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Maximlian Mittelstädt, 22, ist gebürtiger Berliner und wechselte nach Stationen beim SC Staaken und Hertha 03 Zehlendorf 2012 in die U 16 zu Hertha.

© Karina Hessland/imago

Maximilian Mittelstädt von Hertha BSC: "Die Nationalmannschaft traue ich mir auf jeden Fall zu"

Maximilian Mittelstädt hat bei Hertha BSC den Durchbruch geschafft. Im Interview spricht er über Pal Dardai, Gabor Kiraly und seine Zeit als Torhüter.

Herr Mittelstädt, wo ist die Schlabberhose?

(Lacht) Die müsste bei meiner Oma sein. Obwohl, vielleicht liegt sie auch bei meinen Eltern. Es gibt sie auf jeden Fall noch.

Als Kind waren sie großer Fan von Herthas Torhüter Gabor Kiraly, dessen Markenzeichen eine graue Jogginghose war. Haben Sie sich Ihr Exemplar bei Hertha im Fanshop gekauft?

Ich glaube, das war eine ganz normale graue Jogginghose aus dem Sportshop Staaken. Hundertprozentig sicher bin ich mir nicht, aber eigentlich habe ich da alle Fußballschuhe und Fußballklamotten gekauft. Kiralys Jogginghose war einfach cool. Das war was anderes als bei den anderen Torhütern, die ganz normale Klamotten getragen haben.

Wie talentiert waren Sie als Torhüter?

Ich war schon ganz gut im Tor. Jedenfalls hatte ich immer gute Reflexe. Aber im Feld war ich noch etwas talentierter. Ich habe zwar im Tor gestanden, aber auch oft draußen gespielt, bis mein Trainer irgendwann gesagt hat: Du musst dich entscheiden: Feld oder Tor!

Gab es Spiele, in denen Sie eine Halbzeit im Tor gespielt haben und die zweite im Feld?

Darüber habe ich vor kurzem noch mit meiner Mutter geredet. Bei einem Hallenturnier habe ich im Feld gespielt, im Finale bin ich dann zum Siebenmeterschießen ins Tor gegangen. Ich habe zwei Bälle gehalten, und wir haben das Turnier gewonnen.

Wären Sie bei Hertha eigentlich die erste Option, wenn ein Feldspieler ins Tor müsste?

Ich weiß nicht, ob es dafür eine Regelung gibt oder ob der Trainer das spontan entscheidet. Aber ich würde es auf jeden Fall machen. Wenn die Kollegen nach dem Training noch ein paar Bälle aufs Tor schießen, stelle ich mich ab und zu ins Tor. Mir hat das immer Spaß gemacht, wenn richtige Torwartbälle aufs Tor kommen und du durch die Luft fliegen kannst.

Wann haben Sie festgestellt, dass Sie auf dem Feld so talentiert sind, dass es für den Profifußball reichen könnte?

Mein erster Vereinswechsel vom SC Staaken zu Hertha Zehlendorf war ein erster Schritt. In Staaken stand noch dieses 11-Freunde-Gefühl im Vordergrund, der Spaß und das Familiäre. In Zehlendorf ging es schon eher Richtung Leistungssport. Und mit dem Wechsel zu Hertha BSC in der U 16 wurde es dann noch konkreter, auch mit der Perspektive, im Jahr darauf in der U-17-Bundesliga zu spielen.

Galten Sie damals schon als Top-Talent?

Überhaupt nicht. Ich würde nicht sagen, dass ich damals aus der Mannschaft herausgestochen bin. Viele Jungs waren weiter als ich, auch vom Körperlichen her. Es war nicht absehbar, dass ich da einfach so durchmarschiere. In der U 16 musste ich erst mal schauen, dass ich mich als Stammspieler durchsetze. Auch in der U 17 standen einige vor mir, Spieler, die regelmäßig in die Nationalmannschaft berufen wurden und die es am Ende irgendwie nicht gepackt haben. Ob du es schaffst, hängt manchmal von Kleinigkeiten ab. Es kann ja sein, dass du plötzlich einen Trainer bekommst, der nicht auf dich baut. Dann hast du es schwer.

Würden Sie sagen, dass Ihnen in dieser Saison der Durchbruch als Profi gelungen ist?

