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Die Wege trennen sich. Carsten Schmidt (l.) verlässt Hertha BSC, Präsident Werner Gegenbauer muss klären, wie es weitergehen soll.

© Matthias Koch/Imago

Nach dem Abschied von Carsten Schmidt: Hertha BSC sucht die Zukunft

Der Rückzug von Carsten Schmidt trifft Hertha BSC mit ziemlicher Wucht. Wie es weitergeht, ist offen. Doch Fredi Bobic könnte noch wichtiger werden.

Dass Hertha BSC gerade einen Lauf hat, lässt sich wirklich nicht behaupten. Manche glauben inzwischen sogar, dass bei Hertha schief geht, was nur schief gehen kann. Und das selbst bei vermeintlichen Nebensächlichkeiten.

Im Sommer zum Beispiel ist der Trainingsplatz des Berliner Fußball-Bundesligisten auf dem Olympiagelände modernisiert und umgestaltet worden. Der Rasen hat jetzt Wembley-Qualität, und auch die Möglichkeit der Spionage von außen ist erheblich erschwert worden. Die Querseite des Platzes lässt sich bei Bedarf mit einer weißen Plane verhüllen, an der Längsseite wiederum sind mehrere hundert Hainbuchensträucher gepflanzt worden, die irgendwann zu einem natürlichen Sichtschutz zuwuchern sollen.

Hainbuchen sind sommergrün. Im Herbst verlieren sie ihre Blätter.

Auf den ersten Blick passt auch die Nachricht, die am Dienstag publik wurde, ins allgemeine Bild, das Hertha gerade abgibt. Carsten Schmidt, seit zehn Monaten Vorstandsvorsitzender, ist mit sofortiger Wirkung zurückgetreten. Das trifft den Verein mit einiger Wucht. Und vermutlich sind auch deshalb vor allem in den sogenannten sozialen Medien allerlei Spekulationen aufgekommen über die angeblich wahren Gründe für Schmidts Rückzug. Aber sie waren eben nur das: Spekulationen ohne Bezug zur Wirklichkeit.

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Schmidt, 58, hat das am Mittwoch in einer Pressekonferenz mit Herthas Präsident Werner Gegenbauer, 71, noch einmal nachdrücklich bestätigt. „Ich habe zu keinem Zeitpunkt irgendwelche Widerstände gegen Initiativen, die ich angestoßen habe, gespürt. Es gibt keinen Riss, es gab keinen Riss, es wird keinen Riss geben“, sagte der scheidende CEO. Schmidt nannte explizit „eine private gesundheitliche Herausforderung im engsten Familienkreis“ als Ursache für seinen Rückzug. Das „ist sehr belastend, war sehr belastend“, sagte er. Und auf Nachfrage nach seinem Befinden: „Mir geht’s schlecht.“

Sein Schritt war wohl unausweichlich, weil eine Situation entstanden sei, „die ich nicht nebenbei managen kann“, wie Schmidt erklärte. Eine ganze Weile habe man Lösungen gesucht, „die nicht zu finden waren“, ergänzte Gegenbauer, der sehr mitgenommen wirkte. Schmidt hatte sogar mit den Tränen zu kämpfen, als er über seine kurze, aber heftige Liaison mit Hertha sprach: „Es hat mich gepackt und wird mich auch nicht mehr loslassen.“

Sitzschutz auf Hertha-Art. Die neu gepflanzten Hainbuchen am Trainingsplatz schützen nur bedingt vor neugierigen Blicken.
Sitzschutz auf Hertha-Art. Die neu gepflanzten Hainbuchen am Trainingsplatz schützen nur bedingt vor neugierigen Blicken.

© Stefan Hermanns

Bevor Schmidt am 1. Dezember vorigen Jahres in Berlin angefangen hatte, gab es die Stelle eines CEO bei Hertha nicht. Wie es nun ohne ihn weitergeht, ist noch offen. Das gilt auch für die Frage, ob der Posten überhaupt neu besetzt wird – obwohl die Einrichtung dieser Stelle von Hertha vor einem Jahr als wichtige strukturelle Neuerung verkauft und eine solche Position im Verein schon länger als notwendig erachtet worden war.

Fürs Erste übernehmen die beiden verbliebenen Geschäftsführer Fredi Bobic (Sport) und Ingo Schiller (Finanzen) Schmidts bisherige Aufgaben. Bobic, der seit seinem Amtsantritt im Juni ohnehin immer mehr zum Gesicht des Vereins geworden ist, wird künftig zusätzlich für den Bereich Kommunikation zuständig sein und dadurch vermutlich noch stärker in der Öffentlichkeit stehen.

„Ich sehe die Geschäftsleitung sehr gut aufgestellt“, sagte Schmidt. Mit Bobic und Schiller verfüge sie über „starke, erfahrene Führungspersönlichkeiten im Fußball“. Daher mache er sich keine Sorgen, „dass das in ein Vakuum mündet oder in eine Situation, wo Hertha BSC auch nur ansatzweise nicht handlungsfähig ist“.

Bobic ist in den vergangenen Wochen, in denen Schmidt bedingt durch seine private Situation bereits eingeschränkt war, schon als eine Art CEO von Hertha wahrgenommen worden. Er hat – ähnlich wie Schmidt – mit großem Willen zur Veränderung seine Tätigkeit in Berlin begonnen. Über manche Gepflogenheit im Verein, über die Führungskultur und das Arbeitsklima auf der Geschäftsstelle etwa, soll er, nun ja, recht verwundert gewesen sein.

Der neue Sportvorstand hat einen ganzen Stab an Mitarbeitern mit zu Hertha gebracht. Die Frage, ob er künftig eine exponiertere Stellung im Klub einnehmen wird, liegt also auf der Hand. Werner Gegenbauer wollte sie trotzdem nicht beantworten.

Herthas Präsident möchte sich erst mit den zuständigen Gremien des Vereins in Ruhe über die künftige Aufstellung beraten. Man werde sich genau anschauen, wie es in der neuen Konstellation laufe, und mit der gleichen Sorgfalt vorgehen wie bei der Entscheidung für Schmidt im vergangenen Jahr.

„Wir brauchen weder gedanklich noch sonst irgendwelche Schnellschüsse“, sagte Gegenbauer. Und mit Blick auf den neben ihm sitzenden Schmidt: „Es wäre für uns beide ein Armutszeugnis, wenn das nötig wäre.“ Denn dass Hertha ein Chaosklub sei, „da kann ich mich auch nur totlachen“.

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