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Der Ausklang: Das Olympiastadion während des letzten Wettbewerbs, der Sprintstaffel der Männer.

© dpa

Nach den Titelkämpfen in Berlin: Wie die deutsche Leichtathletik die EM nutzen will

Der Verband braucht besondere Ereignisse, um seine Sportart auch weiterhin ins Rampenlicht zu rücken.

Von Johannes Nedo

Jürgen Kessing hat in der vergangenen Woche viel über Berlin gelernt. Der Präsident des Deutschen Leichtathletik-Verbandes (DLV), im Hauptamt Oberbürgermeister des schwäbischen Städtchens Bietigheim-Bissingen, sagte etwa am Morgen nach der ersten deutschen Goldmedaille durch Zehnkämpfer Arthur Abele: „Kreuzberger Nächte sind lang, aber ich habe nun festgestellt, dass Berliner Nächte sehr kurz sein können.“

Kessing und seine DLV-Kollegen standen vor den Leichtathletik-Europameisterschaften unter großem Druck. Die Titelkämpfe mussten ein Erfolg werden. Nachdem das nun zweifellos geklappt hat, sagt der 61-Jährige: „Wir alle haben einen Schub bekommen, den wir in den nächsten Jahren auch nutzen werden.“

Die große Frage ist allerdings, wie die deutsche Leichtathletik den Schwung von Berlin tatsächlich weitertragen kann in die nächsten Jahre. Denn sicher ist: Der DLV braucht besondere Großereignisse, um seine Athleten ins Rampenlicht zu rücken und mit seiner Sportart weiter mediale Aufmerksamkeit zu erhalten. Auf internationale Meisterschaften wie die WM braucht der Verband als Ausrichter in absehbarer Zeit nicht hoffen. 2019 findet die Weltmeisterschaft in Doha im Emirat Katar statt, zwei Jahre später in Eugene im US-Bundesstaat Oregon. Für 2023 gelten Sevilla und Budapest als Favoriten und spätestens für 2025 träumt Sebastian Coe, der Präsident des Leichtathletik-Weltverbands IAAF, von der ersten WM in Afrika – etwa in der kenianischen Hauptstadt Nairobi. Realistisch gesehen wäre somit überhaupt erst 2027 die nächste WM in Deutschland möglich.

2019 steht ein nationales Großereignis an

Da in neun Jahren der von Kessing beschworene Schub längst verpufft sein dürfte, konzentriert sich der DLV bereits auf das nächste nationale Großereignis. Das steht in einem Jahr an – und orientiert sich an den European Championships. Am 3. und 4. August 2019 werden im Berliner Olympiastadion die deutschen Leichtathletik-Meisterschaften ausgetragen, eingebettet in eine Großveranstaltung mit dem Namen „Die Finals“.

Dabei werden zehn deutsche Meisterschaften zusammengefügt, fast wie zuletzt auf europäischer Ebene in Glasgow und Berlin. Gemeinsam mit den Turnern, Bogenschützen, Boxern, Modernen Fünfkämpfern, Schwimmern, Triathleten, Wasserspringern, Kanuten und Bahnradfahrern wollen sich die Leichtathleten einem großen Publikum präsentieren. Und wie bei den European Championships sieht sich die Leichtathletik auch für 2019 in Berlin als Zugpferd.

Außerdem haben die erfolgreichen ersten European Championships beim DLV und den anderen deutschen Verbänden das Interesse geweckt, sich für die nächste Auflage im Jahr 2022 zu bewerben. Ein Austragungsort steht dafür noch nicht fest. Es ist auch noch nicht klar, ob sie dann in zwei Städten oder nur in einer stattfindet. Jedenfalls sollen in Berlin, Hamburg und im Ruhrgebiet schon einige Sportfunktionäre darüber nachdenken, sich zu bewerben.

Zusätzlich in den öffentlichen Fokus könnte die deutsche Leichtathletik auch mit einer Aufwertung des Berliner Istafs in die Diamond League geraten. Das Format der Top-Serie soll reformiert werden und Berlin dabei eine Rolle spielen. Wenn all das klappt, würden Kessing und seinen Mitstreitern noch einige kurze Nächte bevorstehen.

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