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Gebrauchter Tag. Hertha-Verteidiger Niklas Stark sah nicht nur beim Eigentor unglücklich aus.

© Federico Gambarini/dpa

Nach dem 0:3 bei Schalke 04: Hertha BSC sucht die defensive Stabilität

Drei Spiele, kein Sieg, acht Gegentore - Hertha BSC hat sich den Saisonstart anders vorgestellt. Immerhin weiß Trainer Covic, woran er arbeiten muss.

Als ehemaliger Fußballer konnte Ante Covic der Versuchung natürlich nicht widerstehen. Der Ball lag genau vor seinen Füßen, also nahm er ihn in seine Hände, als er zu seiner finalen Tour über den Platz aufbrach. Ein kurzer Plausch mit Mathew Leckie, ein Handschlag hier, schließlich erreichte er das Schiedsrichterteam, dem er ordnungsgemäß den Spielball übereignete. Es war das letzte Mal an diesem Nachmittag, dass die Gäste aus Berlin niedere Handlangerdienste leisteten.

Die Spieler von Hertha BSC hatten zuvor kräftig mitgeholfen, dass sich der FC Schalke 04 mit einem guten Gefühl in die Länderspielpause verabschieden konnte: der erste Sieg der neuen Saison, die ersten Tore. Eins schossen die Hausherren selbst, das abschließende 3:0 durch Außenverteidiger Jonjoe Kenny, die anderen beiden lieferte Hertha zu. Innenverteidiger Niklas Stark grätschte den Ball kurz vor der Pause zum 0:1 ins eigene Tor; kurz nach der Pause tat es ihm Innenverteidiger Karim Rekik gleich, der seinen Fuß in einen Schuss von Guido Burgstaller hielt. „Der Ball geht daneben und wir hauen ihn selber rein“, sagte Trainer Covic. „Im Moment muss der Gegner nicht viel machen, um gegen uns zu treffen. Das müssen wir schleunigst abstellen.“

Drei Spieltage sind in der Fußball-Bundesliga vorüber, doch schon jetzt glaubt Covic, dass sein Team „Pech und Pannen für die ganze Saison“ aufgebraucht habe. Zwei Eigentore, zwei Elfmeter gegen sich – ja, ein bisschen Pech ist auch dabei, aber die Pannen sind auch selbstverschuldet. Und so stehen die Berliner, die mit ihrem neuen Trainer, mit frischen Ideen und verheißungsvollen Spielern hoffnungsfroh in die Saison gestartet waren, schon jetzt ziemlich belämmert da. „In der Vorbereitung haben wir so gut performt, dass wir Hoffnung auf mehr hatten“, sagte Covic. „Das ist nicht angenehm und auch für mich Neuland.“

Hertha ist unter dem neuen Trainer noch ohne Sieg in der Bundesliga, hat nun zwei Mal hintereinander 0:3 verloren und in drei Spielen acht Gegentore kassiert. „Es ist klar, worauf der Fokus in den nächsten beiden Wochen liegen muss“, sagte Covic. Nicht mehr auf mitreißendem Offensivfußball, für den der neue Trainer eigentlich stehen sollte, sondern auf defensiver Stabilität. Die Auftritte der Mannschaft gäben ihm vor, was zu trainieren sei, erklärte Covic. Und im Moment ist das vor allem die Sorge vor zu vielen Gegentoren: „Mit dem Schnitt wird es schwierig, Spiele zu gewinnen. Da wäre ich doch naiv, wenn ich nicht daran denke, wie wir im hinteren Bereich als Verbund besser stehen.“

So paradox es klingt: Die beiden unglücklichen Eigentore lenken den Blick sogar ein wenig von den eigentlichen Problemen ab. Natürlich war es in letzter Instanz Pech, dass ein eigener Spieler den Ball ins Tor lenkte, aber beide Male waren den Treffern erhebliche Versäumnisse in der Defensive vorausgegangen. Vor allem vor dem 0:2. Marvin Plattenhardt trat aus dem Halbfeld eine Flanke, schaffte es aber nicht, den ersten Schalker Verteidiger zu überwinden – einen Pass später war Herthas komplette Defensive ausgehebelt.

Covic kritisiert die Zweikampfführung

„Uns sind zu viele Dinge durchgerutscht“, sagte Niklas Stark. „Wir haben es nicht geschafft, Druck auf den Gegner aufzubauen.“ Nur zu Beginn rückte Hertha weit vor, um die Schalker früh zu attackieren. Doch nachdem diese sich relativ leicht aus den Pressingsituationen befreit hatten, zogen sich die Berliner intuitiv zurück und überließen dem Gegner die Initiative. „Wir haben keinen Zugriff bekommen und die angreifenden Schalker nicht rechtzeitig verteidigt. So hat Schalke viele Meter gemacht“, sagte Rechtsverteidiger Lukas Klünter.

Trainer Covic bemängelte, dass die Abstände beim Spiel gegen den Ball zu groß gewesen seien, dass die Mannschaft sich zu breit aufstelle. „Dadurch kriegen wir die Leute nicht Mann gegen Mann“, sagte er. „Aber unsere Zweikampfführung war in den entscheidenden Momenten auch nicht gut, gerade im letzten Drittel nicht.“

Hertha fehlt im Moment das Gespür für Gefahr. Vier der acht Gegentore fielen nach Umschaltmomenten des Gegners. Vor dem 0:2 gegen Schalke, nach Plattenhardts missglückter Flanke, bildeten nur Stark und Rekik die Absicherung gegen einen möglichen Konter; sie versäumten es, Marko Grujic als Verstärkung hinzuzuziehen. „Du musst nur miteinander sprechen“, klagte Covic. „Aber alle sind im Moment so mit sich beschäftigt, dass sie nur nach dem Ball schauen und diesen Rundumblick nicht haben.“

Am Sonntagmorgen bat Herthas Trainer die Mannschaft zur audiovisuellen Aufarbeitung des Spiels in Gelsenkirchen. Er zeigte den Spielern die neuralgischen Szenen und bat sie um Auskunft, was genau sie sich in diesen Situationen gedacht hätten. Wirklich erhellend waren die Antworten nicht: „Der eine oder andere erkennt sich auch nicht wieder.“

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