, zahlreiche Neuzugänge sollen demnächst verkündet werden und seit Dienstag ist auch der nötige Trainerwechsel offiziell: Das bisherige Duo Simon Rösner und Dennis Kutrieb, das nicht über die für die Regionalliga erforderliche A-Lizenz verfügt, wird durch Miroslav Jagatic ersetzt. Der 40-jährige Berliner war zuletzt Co-Trainer der Nationalmannschaft von Myanmar.

Der Umzug nach Prenzlauer Berg soll nur eine Zwischenlösung sein

So sehr sich die VSG sportlich entwickelt hat, so sehr gerät der Verein infrastrukturell an seine Grenzen. Der Sportplatz in Altglienicke mit seinem kleinen Kunstrasen, den ein gegnerischer Trainer mal verächtlich als „angemalten Parkplatz“ titulierte, nennt sich zwar Stadion, hat damit aber nicht viel gemein. „Dass wir hier spielen, ist ausgeschlossen“, sagt Bauunternehmer Böhm.

Daniel Böhm in der Vereinsgaststätte, die an Spieltagen auch als kleiner Fanshop dient.
Daniel Böhm in der Vereinsgaststätte, die an Spieltagen auch als kleiner Fanshop dient.

© Graeber

In der kommenden Saison muss die VSG einen Schritt gehen, den sie unbedingt vermeiden wollte: raus aus dem Bezirk, ab nach Prenzlauer Berg. „Für ein Jahr müssen wir auf jeden Fall im Jahn-Sportpark spielen“, sagt Böhm. Das dortigen Stadion ist etwa 20 Kilometer von Altglienicke entfernt und mit fast 20.000 Plätzen viel zu groß. In der Oberliga wollten durchschnittlich 234 Zuschauer die Heimspiele der Altglienicker sehen. Ob diese Zahl in der Regionalliga deutlich steigt, ist fraglich. „Das ist sicher nicht unser Einzugsgebiet“, sagt Böhm.

Der Umzug nach Prenzlauer Berg ist für ihn nur eine Zwischenlösung. In der Saison 2018/19 will Altglienicke die Heimspiele wieder in Treptow-Köpenick austragen. Die Suche nach einem geeigneten Platz ist aber nicht einfach. Mit dem Bezirk ist der Verein seit Jahren in Gesprächen, um eine bestehende Anlage regionalligatauglich umzubauen. „Das Sportamt hat uns ein paar Plätze genannt, die in Frage kommen könnten“, sagt Böhm. Diese müssten nun auf ihre Tauglichkeit geprüft werden. Denn die Hürden für die Zulassung zur Regionalliga sind hoch. 3000 Zuschauer müssen in einem Stadion Platz finden, darunter auch 500 Gästefans in einem abgetrennten Block. Die Anzahl der Eingänge, die Größe der Kabinen, die Helligkeit des Flutlichts – all das ist vom Nordostdeutschen Fußballverband (NOFV) detailliert vorgegeben.

„Wir sind nicht da, um Fußball zu verhindern“, sagt dessen Geschäftsführer Holger Fuchs. Deshalb sei es gängige Praxis, Vereine auch dann zuzulassen, wenn sie einzelne Kriterien nicht erfüllen. Das gelte jedoch nur, wenn die Sicherheit nicht beeinträchtigt werde. „Es gibt sehr, sehr viele Bestimmungen, die in 80 Prozent der Spiele überhaupt nicht nötig sind“, sagt Böhm.

Am 23. Juni entscheidet der NOFV über die Zulassung, ein positiver Bescheid für die VSG gilt als sicher. Böhm hat auch schon eine ziemlich genaue Vorstellung davon, wie man eine regionalligataugliche Spielstätte herrichten könnte. „Wir planen mit einer portablen Tribüne“, sagt er. Mit Kosten von etwa 300 000 Euro müsse der Verein rechnen, die Finanzierung sei aber schon mit den Sponsoren abgestimmt. Solch eine Tribüne sei auch eine stabile Wertanlage und erhalte die Flexibilität. Denn die Bedürfnisse und Möglichkeiten eines Sportvereins können sich schnell verändern. Das weiß die VSG Altglienicke aus eigener Erfahrung.

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