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Gebrauchter Tag. Münchens Torwart Manuel Neuer muss öfter hinter sich greifen, als ihm lieb sein kann.

© Uwe Anspach/AFP

Update

München verliert in Frankfurt deutlich: Höchste Niederlage seit zehn Jahren – FC Bayern am Boden

Eintracht Frankfurt zerlegt die Bayern beim 5:1 in ihre Einzelteile. Jérôme Boateng bekommt die Rote Karte. Trainer Kovac gehen die Argumente aus.

Allein schon der Gesichtsausdruck. Für Menschen, die es nicht mit dem FC Bayern München halten, war er schlichtweg: unbezahlbar. Wie Uli Hoeneß da auf der Ehrentribüne der Frankfurter Arena saß, der Kopf so rot angelaufen wie der Schal, den er um den Hals trug, mit leerem Blick und offensichtlich richtig dickem Hals. Für den scheidenden Präsidenten muss sich der Samstagnachmittag tatsächlich wie eine nicht enden wollende Tortur angefühlt haben. 1:5 unterlag der ruhmreiche FC Bayern, seines Zeichens deutscher Fußball-Rekordmeister, am 10. Bundesliga-Spieltag bei Eintracht Frankfurt. Für den stolzen Klub war es höchste Niederlage seit mehr als zehn Jahren. Am 26. April 2009 hieß es ebenfalls 1:5, seinerzeit gegen den von Felix Magath trainierten VfL Wolfsburg. Dem Brasilianer Grafite gelang ein Traumtor mit der Hacke, das den Rauswurf von Jürgen Klinsmann extrem beschleunigte.

Vielleicht muss man diese Geschichte noch einmal aus den Archiven holen, um die Dimension der samstäglichen Bayern-Niederlage einzuordnen: Wenn die Münchner, nach eigenem Selbstverständnis noch immer ein europäischer Topklub, 1:5 verlieren, wird es für jeden Trainer eng. Sogar wenn Präsident Uli Hoeneß höchstselbst Trainer wäre.

Es gehört also nicht viel Fantasie zu der Prognose, welchem Protagonisten in den nächsten Tagen die Schlagzeilen gehören werden: Niko Kovac, dem verantwortlichen Cheftrainer. Hoeneß und der Aufsichtsratsvorsitzende Karl-Heinz Rummenigge verließen den Ort des Schreckens am Samstag jedenfalls ohne das handelsübliche Treuebekenntnis, dem im Regelfall wenig später eine Entlassung folgt. Das Führungsduo des Vereins, normalerweise um keinen Spruch verlegen, sagte zum Spiel genau so viel wie Sportdirektor Hasan Salihamidzic: gar nichts.

Kovac selbst wusste natürlich, dass sich seine Situation nach der Niederlage an alter Wirkungsstätte dramatisch verschlechtert hatte. „Ich bin nicht blauäugig. Ich habe im letzten Jahr nicht aufgegeben und werde auch jetzt nicht aufgeben“, sagte er zu seiner Zukunft, die vor der kommenden Englischen Woche ungewisser denn je wirkt. Am Mittwoch treffen die Bayern in der Champions League auf Olympiakos Piräus, am Samstag dann auf Borussia Dortmund.

„Die nächsten Tage werden sehr, sehr unruhig“, sagte Manuel Neuer

Ob Kovac dann noch auf der Bank sitzt? Der Auftritt in Frankfurt lieferte ihm jedenfalls nicht viele Argumente, die Dienstreise nach Hessen geriet schnell zu einem Fiasko. Nach einer frühen Roten Karte gegen Jérôme Boateng, der bereits nach zehn Minuten zum Duschen gehen durfte, fehlten Biss, Kampf und Entschlossenheit. Am Ende waren die Bayern noch gut bedient mit dem Resultat: Allein Kapitän Manuel Neuer verhinderte mit tollen Paraden in Halbzeit zwei eine noch höhere Niederlage. In weiser Voraussicht prognostizierte Neuer nach dem Abpfiff schließlich: „Die nächsten Tage werden sehr, sehr unruhig.“

Durch die Demontage in Frankfurt fielen die Bayern nicht nur vier Punkte hinter Tabellenführer Gladbach zurück, sondern wurden auch von den Mitbewerbern aus Leipzig und Dortmund überholt. Vor 51 500 Zuschauern hatten Filip Kostic, Djibril Sow, David Abraham, Martin Hinteregger und Goncalo Paciencia den Bayern mit ihren Toren schwer zugesetzt. „Ich gehe enttäuscht und traurig in den Bus“, sagte ein schwer gezeichneter Kovac. Schon vor dem 1:5 war der Coach wegen einer unsouveränen Spielweise immer stärker in die Kritik geraten, in Frankfurt half auch das standesgemäße Tor von Robert Lewandowski nicht weiter.

Überhaupt hätten die Gefühlswelten in der ausverkauften Frankfurter Arena nicht weiter auseinanderliegen können. Auf der einen Seite zelebrierten die Gastgeber einen Feiertag. „5:1 gewinnt man nicht jeden Tag, das ist nicht alltäglich“, sagte Trainer Adi Hütter, der vergangenen Sommer Kovac beerbt hatte. Über seinen Kollegen, der sich im Gegensatz zu seinen Bossen und den Profis allen Mikrofonen stellte, sagte der Österreicher: „Ich habe Mitgefühl mit Niko Kovac. Er ist ein hervorragender Trainer.“

Frankfurts Fans sahen die Gemengelage weit weniger diplomatisch. „Einer geht noch, einer geht noch rein“, höhnten die Eintracht-Fans nach dem 3:1. Dass es sogar noch zwei weitere Tore wurden, dürfte für den Puls von Uli Hoeneß nicht gerade förderlich gewesen sein. (dpa)

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