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Bei der Mitgliederversammlung des 1. FC Union herrschte Stadionatmosphäre.

© imago images/Contrast

Mitgliederversammlung beim Bundesliga-Aufsteiger: Der 1. FC Union präsentiert Rekordzahlen

Beim 1. FC Union läuft es nicht nur sportlich, auch wirtschaftlich wächst der Aufsteiger. Die Konkurrenz hat aber weiter einen großen finanziellen Vorsprung.

Bei Mitgliederversammlungen kann es schon mal ungemütlich zugehen. Wenn es zwischen Fans und Vereinsführung Differenzen gibt oder der Klub sportlich enttäuschend abschneidet, entlädt sich der Unmut häufig bei dem alljährlichen Zusammentreffen. Beim 1. FC Union entlud sich am Mittwoch in einer Veranstaltungshalle in Friedrichshain vor allem eins: Freude. „Es ist die erste Mitgliederversammlung als Bundesligist“, sagte Dirk Zingler.

Unions Präsident hatte den Aufstieg seit Jahren als mal mehr, mal weniger mittelfristiges Ziel genannt und präsentierte den Mitgliedern wie erwartet erneut Rekordzahlen.

Nie zuvor hatte Union in einer Spielzeit so viel eingenommen wie in der Aufstiegssaison 2018/19 (54,687 Millionen Euro), damit wurde die Planung um fast sieben Millionen übertroffen. Auch die Zahl der Sponsoren (452), der Mitarbeiter (306) und der Mitglieder (34 681) stieg deutlich.

Das gilt jedoch auch für die Ausgaben. Allein 18,228 Millionen Euro ließ sich der Klub seine Lizenzspieler kosten, insgesamt blieb ein leichter Überschuss von 248.000 Euro übrig. Unions Gesamtbilanz – neben dem Verein gibt es auch die Stadionbetriebs-AG, eine Verwaltungs GmbH und eine Veranstaltungs GmbH – weist eine leichte Reduktion der Verbindlichkeiten (44,361 Millionen) und des negativen Eigenkapitals (8,997 Millionen) im Vergleich zum Vorjahr aus.

Zingler sieht darin allerdings kein Problem. „Unsere stillen Reserven übersteigen das negative Eigenkapital um ein Vielfaches“, sagte Zingler und bezieht sich dabei etwa auf das Stadion, weitere Immobilien und die Marketing- sowie Catering-Rechte, die sich im Vereinsbesitz befinden.

Der Schuldenabbau steht nicht oben auf der Prioritätenliste

So steht der Schuldenabbau auch weiter nicht sonderlich weit oben auf der Prioritätenliste. „Es ist nicht unser Ziel, am Ende des Jahres Millionengewinne zu schreiben“, sagt Zingler. „Wenn ich wachsen will, muss ich investieren und nur sportlicher Erfolg schafft wirtschaftliche Stabilität.“

Dementsprechend plant Union für die aktuelle Saison mit deutlich höheren Ausgaben. Für den Profikader sind etwa neun Millionen Euro mehr veranschlagt als in der Vorsaison, auch der Etat der Jugend erhöht sich auf 3,1 Millionen Euro. Das wird vor allem durch die deutlich gestiegenen TV-Erlöse möglich. Im Vergleich zur vergangenen Zweitligasaison kassiert Union nun mit knapp 36 Millionen Euro mehr als doppelt so viel aus der Fernsehvermarktung.

Insgesamt kalkulieren die Verantwortlichen mit Einnahmen und Ausgaben in Höhe von jeweils knapp über 74 Millionen. Bemerkenswert ist die Entwicklung insbesondere beim Blick in die nähere Vergangenheit. Nahezu alle wirtschaftlichen Kennzahlen haben sich in den vergangenen fünf Jahren mindestens verdoppelt.

In der Bundesliga steht Union finanziell dennoch deutlich weiter unten in der Tabelle, als dies momentan sportlich mit Platz elf der Fall ist. Der Jahresumsatz des FC Bayern München ist zehn Mal so hoch, doch auch vermeintlich kleine Vereine wie Augsburg, Mainz und Freiburg liegen weit vor Union. „Wir sind wirtschaftlich noch meilenweit davon entfernt, eine Etablierung in der Bundesliga im Handumdrehen zu erreichen“, sagte Zingler.

Dies sei ein Prozess, der wie in der Zweiten Liga viele Jahre dauern werde und nicht ohne Hilfe zu schaffen sei. Der Verein arbeite seit mehr als 20 Jahren mit verschiedenen Investoren zusammen, dabei handle es sich um Banken, Institutionen oder auch Einzelpersonen – wie etwa der Unternehmer Michael Kölmel, der den Verein 1998 vor der Insolvenz bewahrte und dem Union immer noch 8,7 Millionen Euro schuldet. „Ohne Investoren wären wir nicht in der Bundesliga“, sagte Zingler.

Auch die unerfreulichen Vorkommnisse beim Derby waren Thema

Auf dem Weg zu einem etablierten Bundesligisten wäre der Klassenerhalt ein wichtiger erster Schritt. Trotz der zuletzt exzellenten Ergebnisse mahnt Zingler aber vor zu viel Euphorie: „Wir sind positiv überrascht und auch stolz, aber wir haben noch gar nichts erreicht. Wir sollten nicht anfangen zu spinnen, unser Ziel bleibt der Klassenerhalt.“

Perspektivisch stehen für Union neben der sportlichen Entwicklung vor allem zwei Infrastrukturprojekte im Fokus. Für den Stadionausbau von 22 000 auf 37 000 Plätze rechnet der Verein im Sommer 2020 mit Planungsrecht, Ende 2020 könnte dann Baurecht bestehen. „Dann schauen wir, was wir machen“, sagte Zingler. „Wir wollen aber so schnell wie möglich ein größeres Stadion haben.“ Etwas weiter ist Union beim neuen Nachwuchsleistungszentrum, anvisierter Baubeginn sei nun im Sommer 2020.

Auch die unerfreulichen Vorkommnisse beim Derby waren bei der Mitgliederversammlung ein Thema, insbesondere das Überrennen der Sicherheitskontrolle durch einige Union-Anhänger und das Betreten des Rasens durch Vermummte, die erst von den eigenen Spielern zurückgehalten werden konnten. Dieses Fehlverhalten sei inakzeptabel und „ein Schlag ins Kontor“, sagte Zingler. Momentan laufe die Auswertung der Videoaufzeichnungen. Man befinde sich im Austausch mit der Szene, klar sei jedoch, dass Sanktionen folgen würden. „Es wird Stadion- und Hausverbote geben“, sagte Zingler. Zudem werde geprüft, ob auch organisatorische Veränderungen nötig seien. 

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