zum Hauptinhalt
Bedient vom Debakel: Herthas Trainer Pal Dardai.

© Hartmann/AFP

Nach Herthas Debakel in Leipzig: Pal Dardai nimmt die Niederlage persönlich

Hertha BSC befindet sich im Griff einer für die Berliner fast chronischen Rückrundenschwäche. Trainer Dardai kündigt nun einen ehrlichen Dialog mit dem Team an.

Am Tag danach saß Pal Dardai in einem Fernsehstudio in München. Der Termin war lange vorher verabredet worden, er hatte mit dem Debakel, das seine Mannschaft am Vorband beim 0:5 in Leipzig erlebte, nichts zu tun. Vielleicht sei es für den innerbetrieblichen Frieden auch besser, dass nicht er als Cheftrainer von Hertha BSC das obligatorische Auslaufen am Sonntag leitete. Sagte Pal Dardai selbst. Womöglich wäre er sonst aus dem Frack gestiegen. War er doch schon direkt nach dem Spiel mächtig geladen. Grundsätzliche Kommentare hatte er sich da noch verbeten. Weil er die Sorge hatte, dass "ich jemanden beleidige oder Sachen sage, die nicht in Ordnung sind". Auf der gemeinsamen Rückreise im Mannschaftsbus soll es jedenfalls sehr still gewesen sein.

„Es war einfach ein Scheißspiel“, hatte Niklas Stark noch in Leipzig gesagt. Der Verteidiger war neben Torwart Rune Jarstein der einzige im Berliner Team, der eine noch höhere Niederlage verhinderte. Auch die anderen Profis gaben sich auffallend selbstkritisch. Vermutlich war das der einzige Weg, halbwegs aufrecht aus der schlimmem Nummer zu kommen. „Wir waren als Mannschaft nicht gut genug“, sagte Jarstein, „fünf Gegentore sind leider peinlich, eine richtige Erklärung, warum wir so aufgetreten sind, habe ich nicht.“ Valentino Lazaro zeigte sich „sehr enttäuscht von unserem Auftritt“. Karim Rekik sagte, dass „unsere Köpfe nach dem 0:3 unten“ waren, so habe man dann das vierte und fünfte Gegentor bekommen.

Dardais Assistent Rainer Widmayer, der das sonntägliche Auslaufen überwachte, ließ hingegen Milde walten. Ja, es habe „sehr weh getan“ und ja, es sei „das schlechteste Spiel“ gewesen in den gut vier Jahren, die er bei Hertha an der Seite Dardais wirkt. Aber nein, es bringe nichts, jetzt alles in Frage zu stellen. „Wir haben eine richtig gute Mannschaft, und wenn dann mal so etwas wie in Leipzig passiert, breche ich keinen Stab über sie“, sagte der 51 Jahre alte Schwabe, der Hertha im Sommer hauptsächlich aus familiären Gründen in Richtung VfB Stuttgart verlassen wird.

„Klar haben wir jetzt daran zu knabbern“, sagte Widmayer, Selbstkritik sei der erste richtige Ansatz. Jetzt gelte es, wieder das in der Vordergrund zu holen, was die Mannschaft sonst ausgezeichnet hätte.

Dardai: Das macht uns schon krank

Trotz der dritten Niederlage in Serie ist in der Tabelle nicht viel passiert für die Berliner. Hertha war vor dem Spiel und bleibt auch danach gefangen im Niemandsland. Weder nach unten noch nach oben geht noch viel. Und doch müssen die Berliner aufpassen, dass ihnen die Spielzeit nicht um die Ohren fliegt. Dann würde nämlich niemand mehr nach den wirklich guten Spielen fragen, die Hertha immer auch mal wieder einstreute in dieser Spielzeit - dies allerdings vorzugsweise im ersten Saisondrittel.

Mit der fünften Niederlage im zehnten Spiel seit Jahresbeginn scheint die Rückrunde für die Berliner nun endgültig jenen Dreh anzunehmen, den sie eigentlich unter allen Umständen verhindern wollten. Doch die fast schon chronische Rückrundenschwäche gehört zu Hertha wie der Funkturm zu Berlin. „Das macht uns schon krank“, sagte Dardai am Sonntag im Fernsehstudio.

In den bislang zehn Spielen der Rückrunde sind Hertha erst drei Siege und zwei Unentschieden gelungen. Zur selben Zeit in der Hinrunde konnte Hertha je vier Siege und Unentschieden und 16 Punkte verbuchen. „Gefühlt war es die größte Niederlage meiner Trainerkarriere“, sagte Pal Dardai noch in der Nacht von Leipzig. Am Dienstag werden er und die Mannschaft wieder zusammenfinden, die erste Trainingseinheit ist für den Nachmittag angesetzt. Dann wolle er „einen ehrlichen Dialog führen mit seinen Spielern“, wie er sagte. Er sei gespannt, wie die Mannschaft reagiert.

Gelegentlich ist Pal Dardai eine derbe Wortwahl nicht fremd. Bereits am Samstagabend in Leipzig konnte man sehen, wie die Niederlage ihn zusetzte. „Das hat weder nach Defensive noch nach Offensive ausgesehen“, war einer seiner wenigen Leipziger Sätze. Eineinhalb Jahrzehnte hat er aktiv für Hertha als Profi gespielt, ist immer noch Rekordspieler des Vereins und als Trainer jetzt auch schon rekordverdächtig lange dabei. Nur Christian Streich ist beim SC Freiburg als Trainer länger im Amt. In all den Jahren ist Dardai nicht unbedingt als Künstler aufgefallen, als Spieler war er ein fleißiger wie verlässlicher Kämpfer. Nichts hätte ihn damals mehr getroffen als der Vorwurf, zu lasch zu Werke gegangen zu sein.

Nächste Woche kommt Fortuna Düsseldorf

Diese Haltung, diese Einstellung ist mit in seine Trainertätigkeit eingeflossen. Auch deshalb war er vom mauen und mutlosen Auftritt seiner Spieler in Leipzig enttäuscht. Und genau das wird er sie auch schon noch wissen lassen.

Andererseits hat er sich als Trainer oft schon schützend vor seine Spieler gestellt, ob jung wie Arne Maier und Maximilian Mittelstädt oder erfahren wie Vedad Ibisevic und Salomon Kalou. Sie seien es schließlich, die auf dem Platz stünden und darüber entscheiden würden, wie lange ein Trainer im Amt bleibt. Denn das sei man nach seiner Überzeugung nach immer nur für sechs Wochen, egal, was im Vertrag steht, wie es Dardai immer mal wieder erzählt hat. Nach sechs Niederlagen sei man als Trainer weg vom Fenster.

So weit ist es noch nicht, aber Hertha muss jetzt schleunigst die Kurve kriegen. Am Samstag kommt Fortuna Düsseldorf ins Olympiastadion, was sich nach deren 3:1-Sieg über Mönchengladbach fast schon als Drohung anhört. Doch das Spiel bietet auch eine gute Chance. Das Hinspiel beim Aufsteiger im November hatte Hertha mit 1:4 verloren. Es gibt also einiges gutzumachen.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false