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Das war nichts. Marius Bülter, Nico Schlotterbeck, Niko Gießelmann und Sebastian Griesbeck nach dem 0:3 in Wolfsburg.

© REUTERS/Cathrin Mueller

Nach dem 0:3 des 1. FC Union: Urs Fischer lässt keine Ausreden gelten

Das 0:3 beim VfL Wolfsburg war eines der schlechtesten Spiele des 1. FC Union in dieser herausragenden Saison. Trainer Fischer geht kritisch mit seinem Team um.

Beinahe hätte der 1. FC Union am Samstag ein unwahrscheinliches Kunststück vollbracht. Die Berliner verloren 0:3 beim VfL Wolfsburg, absolvierten eines ihrer schlechtesten Spiele in dieser Saison – und hätten sich in der Tabelle dennoch beinahe um einen Platz verbessert. Das 6:0 vom alten, neuen und vermutlich ewigen Deutschen Meister FC Bayern gegen Borussia Mönchengladbach war eine kleine Hilfe für die Berliner im Rennen um Platz sieben, ist aber auch ein weiteres Indiz für ihre herausragende Saison.

Als einziges Team blieb Union in beiden Spielen gegen die Münchner ungeschlagen und selbst an schlechten Tagen lässt sich die Mannschaft nicht so abschießen wie die Gladbacher am Samstag. Das 0:3 in Wolfsburg war gemeinsam mit dem 2:5 in Frankfurt Unions höchste Saisonniederlage. „Erstaunlicherweise“, sagte Trainer Urs Fischer. „Waren wir nicht bereit für die Aufgabe.“ Erstaunlich nicht, weil man in Wolfsburg nicht verlieren kann. Erstaunlich, weil seine Mannschaft bisher mit einer Konstanz besticht, die ungewöhnlich ist für eine Mannschaft im zweiten Bundesliga-Jahr.

In Wolfsburg war davon insbesondere in der ersten Halbzeit nichts zu sehen. Im Spiel mit dem Ball gelang Union gegen das Pressing des VfL wenig und defensiv waren große Lücken in der sonst so kompakten 3-5-2-Aufstellung zu erkennen. Wolfsburgs Maximilian Philipp und Dreifachtorschütze Josip Brekalo bewegten sich geschickt zwischen den Linien und entzogen sich so immer wieder der Bewachung.

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„Natürlich hat sich Wolfsburg da gut bewegt, aber wenn die Ketten nicht zusammenarbeiten, ermöglichst du die Zuspiele in die Halbräume und dann wird es unheimlich schwer, das zu verteidigen“, sagte der Schweizer Trainer. So unorganisiert wie am Samstag waren die Berliner in mittlerweile 66 Bundesliga-Spielen selten zu sehen.

Fischer wollte deshalb nicht allzu viel über die „überragende, sensationelle Saison“ sprechen, sondern lieber über die enttäuschende Leistung beim ersten von drei Endspielen um die Europapokalteilnahme. „Am Urteil über die Saison wird sich nichts mehr ändern, aber es bringt uns nichts, uns jetzt dahinter zu verstecken“, sagte Fischer. „Wir können die Saison noch vergolden, aber Samstag haben wir es nicht gut gemacht, und das muss man auch klar und deutlich ansprechen.“

Christian Gentner verlässt den 1. FC Union am Saisonende.
Christian Gentner verlässt den 1. FC Union am Saisonende.

© Pool via REUTERS

Man könnte diese Haltung als Paradigmenwechsel bei Union interpretieren. Bisher verteidigte Fischer auch schwächere Spiele seiner Mannschaft meist und verwies auf die geringe Erfahrung auf diesem Niveau. Ganz nach dem Motto: Eine Niederlage bei einem Champions-League-Kandidaten ist für uns doch völlig normal. Doch vermutlich sind Fischers Äußerungen nicht Ausdruck der gestiegenen Erwartungshaltung, sondern seines guten Gespürs. Seine Spieler sollen sich nach dem souveränen Erreichen des Saisonziels bloß nicht auf der Vergangenheit ausruhen. Fischer will die Spannung hochhalten.

An den letzten zwei Spieltagen trifft Union auf Leverkusen und Leipzig. Die angespannte Personalsituation macht das Restprogramm sicherlich nicht einfacher. In Wolfsburg musste Fischer auf acht Profis verzichten, verlor beim Aufwärmen Robert Andrich und Ende der ersten Halbzeit Marcus Ingvartsen. Besonders in der Offensive sind die Optionen verletzungsbedingt sehr begrenzt.

Als Ausrede will Fischer die vielen Ausfälle aber nicht gelten lassen. „Ich glaube nicht, dass wir auf dem Zahnfleisch gehen“, sagte der Schweizer. Aber natürlich seien die Spieler gegen Ende der Saison nicht mehr frisch. „Unser Motor läuft seit dem ersten Spieltag hochtourig, in Wolfsburg brauchten wir eine Halbzeit, um ihn zum Laufen zu bekommen“, sagte er.

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In Leverkusen könnten einige Rückkehrer Starthilfe geben. Max Kruse wird nach überwundenen muskulären Problemen wohl wieder eine Option für die Startelf, die Blessuren von Andrich (Probleme am Nagel des großen Zehs) und Ingvartsen (Sprunggelenk) sind auch nicht allzu schwerwiegend. Zudem könnte Stürmer Taiwo Awoniyi nach fast dreimonatiger Verletzungspause in den Kader zurückkehren.

Für Grischa Prömel (muskuläre Problemen) könnte die Saison hingegen schon beendet sein. So wird es umso mehr auf Christian Gentner ankommen – in seinen letzten beiden Spielen für Union. Wie der Verein am Sonntag mitteilte, verlässt der Routinier die Berliner nach Ablauf seines Zwei-Jahres-Vertrages am Saisonende.

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