Ich kann zumindest sagen, dass ich mich enorm entwickelt und einen großen Sprung gemacht habe. Ich habe jetzt 50 Bundesligaspiele bestritten, oft von Anfang an gespielt, viel Spielzeit bekommen und stand, wenn ich fit war, auch immer im Kader. Von daher bin ich schon sehr zufrieden mit der Saison – obwohl man natürlich nie so richtig zufrieden sein darf, weil man sich sonst nicht mehr entwickelt.

Wo haben Sie für sich die größten Fortschritte ausgemacht?

Wenn du jedes Spiel spielst, bekommst du einfach ein besseres Gefühl dafür, wie du besser in die Zweikämpfe kommst. Man wird abgeklärter, ruhiger, hat mehr Gefühl für Zeit und Raum und auch für den Ball. Das bekommst du nicht im Training, auch nicht, wenn du in jedem Training richtig gut arbeitest. Das kriegt du nur im Spiel. Deswegen bin ich Pal Dardai sehr dankbar, dass er mir in dieser Saison so viel Vertrauen geschenkt hat.

In der Vergangenheit waren Sie in Zweikämpfen oft zu ungestüm, haben dadurch unnötige Gelbe Karten gesehen und auch Platzverweise kassiert. Ist es allein eine Frage der Erfahrung, dass Ihnen das jetzt nicht mehr passiert? Oder hat Dardai konkret mit Ihnen daran gearbeitet?

Sowohl als auch. Der Trainer hat mir auch einige Tipps gegeben.

Welche?

Dass ich im Zweikampf erst einmal auf Abstand bleiben und nicht immer gleich zustechen soll. Diese Tipps zu beherzigen ist das eine. Aber du musst auch die Möglichkeit dazu bekommen. Und das geht nur, wenn du immer wieder Spiele unter Wettkampfbedingungen hast.

Inwiefern haben Sie sich geadelt gefühlt, als Sie zuletzt dreimal auf der Sechserposition spielen durften?

Es ist einfach schön, wenn du dieses Vertrauen kriegst – auch auf einer ungewohnten Position. Ich bin ja kein etatmäßiger Sechser.

Dardai hat gesagt, Sie hätten das schon mal gespielt?

Im Trainingslager in der Türkei, in einem Testspiel gegen Borussia Mönchengladbach, habe ich das einmal gemacht. Drei Jahre müsste das her sein. Da hat es ganz gut geklappt.

Waren Sie überrascht, dass Dardai Sie jetzt als Sechser aufgeboten hat?

Klar. Nicht nur weil die Position ungewohnt für mich ist, sondern auch weil sie eine besondere Bedeutung für das Spiel der Mannschaft hat. Für mich ist es eine gute Erfahrung, weil ich jetzt weiß, dass ich auch auf der Sechs spielen kann, wenn es darauf ankommt. Ich kann links spielen, rechts, vorne, hinten. Diese Flexibilität hilft mir, weil sie es dem Trainer schwerer macht, an mir vorbeizukommen. Ein Freund von mir sagt immer: Wenn du fünf verschiedene Positionen spielen kannst, müssen fünf Spieler besser sein als du, damit du aus der Mannschaft fliegst. Grundsätzlich sehe ich mich schon als linker Außenverteidiger. Da kann ich meine Stärken am besten ausspielen kann. Aber auf der Sechs macht es auch Spaß.

"Pal Dardai hat die Philosophie des Vereins geprägt"

Dardai hört im Sommer nach viereinhalb Jahren als Trainer auf. Welchen Einfluss hatte er auf Ihre Karriere?

Unter ihm bin ich einen guten Weg gegangen. Bei mir war es nicht so, dass ich zu den Profis gekommen bin und sofort jedes Spiel gemacht habe. Ich bin aber auch nicht verheizt worden wie andere junge Spieler, die irgendwann vielleicht nicht mehr den richtigen Willen hatten, weil ihnen alles zugefallen ist. Ich musste mich lange gedulden, aber Pal Dardai hat mich kontinuierlich an die Bundesliga herangeführt und mir dann auch die Spielzeit gegeben, die ich brauchte. Er hat nicht nur bei mir, sondern auch bei anderen Spielern gezeigt, dass er auf die Jugend setzt. Damit hat er auch die Philosophie des Vereins geprägt. Daher muss man Pal Dardai sehr dankbar sein.

Können Sie sich vorstellen, in den nächsten Jahren so etwas wie das Gesicht des Vereins zu werden?

Grundsätzlich ja. Ich bin ein Berliner Junge und komme aus der eigenen Jugend – das sehen die Fans gern.

Früher hatten es Talente aus dem eigenen Nachwuchs deutlich schwerer.

