zum Hauptinhalt
Mehr davon. Die Nationalmannschaft ist bereits für die EM qualifiziert, will gegen Nordirland aber trotzdem gewinnen.

© Leon Kuegeler/Reuters

Nach der erfolgreichen EM-Qualifikation: Die Nationalmannschaft will den Gruppensieg

Die Nationalmannschaft will die EM-Qualifikation mit einem Sieg gegen Nordirland abschließen. Ob Niklas Stark von Hertha BSC debütieren wird, ist fraglich.

Joachim Löw, der Bundestrainer der deutschen Fußball-Nationalmannschaft, hat den freien Vormittag für ein privates Seminar in angewandter Mathematik genutzt. „Es war, zugegeben, nicht ganz so einfach“, berichtete Löw, der versucht hatte, sich einen Überblick über die Modalitäten der Gruppenauslosung für die Europameisterschaft im kommenden Sommer zu verschaffen. Wer landet unter welchen Umständen in Lostopf eins, wer in zwei – und wenn ja, wie viele? Am 30. November findet in Bukarest der erste Durchgang der Auslosung statt, am 1. April womöglich noch ein zweiter – je nachdem welche Länder es über die Play-offs noch ins Teilnehmerfeld der EM schaffen.

Für Löw war das Seminar durchaus erhellend. Er weiß jetzt, dass der Modus mehr als kompliziert ist und dadurch alle Rechnerei unsinnig. Also verkündete er am Montag: „Wir wollen einfach das nächste Spiel gewinnen und die Gruppe vor Holland abschließen. Das wäre schön.“

Pfiffig. Der Bundestrainer weiß, dass ein Sieg gegen Nordirland den ersten Platz in der Quali-Gruppe sichert.
Pfiffig. Der Bundestrainer weiß, dass ein Sieg gegen Nordirland den ersten Platz in der Quali-Gruppe sichert.

© Uwe Anspach/dpa

Das nächste Spiel ist zugleich das letzte in der EM-Qualifikation. Doch weil Löws Mannschaft die Teilnahme an der Europameisterschaft seit dem 4:0-Erfolg am Samstag gegen Weißrussland ohnehin schon sicher hat, sehen sich Trainer und Spieler jetzt vor allem mit der Frage konfrontiert, ob das Spiel gegen Nordirland nicht eigentlich ziemlich egal sei. „Das darf uns auf gar keinen Fall egal sein“, entgegnete Leon Goretzka.

Die Antworten auf diese und ähnliche Fragen hörten sich in etwa so an wie vor zwölf und zehn Jahren, als die Nationalspieler in der Anfangszeit der Ära Löw in einer vergleichbaren Situation waren. Im Herbst 2007 schafften es die Deutschen als einziges Team, die Qualifikation für die Europameisterschaft schon drei Spieltage vor Schluss sicherzustellen. Vier Tage später traten sie in München gegen Tschechien an, den ärgsten Konkurrenten in der Gruppe. Natürlich versprachen alle Beteiligten, noch einmal alles zu geben. Und doch gab es am Ende eine 0:3-Niederlage, so dass die Tschechen das DFB-Team schließlich sogar noch auf Platz zwei verdrängten.

Es geht auch um eine Million Euro Extraprämie

Auch zwei Jahre später konnten sich die deutschen Nationalspieler nicht mehr so recht für den Höhepunkt nach dem Höhepunkt motivieren. Nachdem sie durch einen 1:0-Auswärtssieg in Russland die Qualifikation für die Weltmeisterschaft in Südafrika geschafft hatten, stand vier Tage später in Hamburg noch das letzte Gruppenspiel gegen Finnland an. Durch ein spätes Tor von Lukas Podolski reichte es immerhin noch zu einem 1:1-Unentschieden. Trotzdem wurde die Mannschaft mit Pfiffen aus der WM-Qualifikation verabschiedet.

„Ich glaube schon, dass wir sehr motiviert sein werden“, sagte Mittelfeldspieler Toni Kroos vor dem Duell mit den Nordiren. Durch den Sieg gegen Weißrussland haben sich die Deutschen wieder an den aufmüpfigen Holländern vorbeigeschoben und sich die Tabellenführung zurückerobert. Unter diesen Umständen sei es „das logische Ziel, die Gruppe zu gewinnen“, sagte Bundestrainer Joachim Löw. „Jetzt wollen wir das auch durchziehen.“ Durch den Gruppensieg würde sich die Mannschaft eine Zusatzprämie von einer Million Euro sichern. Mehr noch aber wäre es für die Deutschen eine Frage des Prestiges, doch noch vor den Holländern einzulaufen.

Mann mit Maske. Niklas Stark von Hertha BSC wäre einsatzbereit.
Mann mit Maske. Niklas Stark von Hertha BSC wäre einsatzbereit.

© Ralph Orlowski/Reuters

Der Erzrivale schien der Nationalmannschaft zuletzt weit enteilt, war für seine Entwicklung unter Bondscoach Ronald Koeman mit viel Lob bedacht worden, unter anderem nach dem 4:2-Sieg im September gegen die Deutschen in Hamburg „Es wäre schon wichtig für uns, wenn wir vor Holland bleiben“, sagt Kapitän Manuel Neuer. „Wir müssen das noch zu Ende bringen.“

Platz eins in der Gruppe würde auch die Selbstgewissheit der jungen Mannschaft stärken, bei der man noch nicht recht weiß, wie gut sie generell werden kann – und wie gut sie schon im kommenden Sommer bei der EM sein wird. „Wir sind eine hungrige Truppe, die sich entwickeln will“, sagte Mittelfeldspieler Goretzka.

Viele Möglichkeiten, dies in der Praxis zu tun, bleiben der Mannschaft nicht mehr: Nach dem Spiel gegen die Nordiren stehen im März noch zwei Tests (einer davon in Spanien) an und schließlich zwei weitere Begegnungen unmittelbar vor dem Turnier. Dementsprechend gilt es, jedes Spiel zu nutzen, um den nächsten Schritt in unserer Entwicklung zu machen“, sagte Goretzka. „Wir sind noch nicht da, wo wir hinwollen.“ Das liegt laut Bundestrainer Löw auch daran, dass die Mannschaft „ein schwieriges Jahr“ hinter sich hat, in dem es, bedingt durch viele Ausfälle fast schon „einen Umbruch im Umbruch“ gegeben habe.

Auch deshalb wird Löw davon Abstand nehmen, die Begegnung gegen Nordirland dazu zu nutzen, vor allem die bisherigen Ersatzleute spielen zu lassen. Ob Niklas Stark, der Innenverteidiger von Hertha BSC, nach neun vergeblichen Anläufen endlich zu seinem Debüt für die Nationalmannschaft kommen wird, ist fraglich. Löw zweifelt noch, ob er Stark nach dessen Nasenbeinbruch gegen die robusten und kopfballstarken Nordiren aufbieten soll. „Den einen oder anderen Wechsel“ werde es geben, kündigte er an. „Aber es ist gut, wenn eine gewisse Achse bestehen bleibt.“ Schließlich geht es noch um was.

Zur Startseite