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Bald ausgeworfen. Am 2. September - beim Istaf in Berlin - will Robert Harting den Diskus ein allerletztes Mal in die Hand nehmen.

© Andrej Isakovic/AFP

Leichtathlektik-EM: Robert Harting - zum Schluss noch einen Spruch raushauen

Der Lokalmatador und Ausnahme-Diskuswerfer nimmt im Berliner Olympiastadion Abschied von der großen Bühne - mit großem Applaus, feuchten Augen und Witz.

Von Johannes Nedo

Diesen Spruch wollte Robert Harting unbedingt raushauen. Er saß am Donnerstagvormittag bei der Pressekonferenz des Deutschen Leichtathletik-Verbands (DLV) im Berliner Mannschaftshotel, sein letzter Auftritt bei einer großen internationalen Leichtathletik-Meisterschaft lag gerade etwa zwölf Stunden zurück – und er sagte: „Ich möchte es jetzt ein bisschen wie Sandro Wagner machen: Hiermit trete ich aus der Nationalmannschaft zurück.“

Doch anders als der Fußballprofi des FC Bayern ist Harting ohne Nachtreten und mit großem Applaus aus dem deutschen Team abgetreten. Am Mittwochabend schauten die meisten der 37.000 Zuschauer im Olympiastadion nur auf ihn. Es passte ja auch zu gut. Es war zu verheißungsvoll. Dort, wo die Karriere des Diskuswerfers 2009 mit dem ersten Titel bei einer Weltmeisterschaft richtig Fahrt aufgenommen hatte, trat er nun neun Jahre später zum letzten Mal bei Europameisterschaften an. Zwischendurch gab es zahlreiche weitere Höhepunkte. Den Olympiasieg 2012 in London, insgesamt drei WM- und zwei EM-Titel. Siegesfeiern, bei denen Harting sich das Trikot zerrissen hatte – oder wie 2012 im Jubeltaumel über die Hürden gehüpft war.

Und plötzlich war sie dann wieder da. Die besondere Stimmung, die Harting zu Großem tragen kann. Die zuletzt abhandengekommen schien, weil ihn so viele Verletzungen zurückgeworfen hatten. Um 21.07 Uhr drehte er sich durch den Diskusring, das Publikum johlte und wurde immer lauter, denn die Scheibe flog immer weiter und weiter: auf 64,33 Meter. Er ballte die Faust. Und in diesem Moment war der 33-Jährige tatsächlich Zweiter. Es schien das perfekte Ende seiner Karriere werden zu können.

Letzter Auftritt am 2. September beim Istaf in Berlin

Aber seine Konkurrenten konterten. Noch einige überboten den Berliner, und er konnte sich nicht mehr steigern. Am Ende wurde er Sechster in diesem Finale, das er ohne seinen in der Qualifikation gescheiterten Bruder Christoph Harting bestritt. Es gewann der Litauer Andrius Gudzius (68,46 Meter) vor dem Schweden Daniel Stahl (68,23 Meter) und dem Österreicher Lukas Weißhaidinger (65,14 Meter).

Einen letzten Auftritt im Berliner Olympiastadion hat Robert Harting noch, am 2. September beim Istaf. Am Mittwoch verabschiedete er sich mit einem Dank an das Publikum übers Stadionmikrofon – und als noch ein kurzer Abschiedsfilm über die Leinwand lief, bekam auch der Hüne Harting feuchte Augen.

„Das ist jetzt schon eine Befreiung für mich. Es war ja ein Riesendruck zuletzt“, sagte er am Donnerstag. „Ich werde mich nicht mehr morgens fragen: Welche Form habe ich? Wie kriege ich all das noch gut hin?“ Allerdings verhehlte Harting nicht, dass er sich bei der EM mehr erhofft hatte als den sechsten Platz 81 Zentimeter fehlten ihm am Ende zur Bronzemedaille. „Ich bin schon ein bisschen enttäuscht, bei all dem, was wir in diese Saison noch investiert haben“, sagte er.

Dass Harting der deutschen Leichtathletik fehlen wird, steht außer Frage. „Robert ist einer der wenigen Leichtathleten in Deutschland, die ein Gesicht haben“, betonte Kugelstoßerin Christina Schwanitz, die am Mittwochabend überraschend den EM-Titel verpasste und Silber holte. „Fragen sie mal jemanden auf der Straße, ob sie einen deutschen Leichtathleten kennen. Da kommt dann Robert Harting und dann wird es schon schwierig.“

Innerhalb der Leichtathletik will Harting aber keinen Posten übernehmen. „Ich möchte gerne außersportliche Erfahrungen machen“, sagte er. Harting studiert Gesellschafts- und Wirtschaftskommunikation. So bleibt nur zu hoffen, dass er weiter Sprüche raushaut.

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