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Am Dienstag wurde die neue Yacht von Weltumsegler Boris Herrmann zu Wasser gelassen.

© dpa/Team Malizia/Yann Riou

Neue Yacht zu Wasser gelassen: Weltumsegler Boris Herrmann ist bereit für das nächste Spektakel

Mit seiner neuen Seaexplorer will Herrmann die Herausforderungen auf hoher See noch besser meistern.

Die Spannung war förmlich greifbar. Nach einem Jahr Bauzeit ist am Dienstag die „Malizia 3“ zu Wasser gelassen worden, das neue Spielzeug von Boris Herrmann und seinem Team. Sie wird wie die Vorgängerin unter dem Namen „Seaexplorer“ an den Start kommender Rennen gehen. Das erste davon im November beginnend als Soloregatta über den Atlantik, gefolgt vom Ocean Race, das in mehreren Etappen und zu fünft an Bord um die Erde führen wird.

Bei zunächst regnerischen Bedingungen wurde der bunt lackierte Neubau von einem Kran in Lorient ins Hafenbecken gesetzt. Als Nächstes wird der 29 Meter hohe Mast gestellt und der obligatorische Kenterversuch durchgeführt. Dabei wird die 60-Fuß-Yacht flach aufs Wasser gedrückt, um das aufrichtende Moment zu messen, das dem Boot Stabilität gibt.

Vorab hatte Boris Herrmann gesagt, dass man die Chance vielleicht nur einmal im Leben bekomme, eine neue Imoca-Yacht mitzuentwickeln und nach eigenen Wünschen entstehen zu lassen. So zeigt die Neukonstruktion aus der Feder des führenden Designbüros VPLP deutlich, welche Lehren Herrmann aus dem vergangenen Vendée Globe gezogen hat.

Am auffälligsten ist der gewölbte „Löffel“-Bug, der zum Markenzeichen dieser jüngsten Imoca-Generation werden dürfte. Auch andere Neubauten weisen ihn auf. Er soll das Eintauchen in die Wellen bei hohem Tempo verhindern. Denn unter diesem Effekt hatte Herrmann beim Vendée Globe am meisten gelitten. Die starke Bremswirkung, die das Unterschneiden der Wellen zur Folge hatte, brachte das Rigg der „Seaexplorer“ immer wieder an seine Belastungsgrenze, weshalb der Segler das Tempo drosseln musste.

Das soll nun durch mehr Volumen in der Bugsektion verhindert werden. Ein Schritt, den zahlreiche Teams gehen, wie der Blick auf Jérémie Beyous „Charal“ oder Yannick Bestavens „Maitre Coq V“ zeigt.

Eigenwilliges Cockpit

Eigenwillig an der Malizia ist das Cockpit-Design, das eine schmale, geschlossene Hütte auf dem Achterdeck vorsieht, In der Form ein Novum unter den vielen Konzepten, die das Leben an Bord dieser Rennyachten halbwegs erträglich machen sollen. Da die Yacht allerdings sowohl solo als auch mit Mannschaft gesegelt werden soll, musste unter Deck mehr Platz geschaffen werden als bisher üblich. Boris Herrmann soll mit seinen 1,90 Meter Körpergröße sogar aufrecht stehen können.

Im vorderen Teil ist das Cockpit mit zwei exponierten Plexiglaskanzeln versehen, die den Ausblick nach allen Seiten erlauben. Von hier aus kann der Segler das Gerät steuern und – so ist zu hoffen – stundenlang bequem sitzen. Obwohl die vielen Ideen, die in den Bau der neuen „Seaexplorer“ eingeflossen sind, sich an diesem Dienstag noch nicht zeigen, ist das Boot ein Beweis dafür, dass auch eine ,deutsche’ Kampagne an dem technologischen Wettstreit dieser avantgardistischen Klasse teilnehmen kann.

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Das Geld dafür stellen Herrmanns alter Sponsor, der Logistikkonzern Kuehne und Nagel, sowie eine Reihe neuer Partner, wie die Zurich Versicherung und Schütz, bereit, ein deutscher Mittelständler, der unter anderem auf die Herstellung von innovativen Wabenkernmaterialien spezialisiert ist und das Deck der „Seaexplorer“ produziert hat. Denn längst geht es nicht mehr darum, Leistung zu erhöhen, indem Gewicht eingespart wird, sondern auch um nachhaltige Lösungen. Sie müssen höchste Qualitätskriterien erfüllen. Denn was nützt es, ein Bio-Boot zu bauen, wenn es den Herausforderungen der See nicht standhält?

Natürlich geht es an einem feierlichen Tag wie diesem nicht nur um die Zeremonie des Stapellaufs, sondern um die Möglichkeit, sich als großes Team zu inszenieren. Tatsächlich hat Herrmann seine bewährte Stammcrew sukzessive erweitert. Jene, die mit ihm vor sechs Jahren ins Imoca-Business eingestiegen sind, dürfen nun weiter mit ihm wachsen, während zusätzliche Kapazitäten in Kommunikation und Außendarstellung gesteckt werden.

Start eines "goldenen Zeitalters"

Zu einem ersten Spektakel dürfte die Taufe der Malizia am 7. September in Hamburg werden. Es war der ausgesprochene Wunsch Herrmanns, diesen Meilenstein seiner Karriere in seiner Wahlheimat zu präsentieren. Obwohl der Zeitplan knapp ist, gibt ihm die Überführungsfahrt Gelegenheit, wichtige Segelstunden auf dem nagelneuen Gerät zu sammeln. Begleitet wird der 41-Jährige voraussichtlich von der Crew, die ab Januar am Ocean Race teilnehmen wird – neben Co-Skipper Will Harris, 28, sind das bis jetzt Rosalin Kuiper, 27, und Bord-Reporter Antoine Auriol, 37.

Für die Imoca-Kultur mit ihrem innovativen Geist ist ein „goldenes Zeitalter“ angebrochen. Die „Seaexplorer“ könnte zu jenen Yachten gehören, die sein technologisches Versprechen einlösen.

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