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Die offiziellen Spielbälle der UEFA Champions League.

© dpa/Jon Super/

Lass die doch scheitern!: Die Idee einer europäischen Superliga ist grotesk

Es ist ein Schlag ins Gesicht der kleineren Vereine und Fußballfans. Noch schlimmer wäre aber, vor der Arroganz der großen Klubs einzuknicken. Ein Kommentar.

Ein Kommentar von Kit Holden

Dass die Idee aus purer Geldgier entstanden ist, darüber lässt sich kaum streiten. Dass es ein Schlag ins Gesicht der kleineren Vereine und Fußballfans in ganz Europa ist, da sind sich fast alle einig. Kurz gefasst: Eine europäische Superliga aus zwölf bis 20 Megaklubs wäre ein grotesker Scheißhaufen. Doch jetzt liegt der Haufen auf dem Tisch, und nun stellt sich die Frage: Was tun?

Am Sonntag kündigten zwölf der größten und reichsten Vereine Europas an, eine geschlossene Superliga gründen zu wollen, die zwar neben den nationalen Ligen aber ganz ohne Qualifikation oder Auf- und Abstiege betrieben werden soll. Wie manche schon bemerkt haben, handelt es sich hier um nichts anderes als um ein Pokerspiel um hohe Einsätze.

Lange haben die Großklubs mit einer solchen Splitterung gedroht, um ihren Einfluss und ihr Einkommen an der Spitze der europäischen Pyramide noch weiter zu festigen. Nun, am Tag als die Uefa ihr neuestes Reformpaket für die Champions League verkünden wollte, ist es so weit. Das ist kein Zufall, und es kann nur eine Antwort darauf geben. Lasst sie doch machen!

Eine Superliga wäre schlimm. Sie würde die Grundprinzipien des offenen Wettbewerbs im europäischen Fußball endgültig zerstören und alle anderen Vereine zu reinen Ausbildungsfabriken degradieren. Noch schlimmer wäre es aber, wenn die Uefa aus Angst vor den großen Vereinen doch wieder einknicken würde: Wenn man, wie es diese Woche eigentlich geplant wurde, aus der Champions League eine Art Superliga light machen würde, in der die reichsten Klubs ohnehin einen garantierten Platz haben. 

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Wenn die Uefa und die nationalen Ligen und Verbänden aber stark bleiben, dann könnten sie dieses Pokerspiel noch gewinnen. Denn die Hand der Großklubs ist bei weitem nicht so stark, wie Andrea Agnelli, der Juventus-Turin-Macher, oder Florentino Perez, der Präsident von Real Madrid, sich vielleicht einbilden. Der Erfolg der Superliga ist nicht garantiert. 

Die Verbände dürfen nicht einknicken

Zum einen fehlt ihr die Legitimation durch Tradition. Andere Wettbewerbe wie die englische Premier League oder die Champions League selbst wurden zum Teil nur deswegen so erfolgreich, weil sie die Fortsetzung eines ohnehin populären Wettbewerbs waren. Diese Schwäche könnte die Superliga zwar vielleicht noch überwinden, aber nur, wenn das Produkt nicht anderweitig schwächelt. 

Das wäre etwa der Fall, wenn Klubs wie der FC Bayern oder Paris Saint-Germain tatsächlich nicht daran teilnehmen. Oder noch schlimmer: wenn Spieler wie Kylian Mbappé, Erling Haaland, Kevin De Bruyne, Neymar oder Cristiano Ronaldo nicht mitmachen. Wenn die Verbände eine Teilnahme an der Superliga konsequent mit einer Verbannung aus WM, EM und nationalen Ligen verknüpfen würden, dann würden die Spieler zweimal darüber nachdenken müssen. Das Produkt Super-League wäre beschädigt.  

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Eine Superliga mit den 20 größten Vereinen und den weltbesten Spielern wäre - genauso wie jetzt die Champions League - das wirtschaftlich erfolgreichste Turnier in der Fußballgeschichte. Eine Superliga mit nur zehn bis zwölf großen Klubs und der Hälfte der besten Spieler könnte aber kläglich scheitern. 

Deshalb soll es bei allem Aufruhr auch einen klaren Appell an die Ligen und Verbände geben: Lasst die Vereine das doch machen, und tut gleichzeitig alles dafür, dass das Projekt scheitert. Nur so ist das Pokerspiel zu gewinnen und der europäische Fußball noch zu retten.

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