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Für viele ist Real Madrids Comeback am Mittwochabend auch ein Beweis dafür, dass man an diesem Turnier nichts ändern muss.

© AFP/ Javier Soriano

Nach dem Rausch kommt der Kater: Rettet die Champions League vor der Entzauberung!

Die Champions League droht zu einer Super-League-Light zu werden. Kleine Vereine sind chancenlos. Dabei könnte eine kosmetische Reform helfen. Ein Kommentar.

Es war eine diese Nächte, die es eigentlich nur in der Champions League gibt. Manchester United gegen den FC Bayern 1999, Borussia Dortmund gegen Malaga 2013, Liverpool gegen Barcelona 2019, und nun auch Real Madrid gegen Manchester City 2022.

Man muss die Vereine nicht unbedingt lieben. Aber was Spektakel, Drama und fußballerische Pracht angeht, bleibt der große Europapokal ein nahezu perfekter Wettbewerb.

Für viele ist Real Madrids atemberaubendes Comeback am Mittwochabend auch ein Beweis dafür, dass man an diesem Turnier nichts ändern muss. In der letzten Woche kursierte etwa ein Gerücht, dass die Uefa den Hin- und Rückspiel-Modus im Halbfinale abschaffen und stattdessen eine Art Final Four einführen könnte, was vielerorts auf Skepsis traf.

Wie Real am Mittwoch erneut zeigte, sind es schließlich oft die Halbfinalrückspiele, die das meiste Drama, die meisten Emotionen bieten.

Doch nach dem Rausch kommt der Kater, und nun muss man auch zugeben, dass dieser Wettbewerb eben nicht nur perfekt ist. Er ist auch versteinert, berechenbar und von den abwechslungsreichen Jahren seiner goldenen Ära weit entfernt.

Real Madrid steht nun zum fünften Mal seit 2014 im Finale, und spielt dort nach 2018 schon wieder gegen Liverpool. Hätte City am Mittwoch gewonnen, hätte es zum dritten Mal in vier Jahren zwei englische Vereine im Finale gegeben, und zum sechsten Mal in zehn Jahren zwei Teams aus dem selben Land.

Die beste Lösung wäre es, die Gruppenphase abzuschaffen

Nationale Derbys waren einst eine Rarität im Europapokalfinale, nun sind sie Gang und Gäbe. Auch, weil die größten und reichsten Ligen im internationalen Vergleich immer mächtiger werden.

Eine Reform, auch eine kleine, kosmetische Reform, könnte helfen. In den letzten Jahren waren Villarreal, Ajax und RB Leipzig alle sehr nah an einem Finale dran. Mit einem Format, das für schwächere Teams etwas gnädiger wäre, hätten sie es wohl auch geschafft - zur Freude vieler Fußballfans.

Denn so dramatisch das Spiel am Mittwoch war, haben die allermeisten neutralen Anhänger eher Abneigung für Madrid und Manchester übrig.

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Die beste Lösung wäre nicht die Halbfinalrückspiele abzuschaffen, sondern die Gruppenphase. Wenn man zurück zum alten Knockout-Format kehren würde, dann gäbe es für Vereine wie Real, City oder Bayern endlich wieder eine reale Gefahr in den ersten Monaten der europäischen Saison, und damit wie in jedem anderen Pokalturnier auch eine bessere Chance für die Kleinen.

Ein solcher Vorschlag würde aber natürlich an der kalten Logik der Fernsehgelder scheitern. Stattdessen geht man mit den 2024 bevorstehenden Reformen eher in die andere Richtung. Und trotzdem sollen die Traditionalisten auch für andere Änderungen wie die Rückspiel-Abschaffung offen bleiben.

Ansonsten wird die Champions League nur zu einer Art Super-League-Light, und das wäre schade. Denn dieser unperfekt-perfekte Wettbewerb hat immer noch eine gewisse, einzigartige Magie. Und die gilt es noch vor der Entzauberung zu retten.

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