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Lukas Podolski hat mit der deutschen Nationalmannschaft gute Erfahrungen in der mittelasiatischen Steppe gemacht.

© dpa

Meine Champions League: Mit Lukas Podolski in Asiens Steppe

Der FK Astana ist einer der reichsten Klubs der Welt. Zum ersten Champions-League-Heimspiel reist Galatasaray Istanbul mit Lukas Podolski an.

Wer fliegt schon gern in die mittelasiatische Steppe? Die Reise ist lang und das Ziel nicht unbedingt schwer angesagt. Lukas Podolski aber hat sich gefreut, als seinem neuen Klub Galatasaray Istanbul vor ein paar Wochen der FK Astana als Gegner für die Gruppenphase der Champions League zugelost wurde. Also hat er das Mobiltelefon rausgeholt und den Tweet „Can’t wait!“ auf die Reise geschickt, dazu ein Foto des berühmtesten aller Söhne der stolzen Nation Kasachstan. Es handelt sich dabei weder um den Radfahrer Alexander Winokurow noch um Nursultan Nasarbajew, den von Allah auserwählten Staatspräsidenten auf Lebenszeit, sondern um … Borat! Den vom britischen Komiker Sacha Baron Cohen ersonnenen Fernsehreporter, der die Gebräuche und Gewohnheiten in den Vereinigten Staaten ermitteln soll und doch vor allem seine Heimat als Hort des ewigen Hinterwäldlertums preist.

Die kasachische Regierung fand das vor neun Jahren gar nicht komisch. Als dann aber infolge des weltweiten Hypes um den Kinofilm die Zahl der Kasachstan-Reisenden um das Zehnfache stieg, bedankte sich der Außenminister persönlich bei Cohen. Borat hat das riesige Land zwischen dem Kaspischen Meer im Westen und dem Altai-Gebirge ein bisschen berühmter gemacht. Nichts anderes haben die Kasachen mit dem Sport im Allgemeinen und dem FK Astana im Besonderen im Sinn. Nachdem es mit der Bewerbung um die Olympischen Winterspiele 2022 nicht ganz geklappt hat, geht Nasarbajew jetzt in der Champions League auf einen Image-Werbefeldzug. Der FK Astana ist gerade sechs Jahre alt und doch einer der reichsten Klubs der Welt. Als Besitzer firmiert der staatliche Investmentfonds Samruk-Kazyna, er verwaltet strategische Vermögenswerte im Gesamtwert von geschätzt 100 Milliarden Dollar.

Beim ersten Champions-League-Heimspiel ist Lukas Podolski zu Gast

Anders als bei der unter anderem von Sir Norman Foster verantworteten Gestaltung der Hauptstadt hält sich Nasarbajew beim Fußball noch zurück. Der FK Astana ist ein Ensemble mäßig bis gar nicht bekannter Profis aus Kasachstan, Osteuropa und Afrika. Über die Stationen Maribor, Helsinki und Nikosia erreichte der Staatsklub in diesem Sommer zum ersten Mal die Gruppenphase der Champions League. Die Premiere ging vor zwei Wochen nur knapp mit 0:2 bei Benfica Lissabon verloren. Am Mittwoch nun richtet Astana gegen Lukas Podolski und Galatasaray sein erstes Heimspiel aus.

Für die kasachischen Fans ist das eine schöne Sache, für die Champions League bedeutet es eine Verschiebung ihrer Ostgrenze um 2000 Kilometer. So weit entfernt liegt Astana von Kasan, der Hauptstadt der autonomen Republik Tatarstan, deren Klub Rubin zuvor den östlichsten Pflock eingeschlagen hatte. Die kasachische Kapitale befindet sich ungefähr auf demselben Längengrad wie Kabul und Mumbai. Gespielt wird am Mittwoch um 18 Uhr, was in der Champions League ungewöhnlich früh ist und doch recht spät in Astana, das der Mitteleuropäischen Sommerzeit um vier Stunden voraus ist.

Sven Goldmann schreibt immer dienstags in den Spielwochen der Champions League über Kicker, Klubs und Klassiker in Europas Fußball.
Sven Goldmann schreibt immer dienstags in den Spielwochen der Champions League über Kicker, Klubs und Klassiker in Europas Fußball.

© Tagesspiegel

Als Lukas Podolski vor fünf Jahren mit der Nationalmannschaft zum ersten Mal in Astana gastierte, wurde zum Wohle der deutschen Fernsehwerbung erst um 23 Uhr angepfiffen. Das Spiel endete mit einem 3:0-Sieg und ist das bisher einzige in der deutschen Länderspielgeschichte, das sich über zwei Tage hinzog. Podolski trug stolz das Leibchen mit der deutschen Nummer 10. Er bereitete die ersten beiden Tore vor und schoss das dritte selbst, nach einem großartigen Solo, vorbei an sechs Kasachen. Kein Wunder, dass der Mann die Reise in die mittelasiatische Steppe kaum erwarten kann.

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