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Immer weiter. Malaika Mihambo steigerte sich in den vergangenen Jahren kontinuierlich. Ihre Bestleistung beträgt momentan 7,30 Meter.

© imago images/Beautiful Sports

Malaika Mihambo wechselt zu Carl Lewis: Die Nächste, die nichts mehr hält

Weitspringerin Malaika Mihambo will künftig mit Carl Lewis in den USA trainieren. Der Deutsche Leichtathletik-Verband ist enttäuscht von der Entscheidung.

Es ging ihm im Sport nicht darum, den anderen zu besiegen. Sondern darum, sein Bestes zu geben, damit man sich ausgeglichen fühlt und somit bestens gewappnet ist für den eigentlichen Zweck der körperlichen Ertüchtigung: als Vorbereitung für die Meditation. Der Inder Sri Chinmoy gilt als eine der extravagantesten Figuren im Yoga. Chinmoy fand in den USA und auch weltweit seit den Achtzigern hunderttausende Anhänger seiner Lehre.

Darunter waren auch viele Prominente wie zum Beispiel der Musiker Carlos Santana oder der Ausnahmeleichtathlet Carl Lewis. Letzterer wurde gar ein enger Freund des Yogis. Bilder gingen um die Welt, wie sich die beiden über 100 Meter duellierten (dabei machte der 61 Jahre alte Chinmoy mit einer Zeit von 14,33 Sekunden eine gute Figur). Gehalten hat sich bis heute auch die Legende, dass Chinmoy einen Elefanten, auf dem Carl Lewis saß, halb mit seiner Körperkraft, halb mit seinem Geiste nach oben gehoben haben soll.

Der 2007 verstorbene Sri Chinmoy dürfte nun ein klein wenig mitverantwortlich dafür sein, dass der hellste Stern der deutschen Leichtathletik, die Weitspringerin Malaika Mihambo, in wenigen Wochen in der US-amerikanischen Stadt Houston bei Lewis trainieren wird. Denn wie Lewis spielt die Meditation auch im Leben von Mihambo eine sehr große Rolle. Mehrmals schon reiste sie allein nach Indien, um dort in den Bergen den Weg zu ihrer inneren Mitte zu finden.

Sie habe inspirierende Gespräche mit Lewis geführt, sagte Mihambo der „Bild am Sonntag“. Vermutlich war dabei Chinmoy ein Thema – oder aber zumindest ein paar seiner Thesen. Und natürlich ist Lewis allein wegen seiner sportlichen Erfolge ein vielversprechender Mentor. Bei Olympischen Spielen gewann der US-Amerikaner zehn Medaillen, davon neun Mal Gold und ein Mal Silber. Lewis ist eine Leichtathletik-Legende, sein Laufstil gilt bis heute als der formschönste in der Geschichte der Sportart. Unter ihm wolle sie sich als Athletin und als Mensch weiterentwickeln, sagte Mihambo.

Beim Deutschen Leichtathletik-Verband (DLV) sind sie ob der neuen deutsch-amerikanischen Verbindung überhaupt nicht begeistert. Es ist nicht das erste Mal, dass eine Top-Athletin ihr Training dorthin verlagert. Die Mittelstreckenläuferin Konstanze Klosterhalfen wechselte nach Oregon, die Sprinterin Gina Lückenkemper nach Florida und auch Hindernisläuferin Gesa Krause trainiert häufig in den Vereinigten Staaten.

15 Jahre arbeitete Mihambo mit Ralf Weber zusammen

Nun also Malaika Mihambo, die vom DLV gerne als Beispiel dafür genannt wurde, dass auch in Deutschland Top-Athletinnen beste Bedingungen vorfinden. „Zunächst wünschen wir Malaika Mihambo viel Erfolg, auch wenn wir uns eine andere Entscheidung gewünscht hätten“, sagte Chefbundestrainerin Annett Stein am Montag dem Tagesspiegel. Natürlich sei sie ein Stück weit enttäuscht von der Entscheidung Mihambos. „Ich habe mich sehr darauf gefreut, ihre Entwicklung hautnah mitzuerleben und zu begleiten.“

15 Jahre lang hatte Mihambo ein ausgesprochen erfolgreiches Gespann mit ihrem Trainer Ralf Weber gebildet. Die beiden trainierten bei der LG Kurpfalz, einem Verein aus dem Städtchen Schwetzingen nahe Heidelberg. Nach verletzungsbedingten Rückschlägen fand Mihambo zu immer besserer Form in den vergangenen Jahren. 2018 gewann sie in Berlin die Goldmedaille bei den Europameisterschaften, ein Jahr später siegte sie bei den Weltmeisterschaften in Katar, wo sie ihre bisherige Bestleistung von 7,30 Metern aufstellte. Die 26-Jährige ist ohne Zweifel aktuell die beste Weitspringerin der Welt. Besonders auffällig ist ihre Nervenstärke. Häufig ist ihr letzter Sprung im Wettbewerb der beste. Sie selbst erklärt sich das auch mit ihrer Meditation.

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Nun also endet die jahrelange Zusammenarbeit mit Ralf Weber. Laut des Verbandsorgans „leichtathletik.de“ hatte Weber selbst die Kooperation aus persönlichen Gründen beendet. Der DLV habe Mihambo mehrere Optionen vorgeschlagen, erzählt Stein, „die ihre derzeitige Leistungsfähigkeit sichern und sogar weiterentwickeln sollte“. Zumal, so sagt e die DLV-Trainerin Stein weiter, ein Wechsel des Trainingssystems und des kompletten Umfeldes im Jahr vor den Olympischen Spielen immer auch ein Risiko darstelle. „Malaika hat sich letztlich gemeinsam mit ihrem Trainer, der intensiv in unsere Trainerteam eingebunden war, im Rahmen der DLV-Förderstrukturen zur weltbesten Weitspringerin entwickelt. Insofern hat uns ihre Entscheidung durchaus überrascht.“

Offenbar waren die Argumente der Legende Lewis und wohl auch der Geist des Gurus Chinmoy, der bei den Gesprächen mit dem 58-Jährigen durchschimmerte, stärker als das Werben der deutschen Verbandsvertreter. Sie sei ihrem alten Umfeld dankbar, sagte Mihambo. „Aber irgendwann ist es Zeit für was Neues.“

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