zum Hauptinhalt
Absteiger. Die deutschen Nationalspieler verabschieden sich vorzeitig aus der ersten Klasse der Nations League.

© Ina Fassbender/dpa

Nations League: Darum steigt die Nationalmannschaft ab

Der 2:0-Sieg der Holländer gegen Frankreich besiegelt den deutschen Abstieg. Er passt zu diesem schrecklichen Jahr. Ein Kommentar.

Ein Kommentar von Stefan Hermanns

Der Schlusspfiff lag mehr als eine Stunde zurück, als Joshua Kimmich plötzlich etwas Wichtiges einfiel: Er wusste noch gar nicht, ob er mit der deutschen Fußball-Nationalmannschaft jetzt abgestiegen war oder nicht. „Wie ging denn das andere Spiel aus?“, fragte er nach dem eigenen 3:0-Sieg gegen Russland. Das andere Spiel war die Nations-League-Partie zwischen Holland und Frankreich, deren Ergebnis darüber entscheiden würde, ob die Deutschen vor dem finalen Gruppenspiel gegen Holland überhaupt noch eine Chance auf den Klassenerhalt haben würden. Kimmich war fälschlicherweise davon ausgegangen, dass das Spiel parallel zu dem der Deutschen stattgefunden hatte – der Ausgang aber hatte ihn offenbar bis dahin nicht im Geringsten interessiert. Das sagt einiges über die Bedeutung, die dem Wettbewerb innerhalb der Nationalmannschaft beigemessen wird.

Dass die Deutschen nun durch das 2:0 der Holländer gegen Frankreich - in Rotterdam trafen der Liverpooler Georginio Wijnaldum (44.) und Memphis Depay (90.+6, Foulelfmeter) von Olympique Lyon - tatsächlich abgestiegen sind, ist alles andere als gut fürs Image des deutschen Fußballs. Es passt auch zu diesem schrecklichen Jahr, in dem die Nationalmannschaft mit sechs Niederlagen rekordverdächtig schlecht war. Trotzdem wird der Abstieg nicht annähernd solche Wellen auslösen wie das desaströse Vorrundenaus bei der Weltmeisterschaft. Vielleicht flackert die Diskussion um Bundestrainer Joachim Löw noch einmal kurz auf – in echter Gefahr aber ist sein Job nicht. Nicht mehr.

Löw gibt Fehler zu

Löw hat diese Woche gesagt, es sei ein Fehler gewesen, die Nations League zu ernst genommen zu haben. Angesichts des drohenden Abstiegs hörte sich das wie eine billige Ausflucht ein. Doch Löw hatte Recht. Statt mit aller Macht in diesem Wettbewerb reüssieren zu wollen, um sich dadurch für das WM-Debakel zu revanchieren, hätte der Bundestrainer die Zeit besser genutzt, den nötigen Umbruch gleich nach der Weltmeisterschaft mit voller Energie voranzutreiben. Er entschied sich zum Durchwurschteln, bis ihm niemand mehr folgen wollte.

Die Verantwortung dafür liegt nicht bei ihm allein, sondern in erster Linie bei der Führung des Deutschen Fußball-Bundes (DFB), die sich im Frühling und Sommer dieses Jahres durch erschreckende Inkompetenz ausgezeichnet hat. Erst verlängerte Präsident Reinhard Grindel Löws noch ewig laufenden Vertrag. Dann warf er sich nach dem Vorrundenaus vor ihm in den Staub und bettelte um seinen Verbleib im Amt – anstatt erst einmal eine schlüssige Analyse einzufordern und eine Idee, wie der Bundestrainer denn aus der Krise herauszukommen gedenke.

Wahrscheinlich war es auch der kritischen Reaktion auf diesen Dilettantismus geschuldet, dass in jenen Tagen aus der DFB-Führung kolportiert wurde: „Aber wenn er in der Nations League absteigt, ist Löw weg.“ Damit hat der DFB zielsicher die falschen Prioritäten gesetzt. Dass die Nationalmannschaft trotzdem abgestiegen ist, ist ganz sicher nicht nur Pech.

Zur Startseite