zum Hauptinhalt
Leere Blicke: Die Enttäuschung war nach dem verlorenen Finale gegen Spanien bei der deutschen U 21 groß.

© Miguel Medina/AFP

Nach der U-21-EM: Trübe Aussichten für den deutschen Fußballnachwuchs

Nicht so schlecht wie befürchtet, nicht so gut wie zwischenzeitlich gedacht: Eine kurze Bilanz des DFB-Nachwuchses nach dem verlorenen Finale der U-21-EM.

Es soll ja Leute geben, die eine U-21-Europameisterschaft als bloßes Schaufenster für Nachwuchstalente begreifen. Das kann man natürlich gerne glauben. Aber diesen Eindruck stimmig mit den enttäuschten Gesichtern der DFB-Spieler nach ihrer 1:2-Finalniederlage gegen Spanien übereinzubringen, verlangt dann schon eine ordentliche Portion kognitive Dissonanz. Torwart Alexander Nübel oder Verteidiger Benjamin Henrichs etwa konnten ihre Tränen gar nicht mehr wirklich einfangen – der Titel hätte den Spielern offensichtlich einiges bedeutet.

Letztendlich zählt in der Nachbetrachtung eines solchen Turniers ja aber immer viel mehr der Gesamtauftritt eines Teams. Er macht den Entwicklungsstand des fußballerischen Nachwuchses nicht nur greifbar, sondern anhand einer konkreten Platzierung sogar messbar. Die U 21 steht dabei natürlich besonders im Fokus, als ältester Jahrgang ist sie der A-Nationalmannschaft am nächsten. Das zeigt bereits ein Blick auf den EM-Kader, in dem Spieler wie Leroy Sané, Timo Werner, Julian Brandt oder Thilo Kehrer fehlten, weil sie längst fest bei Bundestrainer Joachim Löw eingeplant sind.

Vor dem Turnier gab es Zweifel, ob denn nicht andere Nationen den Deutschen inzwischen enteilt seien. Vor allem in den Jahrgängen darunter waren die Erfolge zuletzt – freundlich formuliert – überschaubar: Die U 17 scheiterte zweimal in der EM-Vorrunde, der U 19 gelang nicht einmal mehr die Qualifikation für das Turnier. Beim DFB wird deshalb inzwischen sogar das gesamte Ausbildungssystem in Frage gestellt, auch Löw äußerte sich vor dem Endspiel eher verhalten über das, was kommt.

Trübe Aussichten hin oder her: Die aktuelle U 21 legte bei der EM in Italien und San Marino einen guten Auftritt hin. Das Team von Trainer Stefan Kuntz spielte vor allem einen ansehnlichen und variablen Offensivfußball, erzielte die meisten Tore des Turniers und ging damit ziemlich souverän bis ins Finale durch. Mit der Qualifikation für die Olympischen Spiele im kommenden Jahr erreichte der DFB-Nachwuchs auch sein Kernziel.

Dass der deutschen Mannschaft dabei aber auch ein bisschen Losglück mit einer etwas leichteren Vorrundengruppe ohne Schwergewichte wie England, Frankreich oder Italien sowie mit Rumänien als Halbfinalgegner zugutekam, wurde dann jedoch bei der Finalniederlage am Sonntagabend deutlich. Spanien dosierte das Tempo klug, war offensiv deutlich ballsicherer und verteidigte in den Phasen, als das deutsche Team noch einmal drückte, wesentlich kompakter. Ein verdienter Titelgewinn, da waren sich am Ende eigentlich alle einig.

Die Europameisterschaft hat letztendlich gezeigt: Der deutsche Nachwuchs ist nicht so schlecht, wie viele vor dem Turnier dachten. Das Endspiel hat aber auch gezeigt: Der deutsche Nachwuchs ist nicht so gut, wie viele während des Turniers dachten.

Leonard Brandbeck

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false