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Manuel Neuer singt gern: Trifft aber nicht immer den richtigen Ton.

© Arne Dedert/dpa

Manuel Neuer im Kroatien-Urlaub: Warum der DFB-Kapitän keine Lieder eines Rechtsrockers singen sollte

Im Urlaub wurde Manuel Neuer gefilmt, wie er das Lied eines kroatischen Rechtsrockers singt. Kaum vorstellbar, dass er nicht wusste, was er tat. Ein Kommentar.

Ein Kommentar von Nadine Lange

Kroatien ist ein wunderschönes Land. Klar, dass diese Schönheit gerne besungen wird. Auch klar, dass das Liedgut dann schon mal etwas pathetisch-patriotisch ausfallen kann. Doch wenn mitten in einer gesungenen Aufzählung von kroatischen Regionen plötzlich Herceg-Bosna auftaucht, ist definitiv etwas faul.

Denn die „Kroatische Republik Herceg Bosna“ wurde 1991 während des Bosnienkrieges von Kroaten in der Herzegowina ausgerufen – und international nicht anerkannt. Erwähnt man sie nun in einem Lied über Kroatien, spricht man Bosnien und Herzegowina einen Teil seines Territoriums ab. So geschehen in dem Song „Lijepa li si“ („Du bist schön“) der kroatischen Band Thompson, der seit seiner Veröffentlichung 1998 in Kroatien eine immense Popularität erreicht hat. Regelmäßig wird das Lied in Fußballstadien gesungen, es hat quasi den Status einer zweiten Nationalhymne.

Klar, dass es auch im privaten Rahmen gern gesungen wird. Ebenfalls klar, dass in geselliger Runde in der Strandbar auch ein Gast aus Deutschland mit einstimmt. Doch wenn es sich dabei um den Kapitän der deutschen Fußballnationalmannschaft handelt, ist das zu hinterfragen. Manuel Neuer wurde dabei gefilmt, wie er im Kroatien-Urlaub zusammen mit seinem Freund und Bayern-Torwarttrainer Toni Tapalović sowie einer teils oberkörperfreien Männergruppe zu Akkordeon und Gitarre „Lijepa li si“ grölt.

Völlig zu Recht wird Manuel Neuer dafür nun kritisiert. Er selbst hat sich bisher nicht geäußert, doch sein Management verweist darauf, dass der 34-Jährige kein Kroatisch spricht. Eine derart billige Verteidigung sollte man ihm nicht durchgehen lassen.

Es verhält sich anders als bei Angela Merkel, die bei einer EU-Wahlkampfveranstaltung in Zagreb einmal unwissentlich bei dem Lied mitgeklatscht hatte. Denn Neuer kennt es offensichtlich deutlich besser als die Kanzlerin. In dem im Netz kursierenden Videomittschnitt wirkt er ziemlich textfest. Dass er es auswendig gelernt haben solle, ohne zu wissen, worum es geht, wirkt in höchstem Maße unglaubwürdig.

Rechtsrocker Marko Perković ist für seine ultranationalistische Einstellungen bekannt

Und selbst wenn Neuer tatsächlich derart naiv gewesen sein sollte, grenzt es an eine Unmöglichkeit, dass er nicht mitbekommen hat, wie umstritten Thompson-Sänger Marko Perković ist, der seine Band nach einer Maschinenpistole benannt hat. Immer wieder fiel er durch rechtextreme Lieder und Aussagen auf. So benutzte er etwa wiederholt den faschistischen Ustascha-Gruß „Za dom – spremni“. Zu deutsch: „Für die Heimat bereit“.

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Sein immenser Erfolg in Kroatien dürfte zu einem großen Teil auf dieser ultranationalistischen Einstellung beruhen. Auch die kroatische Fußballnationalmannschaft sang während der WM vor zwei Jahren in der Umkleidekabine seine Lieder. Nach dem verlorenen Finale lud sie ihn sogar zu ihrer Feier in Zagreb ein. All das ist auch in deutschen Medien immer wieder kritisiert worden. Kaum vorstellbar, dass Neuer davon nichts mitbekommen haben soll.

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Kroatischkenntnisse sind nicht nötig, um zu erkennen wie problematisch der Rechtsrocker Perković ist. Das kann man vom Kapitän der deutschen Nationalmannschaft schon erwarten. Falls er jedoch wie sein einstiger Schalker Teamkollege Ivan Rakitić wirklich der Meinung ist, dass es in dem Lied nur um die Liebe zu Kroatien geht und man es gern mal öffentlich intonieren kann, wäre das keine Petitesse mehr. Hätte er ein Lied angestimmt, dass die Schönheit deutscher Regionen beschreibt und dabei Schlesien erwähnt, wäre längst der Teufel los.

Ein deutscher Nationalspieler sollte kein rechtes Liedgut zum Besten geben – auch nicht in einem anderen Land. Und schon gar nicht, wenn die Wurzeln dieses Rechtsextremismus zurückreichen bis in die Ustascha-Zeit, als Kroatien ein Vasallenstaat des nationalsozialistischen Deutschlands war.

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