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Feuerwerk bei der Schlussfeier der Paralympics.

© AFP

Kolumne: Meine Paralympics: Am Podest falsch verbunden

Unsere Kolumnistin Annette Kögel über das Erbe der Paralympischen Spiele in Südkorea und Verbesserungsbedarf am letzten Tag.

Es sind diese Gänsehautmomente. Die jungen Journalisten unserer Paralympics Zeitung haben sie während der Spiele in der Whatsapp-Gruppe geteilt: Da sitzen zwei unserer jungen Leute in einer voll besetzten Sporthalle, und der Bär tobt. Da klatscht der Präsident Moon Jae In Menschen zu, die sonst im Land absolute Außenseiter sind: Schwerbehinderte. Und die Präsidenten-Gattin jubelt im Korea-Shirt den Amputierten und Querschnittgelähmten unten auf den Schlitten beim Para Eishockey zu. Bronze für Korea! Und Gold für die Menschenrechte!

Längst sind die Mannschaften alle zurück in der Heimat. Doch auch diesmal, so sieht es aus, gibt es wieder eine „Legacy“ der Paralympischen Spiele. Zum Erbe gehört, dass Nichtregierungsorganisationen, die sich anlässlich der Spiele gegen die Isolierung von Menschen mit Behinderungen etwa an Sonderschulen einsetzten, gehört wurden. Das zuständige Sportministerium will jetzt in die Modernisierung von Sportanlagen investieren, um einige barrierefrei zu machen. Sogar eine Kampagne soll es geben, die Hunderttausende von behinderten Koreanerinnen und Koreaner zum Sporttreiben animiert. Und schon im Vorfeld der Spiele hatte das Internationale Paralympische Komitee (IPC) – wie immer – Schüler, Lehrer und Studenten durch Vorbereitungsseminare auf die Paralympics eingestimmt.

Vertrag geschlossen

Erfreulicherweise haben zu deren Finale hin das Koreanische Paralympische Komitee und die Agitos Stiftung des IPC zur weltweiten Förderung des paralympischen Sports einen Vertrag fürs Erbe der Spiele geschlossen – im Lande soll Para-Sport gefördert, unterstützt und ausgewertet werden. Es soll beispielsweise internationale Workshops für Offizielle, Trainer, Athleten und Klassifizierer im „KPC Icheon Training Centre“ geben. IPC-Präsident Andrew Parsons und der Präsident des Koreanischen Paralympischen Komitees, Myungho Lee, unterzeichneten den Vertrag, und Jongwhan Do, der koreanische Minister für Kultur, Sport und Tourismus, sowie Heebeon Lee, Präsident des Organisationskomitees von Olympia und Paralympics 2018, waren anwesend. Das ist „Namedropping“ mit Mehrwert, gegen Stigmatisierung.

So kann es weiter gehen, 2020 Sommerspiele in Tokio, wo Behinderung und Hightech-Medizin eine große Bühne bekommen werden. 2022 dann die Winterspiele in Peking. Asien, immer wieder Asien. Die Spiele dienen immerhin dort als Katalysator für Gleichberechtigung, wo die Megaevents Olympia und Paralympia gewollt werden. Andere Nationen in anderen Breitengraden sträuben sich wegen der hohen Investitionskosten, der Umweltkritik – mangelnde Nachhaltigkeit! – und politischer Bedenken.

Den Nutzen der Spiele kann niemand wirklich auf den Cent berechnen. Bedauernswert ist beispielsweise, dass die millionenteuren Anlagen in Rio de Janeiro längst schon wieder in der feuchten Hitze vor sich hin rotten. Doch jedes einzelne Menschenleben, das in Würde gelebt werden darf, ist jeden Cent wert, finde ich.

Noch ein bisschen trainieren

Eines könnten die Koreaner aber nach den Spielen noch ein wenig trainieren: Gelassenheit und Einfühlungsvermögen. Der Jubel im Stadion war ja schon mal Weltklasse. Aber dass die Volunteers mit Beamtenhabitus noch während der letzten Siegerehrungen die Plakate und Absperrungen um die Treppchen herum abräumten und unverzüglich nach dem letzten Wettkampf den Interview-Fragestellern die Mixed Zone förmlich unter den Füßen wegrissen, ist so gar nicht medaillenverdächtig. Leute, euer Motto hieß: Passion. Connected. Aber da war jemand falsch verbunden.

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