Das stimmt. Mein Vater hat das auch aus seiner Firma erzählt: Der Auszubildende bleibt immer irgendwie der Auszubildende. Ein Spieler, für den man viel Geld bezahlt hat, hat erst einmal ein viel höheres Standing. Ich will nicht sagen, dass ich die Befürchtung hatte, bei Hertha immer der kleine Maxi zu bleiben. Aber dieses Image wird man nur los, indem man viele Spiele macht – und irgendwann einen guten Vertrag unterschreibt.

Apropos: Wie sieht es denn dann mit der Vertragsverlängerung aus?

Ich habe irgendwo gelesen, dass alles schon fix ist. Aber die Gespräche laufen noch, es ist noch nichts unterschrieben. Mein Berater kümmert sich jetzt um alles.

Aber es müsste schon mit dem Teufel zugehen …

Im Fußball geht es so schnell, da kann man sich nie hundertprozentig sicher sein. Aber wenn ich mir nicht vorstellen könnte hierzubleiben, müsste es auch keine Gespräche mehr geben.

Spielt die Frage, wer neuer Trainer wird, bei Ihrer Entscheidung eine Rolle?

Natürlich spielt das eine Rolle. Das muss auch eine Rolle spielen. Wenn ein Trainer käme, der sagt, mit dem Mittelstädt kann ich gar nichts anfangen, hätte es wenig Sinn, den Vertrag zu verlängern. Aber das ist nur hypothetisch. Wir googeln auch mal, um zu gucken, wer gerade als neuer Trainer im Gespräch ist, aber wer es wird, das weiß ich auch nicht.

Zuletzt wurde Ante Covic gehandelt. Den kennen Sie ganz gut.

Das stimmt. Vor allem kenne ich ihn schon sehr lange. Sein Sohn Momo hat in Staaken mit mir zusammengespielt, seitdem sind wir befreundet. Ante Covic war auch derjenige, der mich aus Zehlendorf zu Hertha geholt hat.

Was macht es mit Ihnen, wenn in den Medien vermeldet wird, dass Bayern München oder Juventus Turin an Ihnen interessiert seien?

Ich habe das auch im Internet gelesen beziehungsweise von Freunden geschickt bekommen. Mehr weiß ich nicht.

Interessiert Sie das denn nicht?

In den meisten Fällen sind das doch nur Spekulationen. Oder ist irgendjemand von den Bayern an die Öffentlichkeit gegangen und hat gesagt: Wir wollen Maximilian Mittelstädt verpflichten? Wahrscheinlich saß irgendein Scout bei einem U-21-Länderspiel auf der Tribüne, bei dem ich ein Tor geschossen oder ein gutes Spiel gemacht habe – und dann kombiniert man sich das so zusammen. Schön zu lesen ist es trotzdem, wenn man mit solchen Klubs in Verbindung gebracht wird.

Pal Dardai hat Sie schon mit der Nationalmannschaft in Verbindung gebracht.

Jeder träumt davon, für die A-Nationalmannschaft aufzulaufen. Aber dafür muss ich in den nächsten Jahren weiter kontinuierlich auf einem hohen Niveau spielen. Und vielleicht ist es ein Vorteil, dass meine Position links hinten sehr gefragt ist.

Vor einem Jahr durften Sie im Trainingslager mit der U 20 immerhin den Sparringspartner für die A-Nationalmannschaft geben. Wie war das?

Die A-Nationalmannschaft steht noch einmal ganz anders im Fokus: Die ganze Nation schaut auf sie. Für einen Fußballer ist es das das Größte, bei einer WM oder EM für sein Land aufzulaufen. Das ist mein Ziel. Aber dafür muss ich hart arbeiten.

Hatten Sie das Gefühl, dass die Nationalspieler Ihnen leistungsmäßig sehr weit voraus sind?

Im Endeffekt sind es auch nur Menschen, die aber fußballerisch alle eine unglaubliche Qualität haben. Trotzdem traue ich es mir auf jeden Fall zu, da irgendwann mal hinzukommen. Ich bin noch in einem Alter, in dem man weiter lernt und sich entwickeln kann.

Gab es jenseits der beiden Trainingsspiele Kontakt zu den Nationalspielern?

Es gab ein gemeinsames Grillen im Hotel der A-Nationalmannschaft.

Mit wem haben Sie an einem Tisch gesessen?

Die A-Nationalmannschaft saß in der einen Ecke, wir in der anderen. Aber wir haben zumindest alle auf derselben Terrasse gesessen.

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