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Bald sind sie getrennt. Marvin Plattenhardt (l.) im Austausch mit Trainer Pal Dardai.

© imago images/Nordphoto

Marvin Plattenhardt von Hertha BSC im Interview: "Pal Dardai hat uns nach vorne gepeitscht"

Der Abwehrspieler von Hertha BSC spricht im Interview über den Abschied des Trainers, seine schwierige Saison und seine Zukunft in der Nationalmannschaft.

Herr Plattenhardt, hat Sie der vergangene Bundesliga-Spieltag ein bisschen mit der Saison versöhnt?

Es ist auf jeden Fall ein schönes Gefühl, wenn man nach so langer Zeit mal wieder trifft – und das auch noch am Ende einer Saison, die für mich durchwachsen war. Es gab einige Phasen, wo es nicht so gut lief und ich unter meinem Niveau gespielt habe. Aber zuletzt wurde es wieder besser: Ich bin fit, fühl‘ mich gut und bin wieder da.

Haben Sie das Tor als Bestätigung gebraucht?

Nicht unbedingt. Auch wenn es einem als Abwehrspieler guttut, mal wieder zu treffen. Zum Glück haben wir das Spiel noch gewonnen, sonst wäre mein Tor wahrscheinlich untergegangen.

Wann haben Sie gemerkt, dass Sie wieder besser in Tritt kommen?

Es ist schwierig, das an einem bestimmten Zeitpunkt festzumachen.

Anders gefragt: Warum haben Sie sich so lange so schwergetan?

Da sind einige Dinge zusammengekommen. In der Vorbereitung gab es viel Trubel um meine Person, dann bin ich plötzlich auf der Ersatzbank gelandet. Das war alles nicht einfach für mich. Aber ich habe die Situation akzeptiert, sie richtig eingeordnet und bin einfach drangeblieben. Ich bin aber sowieso keiner, der sagt: Jetzt habe ich keinen Bock mehr.

War der Knackpunkt das Wolfsburgspiel, in dem Trainer Pal Dardai sie frühzeitig ausgewechselt hat?

Das war ein Knackpunkt, ja. Aber schon vorher gegen Schalke gab es ein paar Situationen, in denen ich vielleicht ein bisschen zu schläfrig war und nicht so glücklich aussah. Darüber habe ich mit dem Trainer geredet, auch wenn es nicht leicht ist. Aber wir haben die Baustellen zusammen abgearbeitet. Und damit ist das jetzt auch endlich abgehakt.

Endlich wieder ein Tor. Valentino Lazaro (l.) und Vedad Ibisevic (r.) freuen sich mit Marvin Plattenhardt (M.).
Endlich wieder ein Tor. Valentino Lazaro (l.) und Vedad Ibisevic (r.) freuen sich mit Marvin Plattenhardt (M.).

© Stefan Puchner/dpa

Sind Sie jemand, der für sich selbst noch mal eine intensive Ursachenforschung betreibt, wenn etwas nicht gut gelaufen ist?

Ich bin da schon hinterher. Ich kann solche Sachen nicht gleich vergessen, auch wenn es im Fußball völlig normal ist, dass es mal nicht so gut läuft.

Vor ziemlich genau einem Jahr sind Sie von Bundestrainer Joachim Löw in den WM-Kader berufen worden. Was ist in diesem Jahr passiert?

Sehr viel. Ich war schon ein Jahr zuvor beim Confed-Cup dabei und habe dort viele Erfahrungen sammeln können, die ganzen Abläufe bei der Nationalmannschaft, die Reisen, die vielen Spiele. Davon habe ich profitiert. Dann kam die WM. Ich durfte gleich zum Auftakt gegen Mexiko ran. Leider lief es da nicht ganz so überragend für uns. Aber im Großen und Ganzen bin ich zufrieden, weil es eine große Ehre und eine große Erfahrung war, bei der WM gewesen zu sein. Und weil ich die Nominierung auch als Lohn für meine Leistungen in den vergangenen Jahren verstanden habe. Nach der WM war es holprig. Ich bin leistungsmäßig in ein Loch gefallen und musste mich erst wieder fangen. Aber auch diese Zeit habe ich überstanden – und inzwischen verarbeitet.

Normalerweise sollte einem die WM-Teilnahme einen Kick geben. Bei Ihnen hatte man den Eindruck, dass die Weltmeisterschaft Sie eher runtergezogen hat.

So krass würde ich das nicht formulieren. Aber ich habe schon ein paar Monate gebraucht, um alles zu verarbeiten. Ich hatte wenig Urlaub… Verstehen Sie mich bitte nicht falsch. Ich will mich nicht beschweren. Aber vielleicht fehlten einfach ein paar Dinge: Du kommst zurück in den Verein, hast einen anderen Rhythmus als der Rest der Mannschaft und bist auch vom Kopf her noch ein bisschen schlapp. Das war zumindest bei mir der Fall. Wenn du dann wochenlang nicht spielst, ist es erst recht schwer, das alles zu verarbeiten. Es gab schon zwei, drei Gründe, warum ich im Tief steckte und nicht so leicht rausgekommen bin, wie ich es mir erhofft hatte. Vielleicht habe ich das unterschätzt. Aber ich kannte diese Situation auch noch nicht.

"Geile Zeit". Marvin Plattenhardt durfte mit der Deutschen Nationalmannschaft zur WM nach Russland.
"Geile Zeit". Marvin Plattenhardt durfte mit der Deutschen Nationalmannschaft zur WM nach Russland.

© Christian Charisius/dpa

Fühlen Sie sich eigentlich noch als Nationalspieler?

