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Ganz entspannt. Jens Redlich bügelt alle Vorwürfe gegen sich ab. Nächste Woche will er wieder im Amt sein.

© imago images / Matthias Koch

Machtkampf bei Tennis Borussia: Und plötzlich ist das Konto leer geräumt

Während die neue Führung von TeBe dem alten Vorstand weitere Unregelmäßigkeiten vorwirft, rechnet Jens Redlich weiter mit einer schnellen Rückkehr ins Amt.

Wenn ein Unternehmen einen Fußballverein sponsert, ist es in der Regel so, dass der Verein von dem Unternehmen Geld bekommt. Bei Tennis Borussia Berlin, dem früheren Fußball-Bundesligisten, scheint das zuletzt anders gewesen zu sein. Am Dienstag vor einer Woche hat der Klub 22.000 Euro an „Crunchfit“, seinen Haupt- und Brustsponsor, überwiesen. Wer diese Transaktion veranlasst hat und warum, darüber rätselt die aktuelle Vereinsführung, die gerade ein paar Stunden im Amt war, als die Überweisung getätigt wurde.

Von diesem und anderen Fällen haben die neuen Vorstände Günter Brombosch und Steffen Friede am Mittwochabend rund 80 Mitgliedern des Vereins, darunter auch einige Spieler der Oberliga-Mannschaft, berichtet. „Es ist immer hilfreich, wenn man sich erklärt“, sagt Brombosch. Es war der erste öffentliche Auftritt der beiden Vorstände, nachdem sie in der Woche zuvor durch einen juristischen Coup des Aufsichtsrats ins Amt gekommen sind – als Nachfolger von Jens Redlich, der nicht nur Vorstandsvorsitzender war, sondern als Geschäftsführer von „Crunchfit“ weiterhin Hauptsponsor des Klubs ist.

Es liegt also die Vermutung nahe, dass Redlich nach dem Machtwechsel noch Geld vor dem Zugriff der neuen Klubführung hat in Sicherheit bringen lassen. Tennis Borussia jedenfalls hat die Polizei eingeschaltet. „Wir haben eine größere Zahlung festgestellt, die wir uns nicht erklären können“, teilt der Vorstand mit. „Wir haben die Angelegenheit den Ermittlungsbehörden übergeben und hoffen auf eine baldige Aufklärung.“

Jens Redlich bestätigt im Gespräch mit dem Tagesspiegel die Überweisung: „Das ist richtig.“ Und er erklärt auch, warum „Crunchfit“ das Geld bekommen habe. TeBe habe „Crunchfit“ fälschlicherweise die Summe aus dem Vorjahr (100.000 Euro) in Rechnung gestellt und nicht, wie vertraglich vereinbart, nur noch 80.000 Euro. Die Differenz plus Mehrwertsteuer sei daher zurückerstattet worden, „mit den Querelen im Verein hat das nichts zu tun“, sagt Redlich. Der Zeitpunkt der Überweisung sei Zufall gewesen. Seltsam ist allerdings, dass der Betrag nicht von TeBes üblichem Geschäftskonto transferiert wurde, sondern von einem Konto, das ausschließlich für Mitgliedsbeiträge und Spenden genutzt wird und das bis auf unbedeutende Restbeträge komplett leer geräumt wurde. Einen Verwendungszweck hat die Überweisung nicht. Als hätte es jemand sehr eilig gehabt.

Seit drei Jahren ist Redlich bei Tennis Borussia aktiv, zunächst nur als Sponsor, seit März 2017 auch in leitender Funktion. Seine Erzählung geht so: Weil der Verein damals vor der Insolvenz gestanden habe, habe er zusätzliche finanzielle Mittel zur Verfügung gestellt, allerdings unter der Bedingung, eine ausreichende Kontrolle über die Verwendung seines Gelds zu haben. Auch diese Geschichte ist am Mittwoch ein bisschen anders erzählt worden.

