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Der 23 Jahre alte Jatta hat alle 16 Spiele in dieser Saison absolviert und gehört zu den Stützen der Hamburger Offensive.

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Nach Anklage der Staatsanwaltschaft: Der Fall Jatta könnte zum ligaweiten Problem werden

Der Hamburger SV ist durch die Anklage gegen Bakery Jatta in der Zwickmühle. Soll der Verein ihn weiterhin einsetzen oder vorerst auf die Tribüne beordern?

Der Hamburger SV ist durch die Anklageerhebung gegen Bakery Jatta in der Zwickmühle. Soll der Fußball-Zweitligist den Flügelstürmer weiterhin einsetzen oder aufgrund der ungewissen juristischen Lage vorerst auf die Tribüne beordern? Denn kommt es zu einer Verurteilung des Gambiers, der nach Ansicht der Hamburger Staatsanwaltschaft nur aufgrund einer falschen Identität eine Aufenthaltserlaubnis erhalten haben soll, kann es kompliziert werden. Spiele könnten nach Protesten gedreht werden, die Tabelle würde dann durchgerüttelt.

Die Deutsche Fußball Liga (DFL) müsste Jatta bei einer Verurteilung die Spielerlizenz aberkennen. In dem Falle stände fest, dass der Profi „nie eine Spielberechtigung hatte. Er hätte dann folglich vom HSV nicht eingesetzt werden dürfen“, sagte Rechtsanwalt Benjamin Keck von der Kölner Kanzlei Steinrücke Sausen.

Die Einspruchsfrist gegen Niederlagen oder Unentschieden in Spielen gegen den HSV mit Jatta beträgt zwei Tage. Lediglich bei Spielmanipulationen oder dem Einsatz gedopter Spieler gilt laut Spielordnung der DFL die Zwei-Tage-Frist nicht in der Form. Proteste können schon jetzt vorsorglich eingelegt werden.

Ob Einsprüche berechtigt sind, wird sich entscheiden, wenn das Amtsgericht Altona die Anklage zulässt und Jatta im weiteren Verlauf verurteilt werden sollte. Dann müsste die DFL sieglose Spiele der Konkurrenten, die protestiert haben, in ein 0:2 gegen den HSV umwandeln. Da sich das Verfahren aber lange hinziehen wird, sitzen DFL und der Deutsche Fußball-Bund in der Bredouille. Wie soll eine abgelaufene Saison mit Aufsteigern und Absteigern korrigiert werden, wenn die neue Spielzeit schon läuft? Dafür gab es noch keinen Präzedenzfall.

Auf Jatta zu verzichten wäre Trainer Walter kaum recht

Möglich ist, dass der HSV mit jedem kommenden Gegner eine Einigung in der Form trifft, dass dieser auf einen Protest gegen einen Jatta-Einsatz verzichtet. Ob die Rivalen mitspielen, ist jedoch ungewiss. Die Alternative: Der HSV verzichtet auf den Gambier. Das wäre Trainer Tim Walter jedoch kaum recht.

Der 23 Jahre alte Jatta, der nach Ansicht der Staatsanwaltschaft Bakary Daffeh heißen und 26 Jahre alt sein soll, hat alle 16 Spiele in dieser Saison absolviert und gehört zu den Stützen der Hamburger Offensive. Mit seiner Geschwindigkeit auf der Außenbahn schafft er es wie kaum ein anderer, hinter die Angriffsreihen der gegnerischen Mannschaft zu kommen und den Ball vors Tor zu bringen.

Gegen Jatta, der weder als Foulspieler in der Liga bekannt ist noch andere Ressentiments der Konkurrenten auf sich gezogen hat, werden sich mögliche Proteste auch nicht richten. Doch auf Solidarität mit ihm und dem HSV sollten die Hanseaten nicht hoffen. Wenn es um Platzierungen, TV-Geld, Aufstieg oder Abstieg geht, hört die Nächstenliebe im knallharten Fußballgeschäft auf. „Fußball ist so kommerzialisiert, dass ein Geschäftsführer die Entscheidung nicht völlig frei treffen kann“, sagte Keck, der als Fachanwalt für Arbeitsrecht auf die Sportbranche spezialisiert ist.

Es droht eine saftige Geldstrafe

Um Jatta zu schützen, wäre auch folgendes Szenario denkbar: eine Auflösung seines Vertrags beim HSV. Jatta könnte in diesem Fall ins Ausland gehen und dort seine Karriere fortsetzen. Sein Vertrag in Hamburg läuft bis Sommer 2024.

Bei einer möglichen Verurteilung Jattas wäre nach Erwachsenem-Strafrecht eine Haftstrafe wegen Vergehen gegen das Aufenthaltsgesetz ein denkbarer Schuldspruch. „Im Jugendstrafrecht steht jedoch der Präventionsgedanke im Vordergrund“, sagte Keck. Deshalb liefe es wohl auf eine saftige Geldstrafe hinaus.

Sollte sich herausstellen, dass Jatta bei Beantragung eines Aufenthaltstitels in Deutschland nicht wie angegeben 17, sondern 20 Jahre alt war, gilt er als Heranwachsender bis 21 Jahre - immer noch ein Fall für den Jugendrichter. Dieser fällt die Entscheidung über die Anwendung des Jugend- oder Erwachsenenstrafrechts. (dpa)

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