Ich kann sagen, dass es eine geile Zeit war und ist. Ich glaube, dass ich immer noch zum weiteren Kreis gehöre, obwohl ich die letzten Male nicht dabei war. Aber mal sehen, was passiert, wenn ich wieder konstant meine beste Leistung abrufe. Ich bin auf jeden Fall bereit.

Hatten Sie seit der WM Kontakt zu Joachim Löw?

Nein.

Haben Sie ein Feedback zu Ihrem Einsatz gegen Mexiko bekommen?

Wir haben natürlich noch mal als Mannschaft über das Spiel geredet.

Grundsätzlich ist jeder Fußballer selbst dafür verantwortlich, was er aus seinem Talent macht. Trotzdem spielen auch die Trainer eine wichtige Rolle. Welche hat Pal Dardai für Ihre Karriere gespielt?

Es ist großartig, was wir mit Pal in den vergangenen viereinhalb Jahren geleistet haben. Er hat uns nach vorne gepeitscht. Aber auch für mich persönlich war er einfach ein super Trainer. Gleich in seinem ersten Spiel hat er mich in die Startelf gestellt, er hat auf mich gesetzt und mich immer gefördert. Unter ihm bin ich zum Nationalspieler geworden. Daran hat er einen sehr großen Anteil. Dass es in dieser Saison auch Phasen gab, in denen es nicht so top war, das können wir beide verkraften. Ich weiß, was ich Pal zu verdanken habe. Wenn er damals nicht Trainer geworden wäre, keine Ahnung, wie mein Weg verlaufen wäre. Wahrscheinlich wäre ich dann schon lange nicht mehr hier.

Würden Sie so weit gehen und sagen, dass er der wichtigste Trainer Ihrer Karriere war?

Mit der wichtigste Trainer, auf jeden Fall.

Wer waren der oder die anderen?

Dieter Hecking, der mich damals in Nürnberg aus dem Nachwuchs zu den Profis hochgeholt hat. Gerade an dieser Schwelle braucht man einen Trainer, der einem vertraut, der einen fordert und fördert. Hier in Berlin war es Pal, mit dem für mich alles so richtig begann.

Hatten Sie Zweifel an sich, nachdem Sie unter Dardais Vorgänger Luhukay so gut wie gar nicht hatten spielen dürfen?

Nein, gezweifelt habe ich nie an mir, auch wenn die Zeit schwer war. Als Fußballer solltest du generell nie Zweifel aufkommen lassen. Weil du immer die Möglichkeit hast, dich im Training aus dem Loch herauszukämpfen. So war es auch bei mir.

Wird Dardai Ihnen fehlen?

Wir haben unter Pal Dardai viele Schritte nach vorne gemacht, haben uns sogar für die Europa League qualifiziert. Das verbindet natürlich.

Hat man als Spieler eigentlich ein schlechtes Gewissen, wenn ein Trainer entlassen wird?

Wenn man lange nicht gewinnt, sogar viele Spiele verliert wie wir, dann ist man schon auch brutal genervt. Und das geht nicht nur mir so, sondern allen Spielern. Ich glaube, dass bestimmt einige bei uns auch schlaflose Nächte hatten. Ich hatte die jedenfalls. Ich habe mir viele Gedanken gemacht. Aber ich bin ohnehin keiner, der einfach alles runterschluckt und den alles kalt lässt. Ich habe mich natürlich auch gefragt, woran es liegt, was man, was ich machen kann, um aus einer solchen Situation rauszukommen.

Offensichtlich hat die Mannschaft sich danach berappeln können. Zwei der jüngsten vier Spiele hat sie gewonnen, zwei endeten unentschieden.

Einerseits gebe ich Ihnen Recht. Andererseits war auch vorher nicht alles so schlecht, wie es die Ergebnisse erscheinen lassen. Auch da waren wir fleißig, und gewinnen wollten wir sowieso immer. Dass es nicht geklappt hat, liegt manchmal nur an Kleinigkeiten. Solche Phasen gibt es. Es ist ein Teil des Geschäfts, dass letztlich der Trainer für vieles verantwortlich gemacht wird.

Hat Pal Dardai sich verändert, seitdem er weiß, dass er im Sommer als Trainer aufhört?

Überhaupt nicht. Pal kommuniziert weiterhin ganz normal mit uns. Er möchte die Spiele gewinnen und ist genauso ehrgeizig wie wir. Das merkt man in jedem Training und wenn man sieht, wie er sich im Spiel in seiner Coaching Zone bewegt. Er ist immer noch mit Herzblut dabei.

Im vorigen Sommer ist viel spekuliert worden, ob Sie den Verein verlassen, wohin Sie gehen und für wie viel Geld. Ein bisschen hatte man den Eindruck, als hätte Hertha Sie bewusst ins Schaufenster gestellt.

Ach, da wird immer viel geschrieben, über Gespräche mit diesem oder jenem Verein, über mögliche Ablösesummen. Das darf man nicht immer alles glauben. Letztlich ist entscheidend, was mein Berater und ich mit Hertha besprochen haben. Und das bekommt ja niemand mit.

Wird dieser Sommer ruhiger?

Ich denke schon. Zur Zeit ist auf jeden Fall alles ruhig. Ich habe hier einen langfristigen Vertrag, fühle mich gut, fühle mich wohl, das Umfeld passt.

Sind Sie froh, dass diese Spielzeit jetzt zu Ende geht?

Froh ist der falsche Ausdruck. Ich weiß meinen Beruf schon zu schätzen. Aber viel Urlaub hatte ich in den vergangenen beiden Jahren mit dem Confed-Cup und der WM nicht. Mal richtig runterkommen und entspannen – ich glaube, das tut mir mal ganz gut. Deshalb: Ja, ich freue mich auf den Urlaub.

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