"Der Vorstand wurde mehrfach belogen"

Alexander Stolle, früher selbst Hauptsponsor mit seinem Hotel SI und von Redlich letztlich aus dem Vorstand gedrängt, berichtete, dass TeBe nur deshalb in finanzielle Schwierigkeiten gekommen sei, weil der Verein Anfang 2017 drei teure Spieler verpflichtet habe – ohne Zustimmung des Vorstands. Drei der vier Mitglieder wurden erst unterrichtet, als die Verträge bereits unterschrieben waren. Mit anderen Worten: Die finanzielle Notsituation, die Redlich in den Vorstand beförderte, hätte er gemeinsam mit seinen Gefolgsleuten Jörg Zimmermann und Andreas Voigt selbst herbeigeführt. „Der Rest des Vorstands wurde mehrfach belogen und hatte dann nur die Wahl, entweder einen riesen Skandal daraus zu machen oder alles herunterzuschlucken und auf die Worte des neuen Sponsors zu vertrauen“, schreibt Stolle im TeBe-Forum.

Trotz allem genießt Redlich bei Teilen der Mitglieder immer noch ein hohes Ansehen, weil er in ihren Augen die Ambitionen auf mehr als nur Oberliga verkörpert. Entsprechend emotional ging es auch am Mittwochabend zeitweise zu, vor allem wenn die Sprache auf die berüchtigte Mitgliederversammlung Anfang des Jahres kam. Redlich wird vorgeworfen, damals bulgarische Bauarbeiter akquiriert zu haben, die in seinem Sinne abgestimmt haben. In den beiden Monaten vor der Versammlung gab es insgesamt 384 Neueintritte, die, so der neue Vorstand, als Barzahler verzeichnet wurden. Allerdings sind nach dem Machtwechsel auf der Geschäftsstelle weder Bargeld noch Einzahlungsbelege gefunden worden. Bei einem regulären Jahresbeitrag von 110 Euro geht es um eine nicht unwesentliche Summe. Man werde in alle Richtungen recherchieren, kündigt der neue Vorstand. Sollte es größere Unregelmäßigkeiten geben, werde man auch hier die Ermittlungsbehörden einschalten.

Jens Redlich hält die Vorwürfe für "hanebüchen" und "unsubstanziell"

„Die Belege sind alle vorhanden. Bei uns ist alles dokumentiert“, sagt Redlich. „Die Beiträge sind entweder über das Kassenbuch verbucht oder über das Bankkonto.“ Überhaupt seien die Vorwürfe gegen ihn hanebüchen und unsubstanziell; einen Grund, die Rechtmäßigkeit der Mitgliederversammlung in Zweifel zu ziehen, sieht er nicht: „Es lief ja alles sauber.“

Steffen Friede brachte am Mittwoch einen Mediator zwischen altem und neuem Vorstand ins Spiel. Aber an einem Dialog scheint die alte Führung nicht interessiert zu sein. Vorstand Jörg Zimmermann, weiterhin im Amt, verpasste am Montag eine informelle Sitzung mit den beiden neuen Vorständen. Am Donnerstag versuchten Friede und Brombosch ihn in seinem Büro zu sprechen, trafen aber nur seinen Sohn an. Für diesen Freitag ist Zimmermann formell zu einer Vorstandssitzung eingeladen worden.

Jens Redlich setzt im Moment eher auf eine juristische Klärung. Das Eilverfahren gegen die Änderung des Vereinsregisters sei eingeleitet, sagt er. Er klingt sehr entspannt, was vielleicht auch daran liegt, dass er gerade im Urlaub in der Türkei ist. Nächsten Donnerstag kommt er zurück nach Berlin, tags darauf findet das erste Oberliga-Heimspiel von Tennis Borussia statt. Jens Redlich ist zuversichtlich, dass er dann schon wieder als Vorstandsvorsitzender im Mommsenstadion sein wird.

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