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Traurige Gestalten. Die Spieler von Hertha BSC verteidigten gegen die Bayern aufopferungsvoll, schieden aber dennoch aus dem Pokal aus.

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Nach dem Pokal-Aus gegen den FC Bayern: Hertha BSC: Stolz und müde

Hertha BSC bleibt nach der Niederlage im Pokal-Achtelfinale gegen Bayern München nicht viel Zeit zur Regeneration - jetzt geht es gegen Borussia Mönchengladbach.

Maximilian Mittelstädt sah arg zerrupft aus. Auf Socken und im Unterhemd stand er da, eine blaue Hertha-Decke über die Schulter gelegt. In seinen Armen, eingehüllt in die Decke, hielt er seine Fußballschuhe – wie eine fürsorgliche Mutter, die ihr Kind vor der Kälte schützt. Es sind ja auch besondere Schuhe. Es sind die Schuhe, mit denen der 21 Jahre alte Mittelstädt sein drittes Pflichtspieltor für Hertha BSC erzielte, sein erstes im heimischen Olympiastadion – und sein erstes gegen den großen FC Bayern München. Nicht mal drei Minuten waren im Achtelfinale des DFB-Pokals gespielt, als Mittelstädt nach einem Doppelpass mit Salomon Kalou von der Strafraumgrenze zum 1:0 für den Berliner Fußball-Bundesligisten traf.

Es war ein Moment, in dem zu erahnen war, wie Hertha dem Favoriten aus München beizukommen gedachte: mit schnellem Umschaltspiel, Entschlossenheit auf dem Weg nach vorne und Effektivität vor dem Tor – aber es blieb eben nur ein Moment in 120 Pokalminuten, an deren Ende die Münchner einen 3:2-Erfolg feiern konnten. "Um gegen Bayern zu gewinnen, braucht man einen perfekten Tag. Den hatten wir nicht", sagte Stürmer Davie Selke, der unmittelbar nach seiner Einwechslung und einem läppischen Fehler des Münchner Innenverteidigers Mats Hummels den zwischenzeitlichen Ausgleich zum 2:2 erzielt hatte und sein Team damit in die Verlängerung brachte.

Salomon Kalou: "Wir haben uns am Ende zu sehr zurückdrängen lassen"

Es war der zweite von insgesamt vier Torschüssen. Dem standen 23 der Bayern gegenüber. Und auch sonst deuteten – abgesehen vom knappen Endergebnis – alle statistischen Werte auf eine drückende Übermacht der Bayern hin. Ecken: 14:2. Ballbesitz: 74:26 Prozent. Passquote: 91:69 Prozent. Flanken: 34:4. "Wir haben uns am Ende zu sehr zurückdrängen lassen", sagte Salomon Kalou. "Wenn du den Bayern den Ball überlässt, werden sie irgendwann mit ihrer enormen Qualität durchkommen – genau das ist passiert.“"

Die Entscheidung: Kingley Coman (Nummer 29) köpft zum 3:2-Endstand aus Sicht der Bayern ein. Drei Herthaner können ihn daran nicht hindern.
Die Entscheidung: Kingley Coman (Nummer 29) köpft zum 3:2-Endstand aus Sicht der Bayern ein. Drei Herthaner können ihn daran nicht hindern.

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Herthas Spieler taten, was man gegen die Bayern tun muss: Sie gingen an und über die Grenze ihrer Leistungsfähigkeit, vor allem körperlich. "Die Mentalität war da, die Laufbereitschaft war da. Es stand eine Mannschaft auf dem Platz", sagte Verteidiger Niklas Stark. Aber die Berliner taten nicht das, was man gegen die Bayern tun muss, um sie zu schlagen. Sie waren zu wenig aktiv, anders als vor viereinhalb Monaten in der Bundesliga, als Hertha vor der Pause ein mindestens gleichwertiger Gegner war und erst in der zweiten Hälfte weit in die Defensive zurückgedrängt wurde – bei einer 2:0-Führung. "Es war nicht wie im September, wo wir auch mal mit dem Ball durchatmen konnten", sagte Trainer Pal Dardai. "Wir sind mit dem eigenen Ballbesitz nicht gut umgegangen. Vor dem Spiel war das Ziel 40 Prozent Ballbesitz. Das haben wir nicht hingekriegt."

Gegen Gladbach steht Lukas Klünter in der Startelf

In der Verlängerung sah sich sein Team nur noch in der Rolle des mehr oder weniger interessierten Zuschauers. Dardai berichtete von gerade noch zwölf Prozent Ballbesitz. Und trotzdem: "Du hast auch nicht fünf Stück gekriegt, dass du dich schämen musst." Bis Mittwoch war Hertha vier Mal hintereinander ungeschlagen (drei Unentschieden, ein Sieg) aus den Duellen mit den Bayern hervorgegangen. In der Liga wäre am Mittwoch ein fünftes Spiel hinzugekommen – weil es nach 90 Minuten 2:2 stand. "Wir haben sehr gut verteidigt, wenig Großchancen zugelassen und waren bis zum Abpfiff im Spiel", sagte Manager Michael Preetz. Aber im Pokal gibt es eben kein Unentschieden, sondern nur Sieg oder Niederlage.

Und so stand bei allem Stolz über den eigenen Eifer und den immensen Aufwand am Ende eben doch das Ausscheiden aus einem Wettbewerb, der für Hertha immer mehr zu einer unerfüllten Sehnsucht wird. "Es war ein richtiges Drecksspiel, weil wir viel laufen, oft doppeln oder trippeln mussten", sagte Per Skjelbred, der Arne Maier im defensiven Mittelfeld ersetzte. Maier wird auch am Samstag bei Borussia Mönchengladbach fehlen, ebenso der gesperrte Valentino Lazaro, für den Lukas Klünter sein Startelfdebüt geben wird. "Fußball ist eine schöne Sache, aber du hast nie eine Pause", sagte Dardai.

Die Frage ist, wie schnell seine Spieler nach der Anstrengung vom Mittwoch regenerieren. Der Substanzverlust war den Berlinern in der Schlussphase deutlich anzumerken. Kingsley Coman sah sich vor seinem Tor zum 3:2 von drei Berlinern umstellt, trotzdem hinderte ihn niemand entscheidend am Kopfball. "Es war ein seltsames Tor", sagte Maximilian Mittelstädt. "Keiner ist richtig hochgegangen. Vielleicht hat ein bisschen die Kraft gefehlt."

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