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Das war nichts. Lewis Hamilton und Mercedes erlebten in Hockenheim einen gebrauchten Tag.

© AFP

Mercedes' Probleme in Hockenheim: Die Freude über den Kontrollverlust

Das in dieser Saison so dominante Mercedes hatte beim Hockenheimring einen schwachen Tag, sehr zur Freude des Publikums und der Konkurrenz.

Von David Joram

Auf der Strecke tanzten die niederländischen Fans, auf dem Podium strahlte Max Verstappen, ihr Held. Neben ihm standen Sebastian Vettel und Daniil Kvyat, auch sie strahlten. Das Trio, das dort so freudig erregt Champagner trank und noch mehr verspritzte, durfte als Beweis für ein außergewöhnliches Formel-1-Rennen in Hockenheim herhalten. Der Sieger, Verstappen, gewann es trotz Fahrfehlers. Der Zweite, Vettel, war vom letzten Platz gestartet. Und der Dritte, Kvyat, lag vor dem elften Saisonlauf in der Gesamtwertung auf Platz 14. Außergewöhnlicher als all dies war aber die Tatsache, dass es dieses Mal kein Auto von Mercedes unter die ersten drei geschafft hatte.

Als Vettel, der Ferrari-Pilot, nach dem Rennen im vierten Stock des Baden-Württemberg Centers Platz nahm, um dort die Fragen zu seiner großartigen Aufholjagd zu beantworten, starrte er eine ganze Weile auf den Bildschirm mit den Endergebnissen. Und tatsächlich fehlten die Namen von Lewis Hamilton und Valtteri Bottas ganz vorne im Tableau.

Im Regen von Hockenheim hatte das in dieser Saison alles kontrollierende und dominierende Team die Kontrolle verloren. Die Autos der Fahrer rutschten hilflos über die Strecke, die Fans lärmten vor Freude. „Ich bin auch nur ein Mensch. Das war ein Fehler, Fehler passieren“, sagte Hamilton nach einem Rennen, das die 61.000 Zuschauer angesichts der vielen kleinen und großen Dramen in Ekstase versetzt hatte. Den Höhepunkt lieferte ihnen schließlich Hamilton. Als er ins Schlingern geriet und das zweite Mal weit vom Kurs abkam, grölten sie begeistert. Auf eine weitere Mercedes-Demonstration hatte in Hockenheim offenbar niemand Lust.

Für Hamilton war nicht mehr als Platz elf drin. Weil die beiden Alfa-Romeo-Fahrer Kimi Räikkönen und Antonio Giovinazzi nachträglich eine 30-Sekunden-Strafe wegen unerlaubter Starthilfe aufgebrummt bekamen, rückte er noch auf Platz neun vor. Doch das blieb nur ein schwacher Trost für Mercedes – zumal Valtteri Bottas vorzeitig ausschied. „Es ist nicht peinlich, es ist Motorsport. Manchmal bekommt man einen Schlag auf die Nase. Das sind die Dinge, aus denen man lernen muss. An diesen Tagen werden wir besser“, sagte Mercedes-Teamchef Toto Wolff, der wenigstens im Nachgang um Kontrolle bemüht war. Auf der Strecke und in der Box – Hamilton verlor fast eine Minute beim Warten auf seinen frischen Frontflügel – hatte nichts funktioniert.

Eine Wende im WM-Kampf war das kaum

Das Heimrennen der Silberpfeile, die ihre 125-jährige Motorsportgeschichte gern anders gefeiert hätten, lässt für den weiteren Saisonverlauf ein bisschen hoffen. Darauf, dass wenigstens die Dominanz von Lewis Hamilton und Valtteri Bottas nachlässt. Von mehr träumt derzeit niemand, zu groß sind die Abstände im Gesamtklassement von Max Verstappen (162 Punkte) und Sebastian Vettel (141) auf den Führenden Hamilton (223). Und auch die Ausnahmesituation in Hockenheim mag zwar Schwächen bei Mercedes offenbart haben, eine entscheidende Wende gegen den langweiligen WM-Kampf war sie kaum.

Mit der Formel 1 verhält es sich derzeit ja ein bisschen so wie mit dem Wetter. Die heißen Auftritte von Mercedes wirkten lähmend auf den Rest des Feldes. Eine sportliche Dürre war eingezogen in die Königsklasse des Motorsports, die Mitbewerber wie Fans auszulaugen drohte. Zehn Saisonrennen fanden bis zu diesem Sonntag in Hockenheim statt, neunmal standen Mercedes-Fahrer ganz oben, auf dem Podium waren sie sowieso immer vertreten – bis zum Großen Preis von Deutschland, ausgerechnet. Nun, im nordbadischen Regen, hat sich die Formel 1 wieder frisch gemacht. Nicht mehr, aber auch nicht weniger.

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